oh, Andreas, die Scherben wären grad neben der Pflanze auch noch scharf mit meiner Sichtweise... das Philosophische kommt dann auch wieder in die Diskussion, wieso der Autor eine solches Bild macht.
Aha, die Bilddiskussion geht endlich mal in Richtung einer meiner beliebten Sichtweise: Kleine Leute lieben solche Sichten, ich jedenfalls mache das oft. Hier nun ein Bild, das mich anspricht und doch fordert es sofort meine Kritik heraus: Ich hätte mich da noch mehr aufs Pflaster gelegt (resp. die Kamera, die kann das besser) und hätte die Pflanze als was ganz Grosses gezeigt, dann wäre die Schärfe auch allein auf ihr gelegen.Der Hintergrund hätte dann allerdings auch die gleiche Rolle gespielt: er müsste ausgewählt werden, hier bin ich mir nicht so sicher, dass das gemacht wurde.
Grade bei Makroaufnahmen sollte der Fotograf/die-in/ sich bewusst sein, was hinter dem Motiv zu sehen ist. Die unscharfen Teile geben ja immer auch ein Bild ab.
Aber ich denke, dieses Bild kann einige User auf neue Sichtweisen bringen, dazu ist AGORA der richtige Wegweiser.
Andreas Hurni
schreibt:
Das finden wir im Bild: Eine Pflanze wächst einsam durch die Pflästerung einer Strasse, die nähere Umgebung zeigt Glasscherben.
Die Szenerie stellt meines Erachtens gleich von Anfang an eine einfache Frage: Was machen die Scherben hier, respektive, was hat die Pflanze mit den Scherben zu tun?
Es ist nicht zwingend so, dass das Bild diese Frage auch beantworten muss, aber sie führt sicher dazu, dass der Betrachter einen Moment innehält auf der Suche nach einer für ihn plausiblen Antwort.
Was der Autor sich gedacht hat kann ich nicht ergründen, für mich ist die Aufnahme ein Bild für das zwar weiche, aber beharrliche, welches durch langsame aber beständige Arbeit den Durchbruch erschafft und aufblüht, daneben die Scherben des an sich harten , aber im hastigen Versuch gescheiterten. Ein Sinnbild also. Eine solcherart inhaltliche Beschäftigung mit dem Bild ist sicher kein schlechter Start für eine Bildbetrachtung.
Jetzt kann das Bild abgesucht werden nach den Stilistischen Mitteln: Primär finden ich da einen Hell-Dunkel-Kontrast sowie den Einsatz geringer Schärfentiefe. Das Bild wirkt damit aufgeräumt, der Hauptakteur steht in der Schärfe und im Licht - die Nebenakteure sind die Scherben, eine kleine Gruppe davon zeigt sich in Schärfe, sie sind klar erkennbar als was sie sind, weitere Scherben sind als Individuen nicht mehr notwendig, mit der zunehmenden Unschärfe zwar noch lokalisierbar, aber nur noch als Andeutungen von weiteren. Meines Erachtens unterstützt diese geringe Schärfentiefe damit auch die obige, von mir gefundene Bildaussage, ich kann nicht dagegen sein.
Was sich auch noch findet ist eine aufsteigende Linie, ausgehend von der linken unteren Ecke. Obwohl sie inhaltlich - also bezogen auf das Sinnbild - keine Bedeutung hat, scheint sie mir für das Bild trotzdem wichtig. Sie bringt eine neue Strukturgrösse ins Bild. Während die unscharfen Scherben verstreut als Punkte in Erscheinung treten durchmisst diese Linie die Leere der linken Fläche und hält sie damit auch zusammen.
Soweit so gut, würde ich etwas ändern (so ich könnte)? Ein paar Wünsche bleiben mir. Das Bild hat einen Horizont, dies ist zweifelsohne richtig und ich finde, auch dessen Höhe im Bild ist gut gewählt. Da er aber auch ziemlich schief steht nimmt ihn der Betrachter bewusst wahr. Im Nachhinein kann man dann immer fragen: Hätte man ihn gerade richten können?
