Wenn Du schon bei der Linie 5 bist. Bist Du denn schon mit dem " Reisenden Philosophen" gefahren ;-)).
Als ich mein Sigma-Objektiv gekauft habe (unten voll ausgefahren und Offenblende), war ich auf der Lauer den Bus zur erwischen. Leider ist mir nur ´ne komische Gitarre vor die Linse gekommen ;-))).
Lieber Eckhard, da Du die Effi und das weite Feld in der Antwort an Doris erwähnst, könnte man natürlich meinen, ich hätte die Idee dort ;-))). Das weite Feld lag allerdings wirklich nahe.
Als kleine Ergänzung dafür aber etwas, worauf mich nun wieder Carsten in seiner Besprechung brachte, der die Blumenbeete in ihrer Form und Anordnung gedanklich auch mit Gräbern in Verbindung brachte.
Man könnte die Einstellzeit - wenn man jeweils 1 und 7 zusammenzählt - ja auch mit einem Psalm in Verbindung bringen, der sehr viel mit Hoffnung zu tun hat und vor dem Hintergrund der beginnenden Woche der Brüderlichkeit zwischen Christen und Juden wohl auch etwas Aktualität besitzt (wobei das natürlich nicht ausschließlich darauf zu beziehen ist);
Psalm 88:
Gebet in großer Verlassenheit und Todesnähe
Ein Psalmlied der Kinder Korah, vorzusingen, von der Schwachheit der Elenden. Eine Unterweisung Hemans, des Esrahiten.
HERR, Gott, mein Heiland, ich schreie Tag und Nacht vor dir.
Laß mein Gebet vor dich kommen; neige deine Ohren zu meinem Geschrei.
Denn meine Seele ist voll Jammers, und mein Leben ist nahe dem Tode.
Ich bin geachtet gleich denen, die in die Grube fahren; ich bin ein Mann, der keine Hilfe hat.
Ich liege unter den Toten verlassen wie die Erschlagenen, die im Grabe liegen, deren du nicht mehr gedenkst und die von deiner Hand abgesondert sind.
Du hast mich in die Grube hinuntergelegt, in die Finsternis und in die Tiefe. Dein Grimm drückt mich; du drängst mich mit allen deinen Fluten. Deine Fluten rauschen daher, daß hier eine Tiefe und da eine Tiefe brausen; alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich.
Meine Freunde hast du ferne von mir getan; du hast mich ihnen zum Greuel gemacht. Ich liege gefangen und kann nicht herauskommen.
Du machst, daß meine Freunde und Nächsten und meine Verwandten sich ferne von mir halten um solches Elends willen. Es geht mir so übel, daß ich bin eine große Schmach geworden meinen Nachbarn und eine Scheu meinen Verwandten; die mich sehen auf der Gasse, fliehen vor mir. Meine Lieben und Freunde treten zurück und scheuen meine Plage, und meine Nächsten stehen ferne.
Meine Gestalt ist jämmerlich vor Elend. HERR, ich rufe dich an täglich; ich breite meine Hände aus zu dir. Wirst du denn unter den Toten Wunder tun, oder werden die Verstorbenen aufstehen und dir danken?
Denn im Tode gedenkt man dein nicht; wer will dir bei den Toten danken?
Wird man in Gräbern erzählen deine Güte, und deine Treue im Verderben?
Mögen denn deine Wunder in der Finsternis erkannt werden oder deine Gerechtigkeit in dem Lande, da man nichts gedenkt?
Aber ich schreie zu dir, HERR, und mein Gebet kommt frühe vor dich.
Warum verstößest du, HERR, meine Seele und verbirgst dein Antlitz vor mir?
Ich bin elend und ohnmächtig, daß ich so verstoßen bin; ich leide deine Schrecken, daß ich fast verzage. Dein Grimm geht über mich; dein Schrecken drückt mich.
Sie umgeben mich täglich wie Wasser und umringen mich miteinander.
