Nun, Zauberschloss vom Klingsor ist es nicht, auch wenn ein paar bedrohlich wirkende Ecken zu sehen sind ;-). Es ist ein Buchstabenschloss ! Nach Einsetzen der richtigen Buchstaben in die entsprechende Kammern, kommt die Lösung. Allerdings ist für jeden die Kombination anders und zwar in Bezug auf sich selbst als auch auf Andere und umgekehrt :?)
Gruß, Adrian
"Was ist eigentlich 'Bimbam' für eine Wortbildung, Willy?"
"Wir nennen Sie 'Reduplikation', liebe Es-Er. Sie wird zwar unter dem Stichwort 'nichtkonkatenative Wortbildung' behandelt, weil sie keine Formationsmorpheme aufweist wie etwa 'Verklugung' das -ung, aber konkatenativ, also kettenartig, ist sie doch. Wie auch verwandte Bildungen vom Schlage 'Blabla' oder gar 'Zilpzalp', die wir wegen der Vokalvariation im Grundmorphem 'Ablautbildungen' nennen. Übrigens ist 'Blabla' sehr alt; ein Beleg für das Wort findet sich als 'pla pla' bereits in einer mittelalterlichen Kirche auf der Reichenau."
"Die Sache ist ja auch alt und stets aktuell ... wieso 'Verklugung'? Das Wort gibt es doch gar nicht?"
"Aber Kollege Lomnitzer würde sich über das Wort freuen, wenn er neue Wörter sammelt, und gewiss auch über die Sache. Es ist eine Bildung, die aufgrund der systematischen Möglichkeiten gebildet wurde, aber in der sogenannten Norm, dem Gesamt dessen, was aufgrund der Möglichkeiten des Systems faktisch gebraucht wird, noch nicht existiert. Dort ist nur das Antonym existent, das Wort und die Sache. Schade eigentlich."
"So wird die Sprache wie ein Gebäude aufgebaut, könnte ich als Nichtlinguistin sagen. Und in der Tat hat ja ein bekannter Münsteraner Literaturwissenschaftler ein Buch mit dem Titel 'Die in dem alten Haus der Sprache wohnen' oder so ähnlich als Festschrift bekommen."
"Helmut Arntzen ... das Bild stammt natürlich nicht von ihm, sondern von Karl Kraus: "Ich bin nur einer von den Epigonen, die in dem alten Haus der Sprache wohnen." Ruth Huber hat es im Titel ihres Buches auch aufgenommen, aber dabei das 'alte' geflissentlich vergessen. Aber wir sprachen ja bereits über nichtnormative Wortbildungen."
"Das Bild von der Sprache als 'altes Haus' oder, um beim Bild zu bleiben, als 'altes Schloß', hat natürlich viel für sich. Lomnitzer beschreibt ja sehr schön, wie neue Wörter es durchaus nicht immer schaffen, in die Sprache hineinzukommen, oder jedenfalls nur zeitweise ... in das alte Schloss der Sprache. Zuweilen ist das Beharrungsvermögen des Seienden so groß, dass das Neue einfach davon abprallt. Dem heißen Bemühen, sich zu diesem Schloss Zugang zu verschaffen, muss jedenfalls kein Erfolg beschieden sein. Aber man weiß es nicht, wenn ein neues Wort aufkommt. Wie im Schloss Kafkas sind an der Sprache außerordentlich viele Leute beteiligt, die ihre eigenen Interessen verfolgen. Zugleich verweist das Bild des Schlosses darauf, dass es ein kunstvoller Bau ist, der trotz seiner scheinbaren Solidität steter Pflege bedarf, um nicht ..."
"Deine Vorlesung kannst Du ja nächste Woche halten, lieber Willy; Du zeigst ersichtlich Entzugserscheinungen; es wird Zeit ... Kafka ... des deutschen Gymnasiums Mittelstufe Stolz, jedenfalls im alten Westen zu deiner Zeit vermutlich, nicht wahr? Übrigens Erfurt, Druckmuseum ... das ist doch eigentlich dein Revier; warum zeigst Du davon nicht auch einmal etwas?"