Die Tonwerte wurden mit dem Hell-Dunkel-Kontrast bereits erwähnt. Als Detail darin fällt mir auf, dass die Bildecken abgedunkelt sind. Die Pflanze als "Bildzentrum" wird dadurch zusätzlich wie in einer Art Lichthof betont. Der Autor hat sich vermutlich ziemlich Mühe gegeben mit den Schatten, sie saufen nirgends merklich ab. Vielleicht müsste dies nicht so sein, die Bildecken tragen hier keine wichtige Information zum Bild bei, meines Erachtens dürften die Vignettierungen daher sogar etwas stärker ausfallen, um den Effekt des Lichthofes noch zu stärken.
In den Lichtern hat es einige Stellen, welche kaum noch oder keine Zeichnung mehr tragen. Die "Natur der Scherben" wird meiner Meinung damit unterstützt, dies wäre also richtig. Ziemlich in der Mitte findet sich jedoch ein "eingefärbtes" Spitzlicht, ein tonaler Fremdkörper im Bild. Hier lokal ein wenig entsättigen würde sicher niemand als "böswillige Bildmanipulation" verdammen.
Einen letzten Wunsch hätte ich noch: Die Pflanze liegt nicht gleichermassen in der Schärfenebene. Auf mittlerer Höhe ist die Schärfe wohl gut, steigt man der Pflanze entlang nach oben nimmt die Schärfe jedoch merklich ab, die Spitze der Pflanze ist unscharf, dies ist schade.
Als Fazit für mich kann ich ziehen: Ein sehr ansprechendes Bild - technisch ein paar Kleinigkeiten die zwar schade sind, aber insgesamt das Bild trotzdem stehen lassen.
Elisabeth Schiess 28/08/2011 23:16
oh, Andreas, die Scherben wären grad neben der Pflanze auch noch scharf mit meiner Sichtweise... das Philosophische kommt dann auch wieder in die Diskussion, wieso der Autor eine solches Bild macht.Elisabeth Schiess 28/08/2011 23:12
Aha, die Bilddiskussion geht endlich mal in Richtung einer meiner beliebten Sichtweise: Kleine Leute lieben solche Sichten, ich jedenfalls mache das oft. Hier nun ein Bild, das mich anspricht und doch fordert es sofort meine Kritik heraus: Ich hätte mich da noch mehr aufs Pflaster gelegt (resp. die Kamera, die kann das besser) und hätte die Pflanze als was ganz Grosses gezeigt, dann wäre die Schärfe auch allein auf ihr gelegen.Der Hintergrund hätte dann allerdings auch die gleiche Rolle gespielt: er müsste ausgewählt werden, hier bin ich mir nicht so sicher, dass das gemacht wurde.Grade bei Makroaufnahmen sollte der Fotograf/die-in/ sich bewusst sein, was hinter dem Motiv zu sehen ist. Die unscharfen Teile geben ja immer auch ein Bild ab.
Aber ich denke, dieses Bild kann einige User auf neue Sichtweisen bringen, dazu ist AGORA der richtige Wegweiser.
Agora 3.0 - Bildbesprechung intensiv 28/08/2011 19:30
Andreas Hurni schreibt:Das finden wir im Bild: Eine Pflanze wächst einsam durch die Pflästerung einer Strasse, die nähere Umgebung zeigt Glasscherben.
Die Szenerie stellt meines Erachtens gleich von Anfang an eine einfache Frage: Was machen die Scherben hier, respektive, was hat die Pflanze mit den Scherben zu tun?
Es ist nicht zwingend so, dass das Bild diese Frage auch beantworten muss, aber sie führt sicher dazu, dass der Betrachter einen Moment innehält auf der Suche nach einer für ihn plausiblen Antwort.
