So aus der Entfernung und auf der Basis des Gelesenen scheint die ursprüngliche Idee Feldmanns, die als durchdachtes Kunstwerk zu verstehen ist, ein Eigenleben zu bekommen, das dann doch möglicherweise eher den Vorstellungen der dort Angestellten entspricht.
Aber vielleicht sehe ich das auch zu eng.
Kerstin
Kulturgeschichtliches: In England soll 1852 die öffentliche Toilette erfunden worden sein, d.h., wir würden 2008 den 156. Jahrestag begehen. Jedoch kannte man scheinbar bereits im alten Rom prachtvolle Klos: http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/Klo-Toilette-Latrinum;art304,2326892
Nach dem kurzen Blick ins Internet bezüglich dieses Kunstprojektes war ich sehr erstaunt, welche enorme Aufmerksamkeit der Idee bisher geschenkt wurde; und nicht nur in Münster selbst. Jack Sim, Vorsitzender der „World Toilet Organisation“ (WTO; http://de.wikipedia.org/wiki/Welttoilettenorganisation): „Der Gang zur Toilette ist ein Stück Kultur, wie Essen oder Anziehen.“ Münster hat das Ziel der WTO erreicht. Ein skurriles und umstrittenes Kunstwerk der internationalen Ausstellung „Skulptur-Projekte 2007“ ist hier Alltagskunst geworden. (http://www.mv-online.de/lokales/muenster/skulptur_07/Das_Kunst_Klo_Manche_kommen_weil_sie_muessen.html)
„Wie sieht es denn nun aus, das Kunst-Klo? Erstaunlich normal. Wie eine sehr propere WC-Anlage halt, keineswegs wie eine schrullige Skulptur. Waschbecken, Toiletten, Pissoirs und Armaturen sind von gediegener Ausführung, grüne Mosaiksteinchen schmücken die Trennwände, die Kabinentüren sind mit roten Klinken versehen. Man könnte sich das alles in einem gut situierten Privathaushalt vorstellen, oder in einem Hotel: funktional, schön, schlicht.“ (http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/muenster/skulptur_07/skulptur_07_projekte/Hans_Peter_Feldmann_Irgendwie_ganz_normal.html)
Nun, dieses Normale und Funktionale fällt einem auch sofort auf, wenn man Deine Bilder betrachtet. Man fragt sich zunächst: Wo ist hier die Kunst? Fast möchte man ein wenig enttäuscht sein, weil man eigentlich etwas Außergewöhnliches erwartet hatte. Das Anliegen Feldmanns jedoch war es, wie nachzulesen ist, das unangenehme Bild von öffentlichen Toiletten, das wir in uns tragen, mit dessen Gegenteil zu konfrontieren und den Toilettengang im öffentlichen Raum wieder zu einer zwanglosen Selbstverständlichkeit werden zu lassen, und das scheint ihm bestens gelungen zu sein.
Und da man bei diesen Dingen des Lebens bei aller Notwendigkeit, dies manchmal in öffentlichen Räumen "loswerden" zu müssen, doch immer auch ein wenig Privatsphäre sucht, wenigstens als Frau (dieses Nebeneinanderstehen wäre, glaube ich, unvorstellbar ;-)), ist dies im Kunstwerk mit wenigen Bildern bzw. mit dem Kronleuchter angedeutet. Mehr kann dort nicht erwartet werden, da es doch gleichzeitig noch hygienisch bleiben muss, aber es macht das Kalte, Unnahbare des rein Funktionalen, das man ansonsten schnell wieder verlassen möchte, etwas individueller. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat man wohl auch begonnen, das Kunstwerk „auf eigene Faust“ saisonbedingt zu ergänzen:
„Passend zur Weihnachtszeit haben die Stadt und das Trio vom Klo das sanitäre Kunstwerk erweitert. Zu den vom Künstler Hans-Peter Feldmann vorgesehenen bunten Glas-Lüstern und Blumenbildern ist jetzt Adventsschmuck gekommen. Auf allen Trennwänden im Männerbereich stehen kleine Christsterne. Goldene Polstersterne kleben allüberall. Tannige Girlanden hängen von Bildern und Spiegeln herab. Glockenbilder kleben überm Spiegelbild. Leicht irritierend sind allerdings die Schmetterlinge in der Frauenabteilung. Auf dem Waschtisch steht ein metallener Adventskranz, an dem selbstverständlich die zeitgerechte Anzahl an Kerzen brennt. Und während die Spülungen rauschen klingt im Hintergrund ein „O du fröhliche“ oder „Jingle bells“. Übrigens soll zu Silvester, zur Karnevalszeit oder zu Ostern die Deko wechseln . . .“ (http://www.mv-online.de/lokales/muenster/skulptur_07/Das_Kunst_Klo_Manche_kommen_weil_sie_muessen.html)
Sogar Kaffetrinken im Raum vor der Männer- und Frauentoilette soll neuerdings möglich sein.