Du machst, daß meine Freunde und Nächsten und meine Verwandten sich ferne von mir halten um solches Elends willen. http://www.bibel-online.net/buch/19.psalmen/88.html http://www.gottesgnade.de/psalm_88.htm
Kerstin
der Bauer ist auf der Höhe der Zeit, er denkt und wirbt prophylaktisch :-) Oder er hat keine Lust , immer wieder seine hübschen Werbetafeln ein- und wieder auszubauen . Winters fallen sie den Sommerblumen-Hungrigen ohnehin wesentlich intensiver ins Auge . Ein kluger Kopf baut eben vor :-)
Hoffnungslos ist die Werbung ja nicht, wenn sie schon einen potenziellen Kunden hergelockt hat...
Nun irgendwie müssen die landwirtschaftlichen Produkte unter das Volk gebracht werden und selbsgemachte Schilder, etwa " Frsiche Eier vom Bauern Ewald" oder "Bauernhof Lazar , schäumende Milch, frische Eier, duftendes Obst, knackiges Gemüse" sind nun wirklich nicht das gelbe vom Ei ;-).
Gruß Adrian
Lieber Eckhard, um den Gegensatz von derzeit Verfügbarem und zu anderen Zeiten vielleicht Möglichem aufzuzeigen, wäre wahrscheinlich gar nicht unbedingt eine Weitwinkelaufnahme bei 18 mm nötig gewesen. Aufgrund der bewusst gewählten Kameraeinstellung wird im angrenzenden Bereich jedoch auch Anderes sichtbar; ein weites Feld, das verschiedene Interpretationsebenen mehr oder weniger miteinander verbindet. Gegensätze, die einer Entwicklung unterliegen und in dieser Bewegung mit Hoffnung verknüpft werden können, scheinen hier aus meiner Sicht im Mittelpunkt zu stehen.
Der Sonnenlichtfilter bewirkt, dass das Grün des Grases mit seiner entsprechenden Symbolik und die Farben der Werbetafel intensiv, frisch und leuchtend erscheinen; fast wie im Frühling, den die Menschen am Ende des Winters gewiss zu jeder Zeit sehnlichst herbeigewünscht haben.
Uns hât der winter geschat über al
Uns hat der Winter mehr als alles geschadet:
Fahl sind sowohl Heide als auch Wald,
wo viele süße Stimmen gehallt haben.
Wenn ich die Mädchen auf der Straße den Ball werfen
sähe, dann käme uns auch der Gesang der Vögel zurück.
Könnte ich des Winters Zeit verschlafen!
Bin ich wach, erlebe ich seine Missgunst,
wie weit und breit seine Gewalt ist.
Weiß Gott, der Mai wird ihn besiegen:
Dann werde ich Blumen pflücken, wo jetzt der Reif liegt.
(Walther von der Vogelweide; aus dem Mittelhochdeutschen von Wersch)
Was die schnee- bzw. reifbedeckten Beete im Bild betrifft, so ist zu wünschen, dass unter der Erde bereits im Herbst gepflanzte Blumenzwiebeln auf geeignete Austriebstemperaturen warten bzw. dass Sonnen- und andere Blumensamen bald gesät werden können, so dass die abgebildete Blütenpracht sich rasch einstellen möge und man sie zum Erfreuen in die heimische Vase stellen kann.
Nun wird natürlich jedem klar sein, der sich bereits einmal im Pflücken von Sonnenblumen, Lilien oder Gladiolen versucht hat, dass dies so einfach nicht ist und sich ohne ein scharfes Messer zumeist gar nicht bewerkstelligen lässt. „Blumen pflücken“ müsste man also eher als „Blumen schneiden“ bezeichnen. Allerdings erinnert der Begriff sogleich an die üppigen Blüten- und Kräutersträuße, die manch einer in der Kindheit sorglos auf Wiesen und am Wegrand gepflückt hat und ist somit entsprechend positiv belegt, so dass er hier auch bewusst gewählt sein dürfte und seitens der Landwirte berechtigte Hoffnung besteht, dass sich das Kaufverhalten in adäquater Weise anpasst.