Was der Autor sich gedacht hat kann ich nicht ergründen, für mich ist die Aufnahme ein Bild für das zwar weiche, aber beharrliche, welches durch langsame aber beständige Arbeit den Durchbruch erschafft und aufblüht, daneben die Scherben des an sich harten , aber im hastigen Versuch gescheiterten. Ein Sinnbild also. Eine solcherart inhaltliche Beschäftigung mit dem Bild ist sicher kein schlechter Start für eine Bildbetrachtung.
Jetzt kann das Bild abgesucht werden nach den Stilistischen Mitteln: Primär finden ich da einen Hell-Dunkel-Kontrast sowie den Einsatz geringer Schärfentiefe. Das Bild wirkt damit aufgeräumt, der Hauptakteur steht in der Schärfe und im Licht - die Nebenakteure sind die Scherben, eine kleine Gruppe davon zeigt sich in Schärfe, sie sind klar erkennbar als was sie sind, weitere Scherben sind als Individuen nicht mehr notwendig, mit der zunehmenden Unschärfe zwar noch lokalisierbar, aber nur noch als Andeutungen von weiteren. Meines Erachtens unterstützt diese geringe Schärfentiefe damit auch die obige, von mir gefundene Bildaussage, ich kann nicht dagegen sein.
Was sich auch noch findet ist eine aufsteigende Linie, ausgehend von der linken unteren Ecke. Obwohl sie inhaltlich - also bezogen auf das Sinnbild - keine Bedeutung hat, scheint sie mir für das Bild trotzdem wichtig. Sie bringt eine neue Strukturgrösse ins Bild. Während die unscharfen Scherben verstreut als Punkte in Erscheinung treten durchmisst diese Linie die Leere der linken Fläche und hält sie damit auch zusammen.
Soweit so gut, würde ich etwas ändern (so ich könnte)? Ein paar Wünsche bleiben mir. Das Bild hat einen Horizont, dies ist zweifelsohne richtig und ich finde, auch dessen Höhe im Bild ist gut gewählt. Da er aber auch ziemlich schief steht nimmt ihn der Betrachter bewusst wahr. Im Nachhinein kann man dann immer fragen: Hätte man ihn gerade richten können?
Die Tonwerte wurden mit dem Hell-Dunkel-Kontrast bereits erwähnt. Als Detail darin fällt mir auf, dass die Bildecken abgedunkelt sind. Die Pflanze als "Bildzentrum" wird dadurch zusätzlich wie in einer Art Lichthof betont. Der Autor hat sich vermutlich ziemlich Mühe gegeben mit den Schatten, sie saufen nirgends merklich ab. Vielleicht müsste dies nicht so sein, die Bildecken tragen hier keine wichtige Information zum Bild bei, meines Erachtens dürften die Vignettierungen daher sogar etwas stärker ausfallen, um den Effekt des Lichthofes noch zu stärken.
In den Lichtern hat es einige Stellen, welche kaum noch oder keine Zeichnung mehr tragen. Die "Natur der Scherben" wird meiner Meinung damit unterstützt, dies wäre also richtig. Ziemlich in der Mitte findet sich jedoch ein "eingefärbtes" Spitzlicht, ein tonaler Fremdkörper im Bild. Hier lokal ein wenig entsättigen würde sicher niemand als "böswillige Bildmanipulation" verdammen.
Einen letzten Wunsch hätte ich noch: Die Pflanze liegt nicht gleichermassen in der Schärfenebene. Auf mittlerer Höhe ist die Schärfe wohl gut, steigt man der Pflanze entlang nach oben nimmt die Schärfe jedoch merklich ab, die Spitze der Pflanze ist unscharf, dies ist schade.
Als Fazit für mich kann ich ziehen: Ein sehr ansprechendes Bild - technisch ein paar Kleinigkeiten die zwar schade sind, aber insgesamt das Bild trotzdem stehen lassen.