"Du hast recht; werde mich in der nächsten Woche einmal darum kümmern. Man sollte an seinem Arbeitsort nicht nur arbeiten ... und das Erfurter Elektromuseum nehme ich gleich mit; es soll sehr gut gestaltet sein - jedenfalls von innen."
"Entscheidend ist immer die gute Gestaltung von innen, auch beim Menschen ... ein schönes Äußeres kann aber gewiss auch nicht schaden. Findest Du mich übrigens schön? ... Um auf Kafka zurückzukommen: Es ist schon verblüffend, wie sehr das "Schloss" aus Druckstegen, das K. da zeigt, der Beschreibung des Schlosses im ersten Kapitel von Kafkas "Schloß" gleicht."
"K. wird diese Beschreibung im Auge gehabt haben, wie man vielleicht überhaupt gute Bilder machen kann, wenn man bereits verwandte Bilder im Auge hat. Gute Bilder setzen Bildung voraus."
"Du kannst das Bild ja einmal für's Voting freigeben, lieber Willy, dann bekommst Du endlich einmal objektive Meinungen über deine Sachen ... freilich können wir nichts dafür, dass die Malerschule von Barbizon und die durch sie angeregten Kunstrichtungen in Deutschland und anderswo dauernd Kühe gemalt haben."
"Zu 70% nach meinem Eindruck. Dass wir auf Kafka zurückkommen sollten, hast Du selbst gesagt ... leider ist der Roman ja unvollendet, so dass wir nicht wissen, ob K. jemals in das Schloss hineingekommen ist wie ein neues Wort in die Sprache oder nicht."
"Auf Max Brods Ansichten dazu will ich mich auch nicht verlassen, auch wenn wir es ihm verdanken, dass wir überhaupt über das Romanfragment sprechen können. Hast Du übrigens auch diese schwarzweiße Fischer Taschenbuchausgabe wie ich? Ich habe sie mal antiquarisch erworben, leider aus einem Raucherhaushalt, und konnte sie erst Jahre später lesen, so stank sie."
Willy (lächelt): "Als ich Kafka gelesen habe, habe ich selber geraucht. Es ist ist lange her. Die Ausgabe kaufte ich neu ... vermutlich fallen einem inzwischen die nur geklebten Blätter entgegen, wenn man sie aufmacht, wie letztens bei einer anderen Lektüre, die ich K.s Bild wegen auffrischte. Fischer ist ja für miserable buchtechnische Qualität berüchtigt. Die Bücher zerfallen bereits zu Lebzeiten ... Fragmente wie Kafkas 'Schloss'."
"Zudem wissen wir nicht, wofür das Schloss überhaupt steht. Es wurde ein theologischer Hintergrund vermutet, jedenfalls von Max Brod, der als Freund Kafka nun einmal am nächsten stand. Das Schloss als Ort göttlicher Gnade."
"Adorno sah darin die Darstellung der Hierarchie der Macht auch der künftigen totalitären Systeme."
"Tja, ich weiß auch nicht, warum mir jetzt die Ansicht Golo Manns über Horckheimer und Adorno einfällt ... das lässt sich vermutlich nicht vermeiden. Aber der Roman entstand 1922, so dass Adornos Ansicht auf jeden Fall ahistorisch sein dürfte."
"Ich würde auch eher an die Korrespondenz mit der Figur des Mannes aus Kafkas Türhüterlegende ... äh -parabel 'Vor dem Gesetz' denken, der keinen Zutritt zum Gesetz erhält und auf diese Weise sinnlos bis zum Tod wartet."
"Als Angestellter der Arbeiter-Unfallversicherung, die übrigens in einem palastartigen Gebäude in Prag residierte, hatte Kafka ja genaue Kenntnis von den Strukturen riesenhafter Verwaltungen und der Ohnmacht des Einzelnen, der bei ihnen zu seinem Recht kommen wollte. Und da man seinerzeit wie stets dazu neigte, die Tendenzen und Möglichkeiten der eigenen Zeit einfach in die Zukunft fortzuschreiben, wie das etwa auch bei dem berühmten Band "Die Welt in 100 Jahren" von 1910 der Fall ist,
kann man sich denken, dass sich Kafka vorstellte, dass die Verwaltung der Angelegenheiten der Welt mit den damaligen Methoden sich eines Tages so zu der Welt verhalten werde wie das Schloss zum Dorf, nämlich die Welt völlig mit Aktenordnern zuschütten werde, in deren Labyrinth es kein Durchkommen mehr geben werde. Vom Computer konnte er natürlich nichts wissen."