Immerhin könnten die grün gefliesten Wände und das Blumenbild den Anschein erwecken, dass man sich im Freien aufhalten würde.
Es ist doch schon eine sehr praktische Einrichtung der Natur, dass wir Herren der Schöpfung unsere Geschäfte, wenigstens teilweise, stehend erledigen können.
Allein die Zeitersparnis !
Die Blume im Bild bringt doch eine andere Geruchsassoziation rüber, als man von solchen Räumen erwartet. Ich war noch nicht da und weiß nicht, ob es auch Realität ist.
Gruß Andreas
na das nenne ich doch mal eine Super Idee. Das Ziel der "Vielzahl von Besuchern ästhetische Negativerfahrungen zu ersparen" ist erreicht. Ich hoffe nur die Besucher schätzen den Wert dieser Idee auch.
Kerstin Stolzenburg 28/03/2008 21:44
So aus der Entfernung und auf der Basis des Gelesenen scheint die ursprüngliche Idee Feldmanns, die als durchdachtes Kunstwerk zu verstehen ist, ein Eigenleben zu bekommen, das dann doch möglicherweise eher den Vorstellungen der dort Angestellten entspricht.Aber vielleicht sehe ich das auch zu eng.
Kerstin
Kerstin Stolzenburg 28/03/2008 20:15
Kulturgeschichtliches: In England soll 1852 die öffentliche Toilette erfunden worden sein, d.h., wir würden 2008 den 156. Jahrestag begehen. Jedoch kannte man scheinbar bereits im alten Rom prachtvolle Klos: http://www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/Klo-Toilette-Latrinum;art304,2326892Nach dem kurzen Blick ins Internet bezüglich dieses Kunstprojektes war ich sehr erstaunt, welche enorme Aufmerksamkeit der Idee bisher geschenkt wurde; und nicht nur in Münster selbst. Jack Sim, Vorsitzender der „World Toilet Organisation“ (WTO; http://de.wikipedia.org/wiki/Welttoilettenorganisation): „Der Gang zur Toilette ist ein Stück Kultur, wie Essen oder Anziehen.“ Münster hat das Ziel der WTO erreicht. Ein skurriles und umstrittenes Kunstwerk der internationalen Ausstellung „Skulptur-Projekte 2007“ ist hier Alltagskunst geworden. (http://www.mv-online.de/lokales/muenster/skulptur_07/Das_Kunst_Klo_Manche_kommen_weil_sie_muessen.html)
„Wie sieht es denn nun aus, das Kunst-Klo? Erstaunlich normal. Wie eine sehr propere WC-Anlage halt, keineswegs wie eine schrullige Skulptur. Waschbecken, Toiletten, Pissoirs und Armaturen sind von gediegener Ausführung, grüne Mosaiksteinchen schmücken die Trennwände, die Kabinentüren sind mit roten Klinken versehen. Man könnte sich das alles in einem gut situierten Privathaushalt vorstellen, oder in einem Hotel: funktional, schön, schlicht.“ (http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/muenster/skulptur_07/skulptur_07_projekte/Hans_Peter_Feldmann_Irgendwie_ganz_normal.html)
Nun, dieses Normale und Funktionale fällt einem auch sofort auf, wenn man Deine Bilder betrachtet. Man fragt sich zunächst: Wo ist hier die Kunst? Fast möchte man ein wenig enttäuscht sein, weil man eigentlich etwas Außergewöhnliches erwartet hatte. Das Anliegen Feldmanns jedoch war es, wie nachzulesen ist, das unangenehme Bild von öffentlichen Toiletten, das wir in uns tragen, mit dessen Gegenteil zu konfrontieren und den Toilettengang im öffentlichen Raum wieder zu einer zwanglosen Selbstverständlichkeit werden zu lassen, und das scheint ihm bestens gelungen zu sein.