Blumen - wie etwa im Bild „Vier Schwestern“
und der Ausdruck des Blumenpflückens werden seit langem vor allem in der Literatur auch in Form von Metaphern genutzt. Beispielsweise ist „das Gepflücktwerden von Blumen ein alter Topos für die erste sexuelle Erfahrung von Mädchen“ http://www.jstor.org/pss/848862 , hat aber auch in die Traumdeutung Einzug gehalten. Siegmund Freud kommentiert eine Passage in Kafkas „Landarzt“ wie folgt: „Es sei darauf hingewiesen, dass die sexuelle Blumensymbolik, die ja auch sonst sehr verbreitet ist, die menschlichen Sexualorgane durch die Blüten, die Sexualorgane der Pflanzen symbolisiert; das Blumenschenken unter Liebenden hat vielleicht überhaupt diese unbewusste Bedeutung.“ http://www.kafka.org/index.php?id=202,241,0,0,1,0
Aber auch sonst gilt das Blumenpflücken als Symbol von Entwicklung, Entfaltung und Erfüllung. Und der Ausdruck Selberpflücken kann in diesem Zusammenhang vielleicht eine verstärkende Wirkung haben.
Auch wenn das Bild nun nicht in die Sektion für symbolische Fotografie gestellt wurde, sondern in den Bereich Hoffnung, kann bzw. soll es gewiss auch sinnbildlich betrachtet werden. Die Hoffnung auf den nahen Frühling, auf das Wiedererwachen und den Neubeginn wurde von Carsten bereits sehr schön herausgearbeitet. Das gilt ja nicht allein mit Blick auf die Natur, sondern vor allem auch für den Menschen selbst, der sich im Angesicht der noch leeren, trist und leblos anmutenden Felder ausmalt und vorstellen kann, wie es dort - wiederum im übertragenen Sinn - in einem überschaubaren Zeitrahmen auch in seinem eigenen Leben bzw. in einer Gemeinschaft/Gesellschaft aussehen könnte bzw. sollte, wobei sicherlich immer auch Gedanken in Bezug auf das
vertreten sein dürften.
Allerdings wird der individuelle Lebenslauf oder auch die Geschichte einen lehren, dass Vorstellungen, Wünsche und Träume sich nicht immer problemlos umsetzen lassen und dass es u.a. auch Normen der Moral, historische Gegebenheiten und gesellschaftliche Konventionen gab und gibt, in die man stets eingebunden war bzw. ist. Trotz mancher Hoffnung auf eine positive Entwicklung lassen sichmanchmal schwer, erst nach einiger Zeit oder aufgrund einschneidender Veränderungen angleichen bzw. aus der Welt räumen.
Nun muss ich ja sagen, dass dieser Bildausschnitt (ohne das Werbeplakat natürlich, so etwas gab es zu der Zeit dort nicht ;-)) mich an eine Gegend im Land Brandenburg erinnert, in der ich einige Jahre gelebt habe und die bei Fontane in poetischer Form im Buch „Das Oderland“ (Wanderungen durch die Mark Brandenburg) beschrieben wird. Es ist ein weites Land, dünn besiedelt, etwas einsam vielleicht, aber landschaftlich ausgesprochen reizvoll.
Die symbolisch zu betrachtenden Gegensätze im Bild, das quergespannte Absperrband und die Frau auf dem bunten Werbeplakat inmitten der Blüten lassen mich an einen anderen Roman Fontanes denken, der irgendwo in einer solchen Gegend gespielt haben könnte; an „Effi Briest“. „Selberpflücken“ in einer Form des von Carsten angesprochenen „Selberentscheidens“ bzw. das Leben in die eigenen Hände nehmen, war für sie - sinnbildlich gesehen - noch nahezu unmöglich. Hoffnungen wurden begraben, nicht zuletzt sie selbst, die „an gebrochenem Herzen“ starb. Die Problematik dieser Zeit zeigt sich auch in einer Äußerung Herrn von Briests gegenüber seiner Frau: „Ach, Luise, laß … das ist ein zu weites Feld“ (W.I. Kipedia). Ganz umsonst waren die Hoffnungen jedoch in Bezug auf die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen nicht, wenn man dies aus heutiger Sicht betrachtet.