"So weit, so gut. Aber was mir bereits inmer aufgefallen ist, und die Geschichte doch signifikant von 'Vor dem Gesetz' unterscheidet, ist der Umstand, dass da ja keiner demütig vor dem Gesetz wartet, bis er stirbt, sondern sich ganz offenbar unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, nämlich, dass er Landvermesser sei, dort einschleichen möchte. Er ist es doch gar nicht, wenn ich es recht sehe. Und das Verrückte ist doch, dass sich das Schloss auf dieses Spiel einlässt ... Katz und Maus im nichtgrassschen Sinne."
@Stefan Adam: Lieber Stefan, die unklaren Größenverhältnisse machen auch ein wenig den Reiz dieses Bildes aus. Wenn man wüsste, dass die Teile nur wenige Zentimeter groß sind, würde man die Assoziation einen Schlosses vielleicht gar nicht haben. So könnte man es sich in einiger Entfernung auf einem Hügel vorstellen ;-).
Grüße. Kerstin
@Gert Rehn: Lieber Gert, die Stolzenburg gab vor langer Zeit wirklich einmal und auch das "von" im Namen; vor ihrem Verfall könnte sie vielleicht ähnlich unbewohnt und unnahbar ausgesehen haben ;-).
Ansonsten wäre das eine gute Idee, man müsste nur das nötige Kleingeld zu Gestaltung und Grundausstattung und einen geeigneten Platz für sie finden, wenn sie als Hotel und Tagungsort lukrativ sein soll ;-))
Was ich verwirrend finde ist, dass man überhaupt keine Größenrelation hat. Als erstes hatte ich übrigens an diese Betonfahradständer gedacht, die jemand - aus welchem Grund auch immer - gestapelt hat.
Wie auch andere schon sagten: ein typisches Kerstin-Bild. Gegenständlich und doch abstrakt.
LG, Stefan
P.S.: Und danke für den youtube-link. DIe Musik war mir bekannt ,nur der Titel nicht!
Modell für die Stolzenburg, die du dir ja bald bauen wirst, liebe Kerstin, dort kannst du ein Fc-Hotel einbauen für Workshops und andere Vergnügungen. lg Gert
Das ist beste Fotografie. Hier wird von der Gegenstädlickeit ein Bezug ins Transzendentale erzeugt, der von Ästhetik und Symbolkraft begleitet ist.
Es sind übrigens wohl wirklich die "Stege" die, zuletzt gesetzt, dem Schriftblock seine endgültige Form geben.
LG Klaus
@alle: Ganz herzlichen Dank für die schönen und interessanten Anmerkungen bislang und das Lob für das Bild!
@werner weis: Lieber Werner, über eine Serie muss ich nachdenken. Es gibt natürlich weitere Fotos aus diesem Museum; ich muss mal sehen, was ich davon zusammenstellen kann.
@Ernst Seifert: Lieber Ernst, danke! Die Aufnahme stammt ja aus einem Druckereimuseum. Neben diesen kunstvoll gestapelten Teilen - ich nehme an, dass es Stege sind -, standen auch ein großer Setzkasten mit Buchstaben und entsprechende Maschinen. Es ist also recht sicher davon auszugehen, dass es einen Zusammenhang zum Buchdruck gibt.
@Tochter Zions: Liebe Sabine, nein, es ist möglicherweise kein Traumschloss, konkret ..., na ja, vielleicht in gewissem Maße.
Man könnte das Dargestellte, wenn es ein Kunstwerk wäre, ja sogar als Konkrete Kunst bezeichnen. Allerdings steht das Bild ganz bewusst in der Sektion für Symbolische Fotografie (Leider gibt es keine Kategorie mit genau dieser Bezeichnung) und soll, anders als die Konkrete Kunst durchaus als Sinnbild verstanden werden.
