Maschinensetzer


Premium (Pro), Niederkassel

Warme Gedanken

‘Komme gerade vom Rhein geradelt und konnte mich kaum trennen von diesem letzten richtig warmen Tag – bzw. Abend – für dieses Jahr... und der Blondine, die ein bis zwei Kölsch brachte. Resümierend, während eben bei äußerst angenehmen 22 Grad die ersten Regentropfen fielen, fiel mir dieses Bild vom 8. Juni 1985 ein, der auch ein sehr warmer Tag war, und zum dem Bild gibt es zusätzlich eine warme (thermische) Geschichte zu erzählen.

An diesem Tag hatte ich Besuch aus München, und wir wollten uns abseits des Jubiläumsgetummels noch einige Schienenbusse vornehmen! Als Alternative zu meinem normalerweise für Eisenbahnexkursionen vorgesehenen Fahrzeug

In der "grünen Hölle" – wer wagt, gewinnt!
In der "grünen Hölle" – wer wagt, gewinnt!
Maschinensetzer

erbat sich mein Gast aufgrund der hohen Temperaturen die Benutzung eines anderen Fahrzeuges – es sollte der dunkelblaue Jaguar XJ6 4.2 (Serie 2) sein. Trotz seines Alters von 13 Jahren war er immer noch der Inbegriff von Komfort und Eleganz
Zeitlose Eleganz
Zeitlose Eleganz
Maschinensetzer

und besaß sämtliche Spielereien, die den Insassen das Leben erleichtern bis hin zu der an diesem Tage besonders willkommenen Klimaautomatik.

Das Fahrzeug stammte aus den berühmten Produktionsjahren, als die 1968 gegründete "British Leyland Motor Corporation" immer mehr mit "British Elend" verballhornt wurde. Ich hatte zwar keine Probleme mit der legendären Lucas-Elektrik (Warum trinkt der Engländer warmes Bier? Weil sein Kühlschrank von Lucas ist!), dafür hatte der Motor aber thermische Probleme! Meine Nachfrage bei einem Jaguar-Spezialisten ergab, dass bei den Sechszylindern aus dieser Serie gerne ein Riss im Motorblock beim Steg zwischen dem zweiten und dritten Zylinder auftritt und somit Verbrennungsgase ins Kühlwasser gelangen, die als Gasblasen im Kühlwasser die Kühlung erschweren.

Da mir nun Dampfblasen u.ä. durch mein Hobby nicht unbekannt waren, und ich davor keine Angst hatte, beschaffte ich mir kurzerhand aus dem Heizungsbau ein automatisches Schnellentlüftungsventil und stand dann breitbeinig auf den vorderen Kotflügeln bei geöffneter Motorhaube, um ein dickes Loch in die wasserumspülte Ansaugbrücke zu bohren und dann irgendein Zollgewinde hineinzuschneiden um das Ventil einzubauen. Das Ergebnis war tatsächlich, das die Katze nun nicht nur leise schnurrend, sondern zusätzlich mit einem leisen Zischen unter der Motorhaube durch die Gegend fuhr. Die Motortemperatur blieb nun im normalen Bereich und ich bin noch zweimal mit dem Jaguar in die Toskana in Urlaub gefahren.

"Steter Tropfen höhlt den Stein" dachte ich mir dann doch, und die Sache wurde mir zu heiß. Einem Bekannten, der vornehmlich mit Diplomaten Autogeschäfte machte (Bonn war damals noch Bundeshauptstadt), gab ich den Wagen in Kommission zum Verkauf – natürlich mit dem Hinweis auf die modifizierte Dampfblasenentsorgung! Irgendwie hatte er wohl diesen Hinweis vergessen; denn er verkaufte den Jaguar ausgerechnet an einen Libyschen Scheich, der ihn mitnahm und prompt in der Wüste wegen Überhitzung liegenblieb. Eine diplomatische Affäre ist glücklicherweise daraus nicht entstanden...

Das Foto ist ein Nachschuss, und selbst bei der niedrigen fc-Auflösung ist erkennbar, daß man es damals anscheinend nicht für nötig erachtete, die rote Zugschlussscheibe auf der kurzen Strecke zwischen Bullay und Traben-Trarbach an der Mosel umzustecken, was auch auf anderen Fotos, die folgen werden, ersichtlich sein wird.

Comentarios 7

  • markus.barth 11/09/2012 20:21

    Mit so nem Schlitten zum Eisenbahnfotografieren - das hat Stil. ;-)
    Starkes Foto.
  • Thomas Jüngling 11/09/2012 13:48

    Was für eine herrliche Aufnahme, auch wenn die Bahn hier einmal im Hintergrund steht. Der Jaguar an sich ist schin eine Schönheit. Der Blick über die Landschaft ist jedoch das wirklich Beeindruckende und der Triebwagen ist eine nette kleine Ergänzung. Schönes Foto!

    Gruß Thomas
  • makna 11/09/2012 10:55

    @ Thomas: Danke für diese Impression und besonders die ausführliche Beschreibung! Nicht nur bei den vierrädrigen Gefährten von der Insel gibt es Probleme an den Motoren (irgendwo tropft da auch immer Öl - man kann quasi nicht "dichthalten"!), sondern leider auch an neuesten RR-Trent-Triebwerken (wie anders kam wohl das "Zerreißen" des einen Triebwerks an der Qantas-A380 in Singapur vom November 2010 zustande?!?). Aber die älteren "Katzen" waren und sind halt edle Gefährte - nach einem Ondit sollen Kenner stets zwei oder gar drei baugleiche zugelassen haben, denn: "Mindestens einer ist stets in der Werkstatt."
    @ Schienenbus: Nun bist Du auf diesem Foto in den Hintergrund verdrängt worden - dabei hat Dein sonores Brummen mich von Kindesbeinen an (bis zu Deinem Abschied aus Plandiensten) begleitet, und ich muss Dir sagen: Der "Maschinensetzer" hat Dich in einer typischen Situation in wunderbarer Landschaft toll festgehalten!
    @ Dieter: Leider ist das Empfangsgebäude in Traben-Trarbach nun nicht mehr an den Gleisen gelegen, und statt einem Bahnhof gibt es dort nur noch eine eingleisige "Endhaltestelle" weiter hinten, aber diese "Moselweinbahn" fährt noch !!! Guckst Du:
    http://kursbuch.bahn.de/hafas/kbview.exe/dn/KB691_H_Taeglich_G03122011.pdf?filename=KB691_H_Taeglich_G03122011.pdf&orig=sT
    BG Manfred
  • Joachim Engelbracht 11/09/2012 10:29

    @ Dieter
    Warum Geschichte? Soweit ich weiß gibt es die Strecke Bullay - Traben-Trabach noch.
    Der Fotostandpunkt müsste die linke Moselseite zwischen Reil und Kövenig sein.
    Auf der anderen Moselseite sieht man die Kirche von Enkirch.
    Der Jaguar steht da förmlich auf dem "Heißen Stein".

    Liebe Grüße: Achim
  • Klaus Kieslich 11/09/2012 5:19

    S/W ist hier die richtige Wahl
    Gruß Klaus
  • Dieter Jüngling 11/09/2012 0:25

    Und nun ist dieser schöne Streckenabschnitt schon lange Geschichte.
    Ich fahre aber immer noch dort hin. Der Trainsimulator machts möglich. Da kannman virtuell die alte Bahngeschichte wieder aufleben lassen und mit der P8 an der Mosel entlang schnaufen.
    Schöne alte Aufnahme.
    Gruß D. J.