Fontane als Grundlage nehmend, kann man die Sache auch vor anderem zeitgeschichtlichen Hintergrund sehen und einen Blick auf den sehr lesenswerten Roman „Ein weites Feld“ von Günter Grass werfen. Gegensätze, Wiedervereinigung … Hoffnungen - viele Dinge sind noch offen, auch in der historischen Aufarbeitung und im gegenseitigen Verständnis. Aber man hat ja dievor Augen, in diesem speziellen und in anderen Zusammenhängen.
Einstellzeit: Was eine mögliche Symbolik betrifft, bin ich diesmal nicht sicher. In der 17, die vor und nach dem Doppelpunkt vorkommt, sehe ich wenig sinnvolle Ansätze für eine Interpretation im Zusammenhang mit dem Bild. Eine Berechnung "11 : 11", wie im Bild "Apokalypse" möglich, wirst Du als Idee wahrscheinlich nicht zweimal hintereinander vorgesehen haben. Auffällig ist jedoch die Doppelung der 17. Man könnte hier jeweils die Quersumme bilden und würde zweimal 8 erhalten, in der christlichen Symbolik die Zahl für Neuanfang/Neubeginn auf der einen Seite und für Unendlichkeit auf der anderen Seite. Hier könnte ich mir eine Verbindung mit dem Bild sehr gut vorstellen.
Adrian K 02/03/2009 23:00
Wenn Du schon bei der Linie 5 bist. Bist Du denn schon mit dem " Reisenden Philosophen" gefahren ;-)).Als ich mein Sigma-Objektiv gekauft habe (unten voll ausgefahren und Offenblende), war ich auf der Lauer den Bus zur erwischen. Leider ist mir nur ´ne komische Gitarre vor die Linse gekommen ;-))).
Ich stelle sofort ein neues Bild ein.
Gruß Adrian
Adrian K 02/03/2009 19:54
Da Du vom Teufel und Prada sprichst...Die anderen Gärten kenne ich auch.
Im Herbst gibt es vor den Blumenfeld auch die Kürbisernte, wo das unter stehende Bild aufgenomen wurde. Vom Rüschhausweg immer gut zu bewundern.
Gruß Adrian
Kerstin Stolzenburg 02/03/2009 0:14
Lieber Eckhard, da Du die Effi und das weite Feld in der Antwort an Doris erwähnst, könnte man natürlich meinen, ich hätte die Idee dort ;-))). Das weite Feld lag allerdings wirklich nahe.Als kleine Ergänzung dafür aber etwas, worauf mich nun wieder Carsten in seiner Besprechung brachte, der die Blumenbeete in ihrer Form und Anordnung gedanklich auch mit Gräbern in Verbindung brachte.
Man könnte die Einstellzeit - wenn man jeweils 1 und 7 zusammenzählt - ja auch mit einem Psalm in Verbindung bringen, der sehr viel mit Hoffnung zu tun hat und vor dem Hintergrund der beginnenden Woche der Brüderlichkeit zwischen Christen und Juden wohl auch etwas Aktualität besitzt (wobei das natürlich nicht ausschließlich darauf zu beziehen ist);
Psalm 88:
Gebet in großer Verlassenheit und Todesnähe
Ein Psalmlied der Kinder Korah, vorzusingen, von der Schwachheit der Elenden. Eine Unterweisung Hemans, des Esrahiten.
HERR, Gott, mein Heiland, ich schreie Tag und Nacht vor dir.
Laß mein Gebet vor dich kommen; neige deine Ohren zu meinem Geschrei.
Denn meine Seele ist voll Jammers, und mein Leben ist nahe dem Tode.