@Sabine Jandl-Jobst: Liebe Sabine, die fotografierten Teile waren zwar nicht genau bezeichnet, ich nehme aber an, dass es sogenannte Stege sind, die man beim Bleisatz (beim Drucken) benötigt. Damit gehören sie natürlich direkt in den Buchdruck.
*immer diese Neugier*: Finde ich gut! :-)
@Margarete H.: Liebe Margarete, danke! Ich will mich hier in der fc nicht so sehr auf eine bestimmte fotografische Richtung festlegen, sondern eher Verschiedenes ausprobieren. Aber es gibt natürlich fotografische Entwicklungen, die kreativer sind und die mich momentan auch etwas mehr reizen. Daraus kommt bei Gelegenheit auch wieder etwas :-).
@Daniel Borberg: Alternativvorschlag: "Das Schloss-Hotel" ? ;-))
Viele Grüße und allen nochmals herzlichen Dank. Kerstin
Hm, nicht unbedingt meine Kunst! Auf mich wirkt es im Übrigen eher wie ein Gefängnis. Wenn es sich aber um die Darstellung eines Schlosses handelt dann kommt mir als Deutung in den Sinn:
Der, der in der Pyramide oben steht, der steht im Licht...Die anderen versinken in der Düsternis... -
Fotografisch ist die Arbeit ok.
LG Margarete
Adrian K 02/04/2010 22:56
Nun, Zauberschloss vom Klingsor ist es nicht, auch wenn ein paar bedrohlich wirkende Ecken zu sehen sind ;-). Es ist ein Buchstabenschloss ! Nach Einsetzen der richtigen Buchstaben in die entsprechende Kammern, kommt die Lösung. Allerdings ist für jeden die Kombination anders und zwar in Bezug auf sich selbst als auch auf Andere und umgekehrt :?)Gruß, Adrian
Kerstin Stolzenburg 01/04/2010 22:26
Lieber Eckhard, danke für die sehr interessante und schöne Besprechung. Ich antworte ein wenig später darauf!Kerstin
E. W. R. 01/04/2010 14:51
http://www.youtube.com/watch?v=sRtAJy2nFVM"Was ist eigentlich 'Bimbam' für eine Wortbildung, Willy?"
"Wir nennen Sie 'Reduplikation', liebe Es-Er. Sie wird zwar unter dem Stichwort 'nichtkonkatenative Wortbildung' behandelt, weil sie keine Formationsmorpheme aufweist wie etwa 'Verklugung' das -ung, aber konkatenativ, also kettenartig, ist sie doch. Wie auch verwandte Bildungen vom Schlage 'Blabla' oder gar 'Zilpzalp', die wir wegen der Vokalvariation im Grundmorphem 'Ablautbildungen' nennen. Übrigens ist 'Blabla' sehr alt; ein Beleg für das Wort findet sich als 'pla pla' bereits in einer mittelalterlichen Kirche auf der Reichenau."
"Die Sache ist ja auch alt und stets aktuell ... wieso 'Verklugung'? Das Wort gibt es doch gar nicht?"
"Aber Kollege Lomnitzer würde sich über das Wort freuen, wenn er neue Wörter sammelt, und gewiss auch über die Sache. Es ist eine Bildung, die aufgrund der systematischen Möglichkeiten gebildet wurde, aber in der sogenannten Norm, dem Gesamt dessen, was aufgrund der Möglichkeiten des Systems faktisch gebraucht wird, noch nicht existiert. Dort ist nur das Antonym existent, das Wort und die Sache. Schade eigentlich."
"So wird die Sprache wie ein Gebäude aufgebaut, könnte ich als Nichtlinguistin sagen. Und in der Tat hat ja ein bekannter Münsteraner Literaturwissenschaftler ein Buch mit dem Titel 'Die in dem alten Haus der Sprache wohnen' oder so ähnlich als Festschrift bekommen."
"Helmut Arntzen ... das Bild stammt natürlich nicht von ihm, sondern von Karl Kraus: "Ich bin nur einer von den Epigonen, die in dem alten Haus der Sprache wohnen." Ruth Huber hat es im Titel ihres Buches auch aufgenommen, aber dabei das 'alte' geflissentlich vergessen. Aber wir sprachen ja bereits über nichtnormative Wortbildungen."
