April
Die/Der FotografIn schreibt: ",Welche Idee steht hinter dem Bild?' werde ich hier gefragt. Ja, ähm, keine Ahnung. Braucht es eine Idee, ein Foto zu machen? Die Idee ist vielleicht: ,Ui, der Regen an der Scheibe sieht schön aus. Mal gucken, was passiert wenn ich jetzt ein Foto mache. Und jetzt. Und jetzt, wenn die Bahn los fährt. Ui, Frau mit wehenden Haaren...'
Die allermeisten Bilder mache ich ohne ,Idee' sondern aus einem Gefühl heraus. Dann, wenn es zu passen scheint, mit was auch immer mir gerade zur Verfügung steht (hier Handy).
Bleibt die Frage: Bedarf es einer Idee? Oder einfach der Lust am Fotografieren, Ausprobieren und sich auch mal auf den Zufall einlassen?"
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Agora 3.0 - Bildbesprechung intensiv 16/05/2021 9:49
Die Diskussion hier ist nun beendet.Agora wird unter diesem Foto fortgesetzt:
Agora 3.0 - Bildbesprechung intensiv 16/05/2021 9:49
Eva B. schreibt: “Vielen Dank an alle, die sich an der Diskussion beteiligt haben. Man man, da habe ich doch ziemlich unterschätzt, wie nervenaufreibend es ist, eine Woche lang mitzulesen, ohne mitreden zu dürfen.Also: Ich bin auf dem Heimweg von der Arbeit. Ich hänge meinen Gedanken nach. Denke ich an die Arbeit? Ob ich noch einkaufen muss? An die Musik, die ich beim Bahn fahren immer höre? Ich weiß es nicht mehr. Es fängt an zu regnen, zu schütten. Das Wasser läuft in Bächen die Scheibe runter, die Welt draußen verschwimmt. Ich greife nach meiner Tasche, nach meinem Handy. Bis ich es gefunden und entsperrt habe, hat der Regenschauer schon wieder aufgehört. Aprilwetter eben. Aber die Scheibe ist immernoch wunderbar nass. Ich mache ein Foto. Ich sehe im Augenwinkel von rechts eine Frau mit wehenden Haaren kommen, schwenke nach rechts. Mache ein (dieses) Foto. Sie läuft nach links, ich schwenken nach links, die Bahn fährt nach links, ich mache ein drittes Foto.
Das erste Foto gefällt mir nicht. Das zweite und dritte aber schon. (Für die, die es interessiert werde ich Foto 1 und Foto 3 in meinem Profil veröffentlichen.)
Ich hatte nicht vor, zu fotografieren, ich bin nicht unterwegs um zu fotografieren. Ich habe vorher nicht darüber nachgedacht, was ich fotografiere. Ich tue es aus einem Gefühl heraus, einem Geistesblitz, intuitiv, thrill. Egal, wie man es nennen mag.
Es ist kein versehentliches Auslösen. Es ist aber auch keines, das ich vollends unter Kontrolle habe. Die Frau läuft, die Bahn fährt, das Wetter macht eh, was es will.
Ich mache die Fotos nicht, weil ich glaube, große Kunst zu erschaffen. Ich mache sie auch nicht, um irgendwen zu provozieren oder das www mit solchen Fotos zu fluten. Ich mache sie, weil ich in dem Moment das Gefühl habe, das Richtige zu tun, gespannt bin, auf das Ergebnis, Spaß habe am Ausprobieren. Und siehe da, 2 von 3 Bildern gefallen mir. So, wie sie sind. Ohne sie weiter zu bearbeiten. Die verschwommene Welt festgehalten. Die Haare der Frau, ihre Geschwindigkeit, die Spiegelungen, insbesondere meine Hände habe ich gerne gespiegelt mit im Bild. Manchmal glaube ich, an der Art wie ich mein Handy zum Fotografieren mit zwei Händen halte, müsste man mich erkennen können. Die Signatur, wie @fotobücher schreibt.
Die Farben, der Himmel, der regennasse Boden. Gleichzeitig empfinde ich in dem Bild eine Harmonie, eine Ausgewogenheit die mir selbst schwer fällt, zu greifen aber die von @Matthias von Schramm beschrieben wird.
Der Titel, nunja, eigentlich würde das Bild ,Mittags 5' heißen. Dann hätte ich aber für die 3 Leute hier, von denen ich glaube, dass sie mir folgen, auch gleich meinen Namen drunter setzen können.
Ich weiß, dass viele mit dieser Art Bildern nichts anfangen können. Trotzdem entscheide ich mich, eines hier zu zeigen und zu gucken, was passiert.