Ich bin geachtet gleich denen, die in die Grube fahren; ich bin ein Mann, der keine Hilfe hat.
Ich liege unter den Toten verlassen wie die Erschlagenen, die im Grabe liegen, deren du nicht mehr gedenkst und die von deiner Hand abgesondert sind.
Du hast mich in die Grube hinuntergelegt, in die Finsternis und in die Tiefe. Dein Grimm drückt mich; du drängst mich mit allen deinen Fluten. Deine Fluten rauschen daher, daß hier eine Tiefe und da eine Tiefe brausen; alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich.
Meine Freunde hast du ferne von mir getan; du hast mich ihnen zum Greuel gemacht. Ich liege gefangen und kann nicht herauskommen.
Du machst, daß meine Freunde und Nächsten und meine Verwandten sich ferne von mir halten um solches Elends willen. Es geht mir so übel, daß ich bin eine große Schmach geworden meinen Nachbarn und eine Scheu meinen Verwandten; die mich sehen auf der Gasse, fliehen vor mir. Meine Lieben und Freunde treten zurück und scheuen meine Plage, und meine Nächsten stehen ferne.
Meine Gestalt ist jämmerlich vor Elend. HERR, ich rufe dich an täglich; ich breite meine Hände aus zu dir. Wirst du denn unter den Toten Wunder tun, oder werden die Verstorbenen aufstehen und dir danken?
Denn im Tode gedenkt man dein nicht; wer will dir bei den Toten danken?
Wird man in Gräbern erzählen deine Güte, und deine Treue im Verderben?
Mögen denn deine Wunder in der Finsternis erkannt werden oder deine Gerechtigkeit in dem Lande, da man nichts gedenkt?
Aber ich schreie zu dir, HERR, und mein Gebet kommt frühe vor dich.
Warum verstößest du, HERR, meine Seele und verbirgst dein Antlitz vor mir?
Ich bin elend und ohnmächtig, daß ich so verstoßen bin; ich leide deine Schrecken, daß ich fast verzage. Dein Grimm geht über mich; dein Schrecken drückt mich.
Sie umgeben mich täglich wie Wasser und umringen mich miteinander.
Du machst, daß meine Freunde und Nächsten und meine Verwandten sich ferne von mir halten um solches Elends willen.
http://www.bibel-online.net/buch/19.psalmen/88.html
http://www.gottesgnade.de/psalm_88.htm
Kerstin
† Trude S. 01/03/2009 22:42
der Bauer ist auf der Höhe der Zeit, er denkt und wirbt prophylaktisch :-) Oder er hat keine Lust , immer wieder seine hübschen Werbetafeln ein- und wieder auszubauen . Winters fallen sie den Sommerblumen-Hungrigen ohnehin wesentlich intensiver ins Auge . Ein kluger Kopf baut eben vor :-)Adrian K 01/03/2009 18:38
Hoffnungslos ist die Werbung ja nicht, wenn sie schon einen potenziellen Kunden hergelockt hat...Nun irgendwie müssen die landwirtschaftlichen Produkte unter das Volk gebracht werden und selbsgemachte Schilder, etwa " Frsiche Eier vom Bauern Ewald" oder "Bauernhof Lazar , schäumende Milch, frische Eier, duftendes Obst, knackiges Gemüse" sind nun wirklich nicht das gelbe vom Ei ;-).
Gruß Adrian
Kerstin Stolzenburg 01/03/2009 11:10
Lieber Eckhard, um den Gegensatz von derzeit Verfügbarem und zu anderen Zeiten vielleicht Möglichem aufzuzeigen, wäre wahrscheinlich gar nicht unbedingt eine Weitwinkelaufnahme bei 18 mm nötig gewesen. Aufgrund der bewusst gewählten Kameraeinstellung wird im angrenzenden Bereich jedoch auch Anderes sichtbar; ein weites Feld, das verschiedene Interpretationsebenen mehr oder weniger miteinander verbindet. Gegensätze, die einer Entwicklung unterliegen und in dieser Bewegung mit Hoffnung verknüpft werden können, scheinen hier aus meiner Sicht im Mittelpunkt zu stehen.Der Sonnenlichtfilter bewirkt, dass das Grün des Grases mit seiner entsprechenden Symbolik und die Farben der Werbetafel intensiv, frisch und leuchtend erscheinen; fast wie im Frühling, den die Menschen am Ende des Winters gewiss zu jeder Zeit sehnlichst herbeigewünscht haben.