"Das Bild von der Sprache als 'altes Haus' oder, um beim Bild zu bleiben, als 'altes Schloß', hat natürlich viel für sich. Lomnitzer beschreibt ja sehr schön, wie neue Wörter es durchaus nicht immer schaffen, in die Sprache hineinzukommen, oder jedenfalls nur zeitweise ... in das alte Schloss der Sprache. Zuweilen ist das Beharrungsvermögen des Seienden so groß, dass das Neue einfach davon abprallt. Dem heißen Bemühen, sich zu diesem Schloss Zugang zu verschaffen, muss jedenfalls kein Erfolg beschieden sein. Aber man weiß es nicht, wenn ein neues Wort aufkommt. Wie im Schloss Kafkas sind an der Sprache außerordentlich viele Leute beteiligt, die ihre eigenen Interessen verfolgen. Zugleich verweist das Bild des Schlosses darauf, dass es ein kunstvoller Bau ist, der trotz seiner scheinbaren Solidität steter Pflege bedarf, um nicht ..."
"Deine Vorlesung kannst Du ja nächste Woche halten, lieber Willy; Du zeigst ersichtlich Entzugserscheinungen; es wird Zeit ... Kafka ... des deutschen Gymnasiums Mittelstufe Stolz, jedenfalls im alten Westen zu deiner Zeit vermutlich, nicht wahr? Übrigens Erfurt, Druckmuseum ... das ist doch eigentlich dein Revier; warum zeigst Du davon nicht auch einmal etwas?"
"Du hast recht; werde mich in der nächsten Woche einmal darum kümmern. Man sollte an seinem Arbeitsort nicht nur arbeiten ... und das Erfurter Elektromuseum nehme ich gleich mit; es soll sehr gut gestaltet sein - jedenfalls von innen."
"Entscheidend ist immer die gute Gestaltung von innen, auch beim Menschen ... ein schönes Äußeres kann aber gewiss auch nicht schaden. Findest Du mich übrigens schön? ... Um auf Kafka zurückzukommen: Es ist schon verblüffend, wie sehr das "Schloss" aus Druckstegen, das K. da zeigt, der Beschreibung des Schlosses im ersten Kapitel von Kafkas "Schloß" gleicht."
"K. wird diese Beschreibung im Auge gehabt haben, wie man vielleicht überhaupt gute Bilder machen kann, wenn man bereits verwandte Bilder im Auge hat. Gute Bilder setzen Bildung voraus."
"Du kannst das Bild ja einmal für's Voting freigeben, lieber Willy, dann bekommst Du endlich einmal objektive Meinungen über deine Sachen ... freilich können wir nichts dafür, dass die Malerschule von Barbizon und die durch sie angeregten Kunstrichtungen in Deutschland und anderswo dauernd Kühe gemalt haben."
"Zu 70% nach meinem Eindruck. Dass wir auf Kafka zurückkommen sollten, hast Du selbst gesagt ... leider ist der Roman ja unvollendet, so dass wir nicht wissen, ob K. jemals in das Schloss hineingekommen ist wie ein neues Wort in die Sprache oder nicht."
"Auf Max Brods Ansichten dazu will ich mich auch nicht verlassen, auch wenn wir es ihm verdanken, dass wir überhaupt über das Romanfragment sprechen können. Hast Du übrigens auch diese schwarzweiße Fischer Taschenbuchausgabe wie ich? Ich habe sie mal antiquarisch erworben, leider aus einem Raucherhaushalt, und konnte sie erst Jahre später lesen, so stank sie."
Willy (lächelt): "Als ich Kafka gelesen habe, habe ich selber geraucht. Es ist ist lange her. Die Ausgabe kaufte ich neu ... vermutlich fallen einem inzwischen die nur geklebten Blätter entgegen, wenn man sie aufmacht, wie letztens bei einer anderen Lektüre, die ich K.s Bild wegen auffrischte. Fischer ist ja für miserable buchtechnische Qualität berüchtigt. Die Bücher zerfallen bereits zu Lebzeiten ... Fragmente wie Kafkas 'Schloss'."
"Zudem wissen wir nicht, wofür das Schloss überhaupt steht. Es wurde ein theologischer Hintergrund vermutet, jedenfalls von Max Brod, der als Freund Kafka nun einmal am nächsten stand. Das Schloss als Ort göttlicher Gnade."