Läd man hier Bilder hoch, so wird man nach der Idee hinter dem Bild gefragt. Eine Idee ist für mich, einen Tulpen Strauß zu kaufen, ihn verwelken zu lassen, um ihn dann zu fotografieren. Eine Idee ist es, mir das Makro zu schnappen und im Garten Moos zu suchen. Eine Idee ist es, loszuziehen um Farben/Formen/Harmonien zu suchen oder mich eine Stunde vor einen Schmetterlingsstrauch zu stellen. Das alles mache ich gerne. Genauso gerne lasse ich mich aber auch wie hier von der Intuition leiten ohne eine vorangegangene Idee.
Das hier einige Fotograf*innen dem Bild etwas abgewinnen können, es interessant und sehenswert finden, freut mich sehr :-)) Vielen Dank, für jeden Kommentar, der mich in meinem Tun bestätigt und bestärkt. Meine Bilder sollen in erster Linie mir gefallen (immerhin muss ich ja mit ihnen kein Geld verdienen). Aber ich würde lügen, wenn ich behauptete, mich nicht über jedes Lob, jede Anerkennung wahnsinnig zu freuen.
Das manche nichts in dem Bild sehen, akzeptiere ich natürlich auch.
Inspirierend finde ich diejenigen, die sich tagelang mit einem Bild beschäftigen, das ihnen nicht wirklich gefällt. Rein aus der Freude an Bildbetrachtung/-besprechung heraus. (Und es tut mir leid, dass es kein großes Geheimnis zu lüften gibt, keinen See-oder Rucksack, ich die Frau auf dem Bild nicht kenne, nichts bearbeitet, kopiert, eingebaut oder gestempelt wurde und die ,gebrochenen Beine' auch tatsächlich nur gebrochenes Licht sind.)
Verwundert bin ich von jenen Kommentaren, die mir empfehlen, das Bild zu löschen, es als Zumutung empfinden, sich provoziert fühlen oder sich beschweren, dass hier dem Betrachter das interpretieren überlassen wird (geht es nicht unter anderem genau darum in der Agora?). Ja, das www hat den Nachteil, dass alle alles posten können. Es hat aber auch den Vorteil, dass es ein Endgerät benötigt, um benutzt zu werden. Dieses kann man einfach ausschalten, weglegen, weggehen. Niemand ist gezwungen, sich an dieser Besprechung zu beteiligen und nach gerade mal einer Woche ist der ganze Spuk doch auch wieder vorbei. Jeder darf gerne kundtun, dass er das Bild nicht mag, kein Problem. Egal, ob mit umschweifenden Text oder nicht.
Es ist kein Meisterwerk und vielleicht ist es wirklich nur für diejenigen sehenswert und verständlich, die gerne selbst auf diese Art und Weise fotografieren.
Aber eine Zumutung ist es ganz sicher auch nicht. Bei manchen Kommentaren hatte ich kurzzeitig das Gefühl, das Bild zeige etwas Verwerfliches, Obszönes, Anstößiges. Aber nein, tut es nicht.
Es war für mich spannend zu beobachten, wie der Kunstbegriff zunächst nur in jenen Kommentaren fällt, die das Bild komplett streichen wollen. In Zumutung steckt das Wort Mut. In dem Wort Ablehnung steckt leider nicht das Wort Angst. Schade. Rhetorisch würde es hier vielleicht ganz gut passen.
Abschließend nochmal vielen Dank an alle und an Agora. Eine wirklich spannende Erfahrung.
Eva”
Clara Hase 14/05/2021 18:23
Person fragt wie folgt: Zitat: Bleibt die Frage: Bedarf es einer Idee? Oder einfach der Lust am Fotografieren, Ausprobieren und sich auch mal auf den Zufall einlassen?" ZEndeSEHEN und umsetzen - ist ausgeführt.
Ich sehe seltsamerweise nicht den Regen der an der Scheibe herunterrinnt - bestenfalls ein paar helle Punkte im Haar der Dame die an Tropfen erinnern. Und am Boden , dass es geregnet hatte.
Und ja - das Alltägliche ist Gewohnheit - genau hingeschaut liesse sich daraus ein Thema fabrizieren - zu einer Idee zu einer Thematik machen, die man immer wenn es grad regnet umsetzen kann - auch ohne Vorbereitung - die ist ja bereits im Speicher des Kopfes.