Uns hât der winter geschat über al
Uns hat der Winter mehr als alles geschadet:
Fahl sind sowohl Heide als auch Wald,
wo viele süße Stimmen gehallt haben.
Wenn ich die Mädchen auf der Straße den Ball werfen
sähe, dann käme uns auch der Gesang der Vögel zurück.
Könnte ich des Winters Zeit verschlafen!
Bin ich wach, erlebe ich seine Missgunst,
wie weit und breit seine Gewalt ist.
Weiß Gott, der Mai wird ihn besiegen:
Dann werde ich Blumen pflücken, wo jetzt der Reif liegt.
(Walther von der Vogelweide; aus dem Mittelhochdeutschen von Wersch)
Was die schnee- bzw. reifbedeckten Beete im Bild betrifft, so ist zu wünschen, dass unter der Erde bereits im Herbst gepflanzte Blumenzwiebeln auf geeignete Austriebstemperaturen warten bzw. dass Sonnen- und andere Blumensamen bald gesät werden können, so dass die abgebildete Blütenpracht sich rasch einstellen möge und man sie zum Erfreuen in die heimische Vase stellen kann.
Nun wird natürlich jedem klar sein, der sich bereits einmal im Pflücken von Sonnenblumen, Lilien oder Gladiolen versucht hat, dass dies so einfach nicht ist und sich ohne ein scharfes Messer zumeist gar nicht bewerkstelligen lässt. „Blumen pflücken“ müsste man also eher als „Blumen schneiden“ bezeichnen. Allerdings erinnert der Begriff sogleich an die üppigen Blüten- und Kräutersträuße, die manch einer in der Kindheit sorglos auf Wiesen und am Wegrand gepflückt hat und ist somit entsprechend positiv belegt, so dass er hier auch bewusst gewählt sein dürfte und seitens der Landwirte berechtigte Hoffnung besteht, dass sich das Kaufverhalten in adäquater Weise anpasst.
Blumen - wie etwa im Bild „Vier Schwestern“ und der Ausdruck des Blumenpflückens werden seit langem vor allem in der Literatur auch in Form von Metaphern genutzt. Beispielsweise ist „das Gepflücktwerden von Blumen ein alter Topos für die erste sexuelle Erfahrung von Mädchen“ http://www.jstor.org/pss/848862 , hat aber auch in die Traumdeutung Einzug gehalten. Siegmund Freud kommentiert eine Passage in Kafkas „Landarzt“ wie folgt: „Es sei darauf hingewiesen, dass die sexuelle Blumensymbolik, die ja auch sonst sehr verbreitet ist, die menschlichen Sexualorgane durch die Blüten, die Sexualorgane der Pflanzen symbolisiert; das Blumenschenken unter Liebenden hat vielleicht überhaupt diese unbewusste Bedeutung.“ http://www.kafka.org/index.php?id=202,241,0,0,1,0
Aber auch sonst gilt das Blumenpflücken als Symbol von Entwicklung, Entfaltung und Erfüllung. Und der Ausdruck Selberpflücken kann in diesem Zusammenhang vielleicht eine verstärkende Wirkung haben.