"Adorno sah darin die Darstellung der Hierarchie der Macht auch der künftigen totalitären Systeme."
"Tja, ich weiß auch nicht, warum mir jetzt die Ansicht Golo Manns über Horckheimer und Adorno einfällt ... das lässt sich vermutlich nicht vermeiden. Aber der Roman entstand 1922, so dass Adornos Ansicht auf jeden Fall ahistorisch sein dürfte."
"Ich würde auch eher an die Korrespondenz mit der Figur des Mannes aus Kafkas Türhüterlegende ... äh -parabel 'Vor dem Gesetz' denken, der keinen Zutritt zum Gesetz erhält und auf diese Weise sinnlos bis zum Tod wartet."
"Als Angestellter der Arbeiter-Unfallversicherung, die übrigens in einem palastartigen Gebäude in Prag residierte, hatte Kafka ja genaue Kenntnis von den Strukturen riesenhafter Verwaltungen und der Ohnmacht des Einzelnen, der bei ihnen zu seinem Recht kommen wollte. Und da man seinerzeit wie stets dazu neigte, die Tendenzen und Möglichkeiten der eigenen Zeit einfach in die Zukunft fortzuschreiben, wie das etwa auch bei dem berühmten Band "Die Welt in 100 Jahren" von 1910 der Fall ist,
kann man sich denken, dass sich Kafka vorstellte, dass die Verwaltung der Angelegenheiten der Welt mit den damaligen Methoden sich eines Tages so zu der Welt verhalten werde wie das Schloss zum Dorf, nämlich die Welt völlig mit Aktenordnern zuschütten werde, in deren Labyrinth es kein Durchkommen mehr geben werde. Vom Computer konnte er natürlich nichts wissen."
"So weit, so gut. Aber was mir bereits inmer aufgefallen ist, und die Geschichte doch signifikant von 'Vor dem Gesetz' unterscheidet, ist der Umstand, dass da ja keiner demütig vor dem Gesetz wartet, bis er stirbt, sondern sich ganz offenbar unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, nämlich, dass er Landvermesser sei, dort einschleichen möchte. Er ist es doch gar nicht, wenn ich es recht sehe. Und das Verrückte ist doch, dass sich das Schloss auf dieses Spiel einlässt ... Katz und Maus im nichtgrassschen Sinne."
[Hier bricht das Fragment ab.]
Kerstin Stolzenburg 01/04/2010 7:10
@Hanne L.: Liebe Hanne, danke!LG. Kerstin
Kerstin Stolzenburg 01/04/2010 7:09
@Stefan Adam: Lieber Stefan, die unklaren Größenverhältnisse machen auch ein wenig den Reiz dieses Bildes aus. Wenn man wüsste, dass die Teile nur wenige Zentimeter groß sind, würde man die Assoziation einen Schlosses vielleicht gar nicht haben. So könnte man es sich in einiger Entfernung auf einem Hügel vorstellen ;-).Grüße. Kerstin
Kerstin Stolzenburg 01/04/2010 7:06
@Gert Rehn: Lieber Gert, die Stolzenburg gab vor langer Zeit wirklich einmal und auch das "von" im Namen; vor ihrem Verfall könnte sie vielleicht ähnlich unbewohnt und unnahbar ausgesehen haben ;-).Ansonsten wäre das eine gute Idee, man müsste nur das nötige Kleingeld zu Gestaltung und Grundausstattung und einen geeigneten Platz für sie finden, wenn sie als Hotel und Tagungsort lukrativ sein soll ;-))
Grüße. Kerstin
Hanne L. 31/03/2010 22:34
Ein Gesamtgenuss aus Foto und Musik.Besonders das gezielte Licht gefällt mir. Deine Arbeit gibt meiner Fantasie Freiraum ...
Liebe Grüße, Hanne
Stefan Adam 29/03/2010 21:14
Was ich verwirrend finde ist, dass man überhaupt keine Größenrelation hat. Als erstes hatte ich übrigens an diese Betonfahradständer gedacht, die jemand - aus welchem Grund auch immer - gestapelt hat.Wie auch andere schon sagten: ein typisches Kerstin-Bild. Gegenständlich und doch abstrakt.