Zeichnen ist auch sehen (kurz angesprochen in der diskuss) Aber die Fotografie unterscheidet sich doch erheblich davon. Beim Zeichnen kann ich alles nebeneinandersetzen was im Kopf als Thema sich zusammenbraut: Mit mehreren Fotos gäbe es nur eine technische Umsetzungmöglichkeit durch geeignete Software - genannt Collage.
Je nach Talent halte ich das Zeichnen dann doch für dynamischer
Augenblickerin 13/05/2021 22:14
Dass manche damit "nichts anfangen" können, liegt das nun an der fehlenden Idee? Ich vermute, dasselbe Bild würde hier zum Teil ganz anders "dastehen", wenn der/die Fotograf*in die Ideenlosigkeit verschwiegen und uns mit einer Story bestochen hätte. Genug Material haben wir ja jetzt zusammen... Wollen wir als Betrachter*in/Titelleser*in bestochen werden?Karl-Heinz Wagemans 13/05/2021 19:10
. . . bei allem Wohlwollen, ich kann damit nichts anfangen!fotobücher 13/05/2021 18:58
Für mich ist dieses Bild ein Beispiel für ausgebildete konzeptionelle Intuition: Wenn man nicht mehr nachdenkt, sondern dem Gefühl nachgibt zu Fotografieren.Bei jeder Betrachtung gibt es etwas zu entdecken.
Clara Hase 13/05/2021 14:29
wir sahen bislang nur den Fotografen in der Spiegelung -aber ich habe mir auch den Rücken der Dame mit fliegendem Haar angeschaut.
Erstaunlich ist dabei, die Höhe der Kamera- aber auch das was ich sehe.
Muss ein Seesack sein, jedenfalls etwas sehr hohes was gegenüber auf der Sitzbank abgestellt wurde- Evtl so ein Gestell mit Rückentragegurt - jedenfalls prall ausgestopft
Das Logo sehe ich nicht, aber ich hatte kürzlich meinen Fotorucksack abgelichtet - Lowe-pro Eine Rückenlehne eines Stuhls nimmt er ein
Irgendwas wird den Fotografen mit dem fliegenden Haar verdinden - Abreise, ähnlich wie vor Wochen wo jemand den Vorbeifahrenden auf Schiff zulachte.
Aber es kann auch die Unbekannte sein die ins Bild rannte.
muelleka-57 13/05/2021 11:50
Ja, das ist so eine Sache, mit dem Gefühl, oder was man dafür hält.In diesem Fall würde ich sagen das ging voll daneben.
Man kann natürlich alles als Kunst verkaufen, wenn es Leute gibt,
die dies auch so empfinden.
pschim 13/05/2021 10:56
Für mich ist entscheidend bei einem Foto (wie bei einem Gemälde), ob es mich sozusagen "anspringt" oder nicht. Und bei diesem Bild habe ich innegehalten. Ungeachtet aller theoretischen oder technischen Erwägungen!Wieviel ärmer wäre unsere Welt, wenn wir nur nach Kopf-Kriterien die Dinge beurteilen würden. Und wieviel weniger kreativ ... Das Foto ist ein spontaner Moment, wie er millionenfach in unserem Tag vorkommt - und sicher nicht der uninteressanteste!
Fotographie soll doch aus dem Leben kommen und das Leben widerspiegeln in all seinen Facetten. Da gehört doch auch und nicht zuletzt Spontanität dazu, sozusagen als Momentaufnahme des Lebens. Und wie im "richtigen Leben" auch gehört zur Spontanität ganz zwingend das Ausprobieren dazu!!
Also Mut dazu! Manches wird "Abfall" sein, manches wird ein "Kunstwerk" sein. Aber eines ist sicher: die Bewertung liegt immer und einzig und allein im Auge des Betrachters!! Also bitte Toleranz ... Und Respekt vor der Subjektivität, der wir alle unterliegen.
Dieter Nießner 12/05/2021 19:13
Natürlich kann man in jedes Bild etwas "hineininterpretieren". Man kann auch denen, die dazu nicht bereit sind, mangelnde Fantasie und fehlendes Kunstverständnis unterstellen.Ich denke da an manche Bilddiskussionen von herausgekehrten, oft selbst ernannten "Kunstkennern" bei Besuchen von Galerien abstrakter Kunst. Allerdings bedarf es auch an diesen Stellen eines optischen oder mentalen "Aufhängers". Das ist natürlich nur ein ganz persönliches Statement und mit Sicherheit weit entfernt theoretischer
Kunst -und Kulturwissenschaft.
Als Fotoamateur versuche ich diesen optischen bzw. mentalen roten Faden zu finden,
um möglichen Betrachtern meine Sicht auf die Dinge nahezubringen.