Auch wenn das Bild nun nicht in die Sektion für symbolische Fotografie gestellt wurde, sondern in den Bereich Hoffnung, kann bzw. soll es gewiss auch sinnbildlich betrachtet werden. Die Hoffnung auf den nahen Frühling, auf das Wiedererwachen und den Neubeginn wurde von Carsten bereits sehr schön herausgearbeitet. Das gilt ja nicht allein mit Blick auf die Natur, sondern vor allem auch für den Menschen selbst, der sich im Angesicht der noch leeren, trist und leblos anmutenden Felder ausmalt und vorstellen kann, wie es dort - wiederum im übertragenen Sinn - in einem überschaubaren Zeitrahmen auch in seinem eigenen Leben bzw. in einer Gemeinschaft/Gesellschaft aussehen könnte bzw. sollte, wobei sicherlich immer auch Gedanken in Bezug auf das vertreten sein dürften.
Allerdings wird der individuelle Lebenslauf oder auch die Geschichte einen lehren, dass Vorstellungen, Wünsche und Träume sich nicht immer problemlos umsetzen lassen und dass es u.a. auch Normen der Moral, historische Gegebenheiten und gesellschaftliche Konventionen gab und gibt, in die man stets eingebunden war bzw. ist. Trotz mancher Hoffnung auf eine positive Entwicklung lassen sichmanchmal schwer, erst nach einiger Zeit oder aufgrund einschneidender Veränderungen angleichen bzw. aus der Welt räumen.
Nun muss ich ja sagen, dass dieser Bildausschnitt (ohne das Werbeplakat natürlich, so etwas gab es zu der Zeit dort nicht ;-)) mich an eine Gegend im Land Brandenburg erinnert, in der ich einige Jahre gelebt habe und die bei Fontane in poetischer Form im Buch „Das Oderland“ (Wanderungen durch die Mark Brandenburg) beschrieben wird. Es ist ein weites Land, dünn besiedelt, etwas einsam vielleicht, aber landschaftlich ausgesprochen reizvoll.
Die symbolisch zu betrachtenden Gegensätze im Bild, das quergespannte Absperrband und die Frau auf dem bunten Werbeplakat inmitten der Blüten lassen mich an einen anderen Roman Fontanes denken, der irgendwo in einer solchen Gegend gespielt haben könnte; an „Effi Briest“. „Selberpflücken“ in einer Form des von Carsten angesprochenen „Selberentscheidens“ bzw. das Leben in die eigenen Hände nehmen, war für sie - sinnbildlich gesehen - noch nahezu unmöglich. Hoffnungen wurden begraben, nicht zuletzt sie selbst, die „an gebrochenem Herzen“ starb. Die Problematik dieser Zeit zeigt sich auch in einer Äußerung Herrn von Briests gegenüber seiner Frau: „Ach, Luise, laß … das ist ein zu weites Feld“ (W.I. Kipedia). Ganz umsonst waren die Hoffnungen jedoch in Bezug auf die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen nicht, wenn man dies aus heutiger Sicht betrachtet.
Fontane als Grundlage nehmend, kann man die Sache auch vor anderem zeitgeschichtlichen Hintergrund sehen und einen Blick auf den sehr lesenswerten Roman „Ein weites Feld“ von Günter Grass werfen. Gegensätze, Wiedervereinigung … Hoffnungen - viele Dinge sind noch offen, auch in der historischen Aufarbeitung und im gegenseitigen Verständnis. Aber man hat ja dievor Augen, in diesem speziellen und in anderen Zusammenhängen.
Einstellzeit: Was eine mögliche Symbolik betrifft, bin ich diesmal nicht sicher. In der 17, die vor und nach dem Doppelpunkt vorkommt, sehe ich wenig sinnvolle Ansätze für eine Interpretation im Zusammenhang mit dem Bild. Eine Berechnung "11 : 11", wie im Bild "Apokalypse" möglich, wirst Du als Idee wahrscheinlich nicht zweimal hintereinander vorgesehen haben. Auffällig ist jedoch die Doppelung der 17. Man könnte hier jeweils die Quersumme bilden und würde zweimal 8 erhalten, in der christlichen Symbolik die Zahl für Neuanfang/Neubeginn auf der einen Seite und für Unendlichkeit auf der anderen Seite. Hier könnte ich mir eine Verbindung mit dem Bild sehr gut vorstellen.
Kerstin