Bilder aus dem Puschlav kann ich nicht neutral anschauen ... da geht mein Herz über.
Einfache Bergler, in einem engen Tal. Nur die Strasse, der Fluss und die Eisenbahnlinie haben im Talgrund Platz. Das Leben spielt sich auf engen Raum oft an den steilen Hängen ab. Doch wer engstirnige, ungebildete Bergler erwartet, wird verblüfft, wie viele weltoffene gescheite Menschen er begegnet. Die Puschlaver lernen früh, dass man im Tal kaum Arbeit finden wird und sie wissen, dass fast alle ihrer Vorfahren zumindest eine Zeit ihres Lebens in der Fremde verbracht haben. Jede Person im Tal ist mehrsprachig. Bei meinen Besuchen habe ich erfahren, dass die älteren Leute nebst Deutsch und Italienisch und etwas Französisch oft noch gut Portugiesisch oder Spanisch können. Die waren in ihren jungen Jahren oft in Südamerika. Die Jungen können Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch. Da findet seit 200 Jahren ein regelmässiger Austausch mit der ganzen Welt statt. Die prunkvollen Palazzi in Poschiavo zeigen, wie reich ein paar der Talleute in der Fremde geworden sind (Zuckerbäcker). Von den Tausenden, die irgendwo in der Welt gestrandet, ausgenützt, missbraucht und gescheitert sind, redet man nicht. Ich habe aus der Familiengeschichte meiner Mutter Aufzeichnungen eines ausgewanderten Onkels übersetzt. Er hatte eine gute Ausbildung und Arbeit und ist trotzdem in Argentinien gelandet.
Ich will nicht länger werden. In einem seiner Briefe an meinen Grossvater schreibt er, wie schwierig das Leben in Buenos Aires sei und dass er sobald wie möglich ins Puschlav zurückkehren werde. Dreissig Jahre später ist er in Buenos Aires verstorben ...
LG Rico
Sehr schön und interessant ist dein Bericht. Von den Zuckerbäckern habe ich auch schon gehört und gelesen. Ein Besuch des Puschlav lohnt sich bestimmt. Liebe Grüsse - Susi
Danke Dir, Rico, für die langen Zeilen, die verspüren lassen, wie sehr Dein Herz noch mit dem Puschlav verbunden ist. Es ist schade, dass ich es erst im letzten Jahr mit 84 so richtig kennen- und lieben gelernt habe und die diesjährigen Tage haben alles intensiviert. Poschiavo hat es mir wirklich angetan, und ich hoffe so sehr, vielleicht mit beiden Töchtern im kommen Sommer nochmals hinzufahren ...
Natürlich habe ich auch mit Buenos Aires eine Verbindung, mein Mann ist dort aufgewachsen, meine Tochter Karin hat sieben Jahre lang dort gelebt. Sie ging dorthin, um die Mentalität ihres Vaters, der schon so früh mit 44 starb, kennenzulernen ...
Danke Dir.
RicoB 17/08/2024 9:22
Bilder aus dem Puschlav kann ich nicht neutral anschauen ... da geht mein Herz über.Einfache Bergler, in einem engen Tal. Nur die Strasse, der Fluss und die Eisenbahnlinie haben im Talgrund Platz. Das Leben spielt sich auf engen Raum oft an den steilen Hängen ab. Doch wer engstirnige, ungebildete Bergler erwartet, wird verblüfft, wie viele weltoffene gescheite Menschen er begegnet. Die Puschlaver lernen früh, dass man im Tal kaum Arbeit finden wird und sie wissen, dass fast alle ihrer Vorfahren zumindest eine Zeit ihres Lebens in der Fremde verbracht haben. Jede Person im Tal ist mehrsprachig. Bei meinen Besuchen habe ich erfahren, dass die älteren Leute nebst Deutsch und Italienisch und etwas Französisch oft noch gut Portugiesisch oder Spanisch können. Die waren in ihren jungen Jahren oft in Südamerika. Die Jungen können Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch. Da findet seit 200 Jahren ein regelmässiger Austausch mit der ganzen Welt statt. Die prunkvollen Palazzi in Poschiavo zeigen, wie reich ein paar der Talleute in der Fremde geworden sind (Zuckerbäcker). Von den Tausenden, die irgendwo in der Welt gestrandet, ausgenützt, missbraucht und gescheitert sind, redet man nicht. Ich habe aus der Familiengeschichte meiner Mutter Aufzeichnungen eines ausgewanderten Onkels übersetzt. Er hatte eine gute Ausbildung und Arbeit und ist trotzdem in Argentinien gelandet.
Ich will nicht länger werden. In einem seiner Briefe an meinen Grossvater schreibt er, wie schwierig das Leben in Buenos Aires sei und dass er sobald wie möglich ins Puschlav zurückkehren werde. Dreissig Jahre später ist er in Buenos Aires verstorben ...
LG Rico