Sorry: ich glaube, manche Bilder sollte man sich ersparen.
Ginger57 12/05/2021 17:28
Das Foto für sich wirkt zufällig, ein Schnappschuss - vielleicht versehentlich den Auslöser erwischt -. Für sich allein betrachtet bleibt weder mein Auge daran hängen, noch drängen sich weitere Phantasien auf.Als Foto in einer Reihe kann die Wirkung aber eine ganz andere sein. Vielleicht als Dokumentation; eine Person auf dem Weg von - nach ....oder noch soeben nach irgend etwas .......flüchtig erwischt.
Im Moment bleibt für mich das Spannende bisher alleine das Geheimnis hinter der Geschichte. Insofern kann die Story dahinter zumindest doch einiges herausholen.
Mal sehen, ob dies gelingt. Wenn ich dagegen den Text der Fotografin / des Fotografen lese, dass keine Idee dahinter steckt, könnte vielleicht die Summe der Diskussionen im Forum DIE Geschichte werden.
Olaf Kandler 12/05/2021 17:23
Wir leben (leider) in einer sehr schnelllebigen Zeit. Mal eben ein Schuss aus der Hüfte mit dem Handy reicht heute scheinbar aus, um sein „Werk“ als große Kunst deklarieren zu können. Sorry, bin für vieles offen, aber das hier ist einfach nur traurig. Im www findet mal leider Millionen solcher „Schnappschüsse“.Christoph Eder 12/05/2021 17:13
Das Bild ist einfach nur schlecht!Hierüber sollte man nicht diskutieren, sondern es einfach sagen und das Bild dann löschen und fertig!
Sätze wie … einfach drauf los photographieren oder … ich brauche kein Bildthema hören sich als quasi Ausrede für diese „Speicherplatz- und Zeit-Verschwendung“ zwar gut an, es bleibt aber trotzdem nur ein Bild zum löschen!
bgc
Stephan Carduc 12/05/2021 9:28
Für mich ist das nur ein Schnappschuß, mehr nicht, ich kann dem Foto nichts abgewinnenfotobücher 12/05/2021 2:18
Seitdem ich das Buch "Drive-by Shootings" *) eines New Yorker Taxi Fahrers geschenkt bekommen hatte, faszinieren mich Bilder, die im vorbeifahren oder im vorbeigehen gemacht wurden. Bilder, über deren Herstellung der Fotograf nur wenig Kontrolle hat, aber später in der Auswahl seine Qualität als Fotograf ausspielen kann. Denn nur die gemeinsame Leistung: Fotografieren und Auswählen zusammen zeigt, wer ein gutes Bild erkennt und wer nicht.Für mich besteht der Spaß solcher Bilder am Experiment. Die nasse Scheibe, die den Blick unklar hält, der Wind, der die Haare auf interessante Weise bewegt, die Flächen der Haltestelle, der Durchblick auf die Landschaft dahinter und die durch die Bewegung erzeugten Anschnitte. Schmankerl hier: Die scheinbar gebrochenen Beine der Person aussen. Es zeigt sich hier eine Eigenschaft der digitalen Fotografie - das Bild wird nicht "alles auf einmal" aufgenommen, wie in der analogen Welt, sondern Zeilenweise. Wenn nun die Welt schneller ist, als der Sensor ausgelesen wird, gibt es Brüche. Besonders deutlich in den Panoramen, die mit Handy aufgenommen wurden - wenn sich darin sich bewegende Anteile enthalten, zB Menschen oder Tiere.Für mich hat dieses Bild etwas Poetisches: Die verrückten Wetterlagen, die der April zu schaffen imstande ist, in einem Foto zusammengefasst. Was fehlt, ist der Schneeschauer. Lasse ich mich genug auf dieses Bild ein, kann ich sogar die frische Luft riechen, die dort geweht hat. Gesehen habe ich bei meinen Fahrten mit der Straßenbahn solche Situationen sehr oft. Die Hand des Fotografen bildet für mich eine Art Signatur ab, früher wurden Werke per Fingerabdruck, später durch Unterschrift "authentisiert". So auch hier. Kein Google-Streetview (wie bei Doug Rickards "A New American Picture" **)), sondern ein Mensch fotografierte hier.
Let it flow! - Ganz wie die Haare dieser Person.
*) ( https://www.amazon.de/Drive-Shootings-Photographs-York-Driver/dp/3833112980 )
**) ( https://www.amazon.de/Doug-Rickard-New-American-Picture/dp/3863352092 )