LG, Stefan
P.S.: Und danke für den youtube-link. DIe Musik war mir bekannt ,nur der Titel nicht!
Gert Rehn 29/03/2010 8:20
Modell für die Stolzenburg, die du dir ja bald bauen wirst, liebe Kerstin, dort kannst du ein Fc-Hotel einbauen für Workshops und andere Vergnügungen. lg Gert
Kerstin Stolzenburg 29/03/2010 6:39
@Klaus Dimter: Lieber Klaus, danke! In der Form soll/kann das Bild gesehen werden; so ist es jedenfalls gemeint.Grüße. Kerstin
Klaus Dimter 29/03/2010 1:31
Das ist beste Fotografie. Hier wird von der Gegenstädlickeit ein Bezug ins Transzendentale erzeugt, der von Ästhetik und Symbolkraft begleitet ist.Es sind übrigens wohl wirklich die "Stege" die, zuletzt gesetzt, dem Schriftblock seine endgültige Form geben.
LG Klaus
Kerstin Stolzenburg 29/03/2010 0:44
@alle: Ganz herzlichen Dank für die schönen und interessanten Anmerkungen bislang und das Lob für das Bild!@werner weis: Lieber Werner, über eine Serie muss ich nachdenken. Es gibt natürlich weitere Fotos aus diesem Museum; ich muss mal sehen, was ich davon zusammenstellen kann.
@Ernst Seifert: Lieber Ernst, danke! Die Aufnahme stammt ja aus einem Druckereimuseum. Neben diesen kunstvoll gestapelten Teilen - ich nehme an, dass es Stege sind -, standen auch ein großer Setzkasten mit Buchstaben und entsprechende Maschinen. Es ist also recht sicher davon auszugehen, dass es einen Zusammenhang zum Buchdruck gibt.
@Tochter Zions: Liebe Sabine, nein, es ist möglicherweise kein Traumschloss, konkret ..., na ja, vielleicht in gewissem Maße.
Man könnte das Dargestellte, wenn es ein Kunstwerk wäre, ja sogar als Konkrete Kunst bezeichnen. Allerdings steht das Bild ganz bewusst in der Sektion für Symbolische Fotografie (Leider gibt es keine Kategorie mit genau dieser Bezeichnung) und soll, anders als die Konkrete Kunst durchaus als Sinnbild verstanden werden.
@Sabine Jandl-Jobst: Liebe Sabine, die fotografierten Teile waren zwar nicht genau bezeichnet, ich nehme aber an, dass es sogenannte Stege sind, die man beim Bleisatz (beim Drucken) benötigt. Damit gehören sie natürlich direkt in den Buchdruck.
*immer diese Neugier*: Finde ich gut! :-)
@Margarete H.: Liebe Margarete, danke! Ich will mich hier in der fc nicht so sehr auf eine bestimmte fotografische Richtung festlegen, sondern eher Verschiedenes ausprobieren. Aber es gibt natürlich fotografische Entwicklungen, die kreativer sind und die mich momentan auch etwas mehr reizen. Daraus kommt bei Gelegenheit auch wieder etwas :-).
@Daniel Borberg: Alternativvorschlag: "Das Schloss-Hotel" ? ;-))
Viele Grüße und allen nochmals herzlichen Dank. Kerstin
Daniel Borberg 28/03/2010 22:31
Oh, wäre es DAS HOTEL, dann hätte ich gerne ein Zimmer gebucht. Aber für ein Schloss reicht mein Trinkgeld nicht aus ;-)Gut Licht aus Moers,
Daniel
Margarete Hartert 28/03/2010 18:23
Hm, nicht unbedingt meine Kunst! Auf mich wirkt es im Übrigen eher wie ein Gefängnis. Wenn es sich aber um die Darstellung eines Schlosses handelt dann kommt mir als Deutung in den Sinn:Der, der in der Pyramide oben steht, der steht im Licht...Die anderen versinken in der Düsternis... -
Fotografisch ist die Arbeit ok.
LG Margarete
Biggi Oehler 28/03/2010 17:33
Sehr gut gesehen und super umgesetzt, Fantasie muss man haben.LG.
Biggi