Und da man bei diesen Dingen des Lebens bei aller Notwendigkeit, dies manchmal in öffentlichen Räumen "loswerden" zu müssen, doch immer auch ein wenig Privatsphäre sucht, wenigstens als Frau (dieses Nebeneinanderstehen wäre, glaube ich, unvorstellbar ;-)), ist dies im Kunstwerk mit wenigen Bildern bzw. mit dem Kronleuchter angedeutet. Mehr kann dort nicht erwartet werden, da es doch gleichzeitig noch hygienisch bleiben muss, aber es macht das Kalte, Unnahbare des rein Funktionalen, das man ansonsten schnell wieder verlassen möchte, etwas individueller. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat man wohl auch begonnen, das Kunstwerk „auf eigene Faust“ saisonbedingt zu ergänzen:
„Passend zur Weihnachtszeit haben die Stadt und das Trio vom Klo das sanitäre Kunstwerk erweitert. Zu den vom Künstler Hans-Peter Feldmann vorgesehenen bunten Glas-Lüstern und Blumenbildern ist jetzt Adventsschmuck gekommen. Auf allen Trennwänden im Männerbereich stehen kleine Christsterne. Goldene Polstersterne kleben allüberall. Tannige Girlanden hängen von Bildern und Spiegeln herab. Glockenbilder kleben überm Spiegelbild. Leicht irritierend sind allerdings die Schmetterlinge in der Frauenabteilung. Auf dem Waschtisch steht ein metallener Adventskranz, an dem selbstverständlich die zeitgerechte Anzahl an Kerzen brennt. Und während die Spülungen rauschen klingt im Hintergrund ein „O du fröhliche“ oder „Jingle bells“. Übrigens soll zu Silvester, zur Karnevalszeit oder zu Ostern die Deko wechseln . . .“ (http://www.mv-online.de/lokales/muenster/skulptur_07/Das_Kunst_Klo_Manche_kommen_weil_sie_muessen.html)
Sogar Kaffetrinken im Raum vor der Männer- und Frauentoilette soll neuerdings möglich sein.
Kerstin
Carsten Mundt 28/03/2008 17:05
Immerhin könnten die grün gefliesten Wände und das Blumenbild den Anschein erwecken, dass man sich im Freien aufhalten würde.Es ist doch schon eine sehr praktische Einrichtung der Natur, dass wir Herren der Schöpfung unsere Geschäfte, wenigstens teilweise, stehend erledigen können.
Allein die Zeitersparnis !
lg Carsten
Andreas Denhoff 28/03/2008 14:48
Die Blume im Bild bringt doch eine andere Geruchsassoziation rüber, als man von solchen Räumen erwartet. Ich war noch nicht da und weiß nicht, ob es auch Realität ist.Gruß Andreas
Adrian K 28/03/2008 11:35
Inzwischen finde ich schade, dass ich die Skulpturprojekte versäumt habe. Außer der Blume würde ich gerne auch die anderen Bilder sehen...Gruß Adrian
Thomas vom See 28/03/2008 11:19
Hallo,na das nenne ich doch mal eine Super Idee. Das Ziel der "Vielzahl von Besuchern ästhetische Negativerfahrungen zu ersparen" ist erreicht. Ich hoffe nur die Besucher schätzen den Wert dieser Idee auch.
Gruß Thomas