ich geh mal davon aus, dass ihr (susi/heidrun) mit zufällig das magische einer fotografie meint.
einen anderen zufall kann ich mir nämlich nicht vorstellen. vom chaos kann kein bild gemacht werden, alles hat eine ordnung.
außerdem sprecht ihr so sehr von kunst. ich denke wir menschen sind bewußte wesen, und deshalb versuchen wir uns von uns und der welt ein bild zu machen. das es da unendlich viele sichtweisen (HCB ist eine davon) für ein und diesselbe wahrheit gibt ist klar und jeder beweis und gerede darum absolut trivial.
Ich weiß nicht, was du immer mit deiner "besonderen Leistung" willst, die jemand angeblich erbringt oder auch nicht. Ich nehme an, du trägst hier irgendwelche private Probleme in dieses Thema rein...
Meiner Meinung nach hast du Bresson und Suzuki nicht richtig verstanden, und zwar im Kernpunkt. "dann muß nur noch das Motiv da sein, wo es hin soll."
Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was Bresson sagt, und auch das Gegenteil des Zen-Denkens. Das Motiv "soll" nirgends sein, und deshalb kann ich auch nicht darauf warten, bis es da ist, wo es hin soll.
Ich hatte das ja mal anläßlich eines Fotos von Frans Lanting im Fotomagazin geschrieben. Lanting hat sich eine Stelle ausgesucht und dann jahrelang gewartet, bis alles so war, wie es sein sollte. Dann hatte er das Bild, das in seinem Kopf war, realisiert.
Bresson sagt das Gegenteil: Kein Bild im kopf, keine Erwartung, keine Voreingenommenheit, nicht soll, alles leer.
Ich weiß nicht, ob du mit intuitivem Schießen das gleiche meinst wie Suzuki und Bresson. Jedenfalls stellst du es völlig anders dar. Es geht nicht um automatisches Schießen uund Beherrschung der Technik. Und schon gar nicht darum "kennt er sein Ziel, dann muß er treffen." Denn das ziel ist ja völlig unbekannt und muß sich selbst schießen.
Auch mit deiner Mengen-Beziehung liegst du völlig daneben. Wer die Denkweise nicht nachvollziehen kann, wird auch nach Millionen Fotos nicht das machen, das ich meine. Meine Art zu Fotografieren hat mit Menge nichts zu tun.
"Zufall" hätte ich in Anführungszeichen setzen müssen. Denn natürlich läßt keineswegs der "Zufall" den zen-bogenschützen "absichtslos" ins Ziel treffen, sondern seine innere Vorbereitung und geistige Entleerung.
Sicher: Bresson war zufällig am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Zufälligerweise warst du nicht dort und Herr Maier, Müller, Schulze auch nicht. Zufälligerweise war auch Michelangelo am richtigen Ort zur richtigen Zeit, andere jedoch nicht. Zufälligerweise wurde Cezanne nicht in der Mongolei im 13. Jh. v. Chr. geboren, dann hätten wir wohl kaum mehr was von ihm gehört. In diesem Sinne ist alles Zufall und man kann niemandem wegen irgendwas einen Vorwurf machen. Deswegen mache ich das ja auch nicht. Ich sage nur meine Meinung. Kann man zur Fußballmannschaft sagen, sie spielt schlechten Fußball und Ronaldo ist ein Ball-Künstler, Berti Vogts jedoch nicht? Oder sind das alles nur Zufälle, die nicht in Bemerkungen münden dürfen, da eben Mercedes zufälligerweise gute Autos baut, Wartburg aber nicht? Zufällig, aber man kann nicht sagen: das eine ist gut, das andere schlecht. Irgendwie ist ja alles gleich?
Seltsam, daß Picasso und Van Gogh zufälligerweise eine Bildsprache verwendet haben, die manche als genial bezeichnen, Herr Maier und Frau Schmitd jedoch nicht. Reiner Zufall, da kann Picasso nix dafür, es hat keinen hintergrund, ist ihm halt so zugeflogen, Frau Maier eben nicht?
Zu Leibovitz kannst du dir denken, daß sie nicht gerade auf meiner Wellenlänge liegt. 90% Studio, zurechtgestellt, kein real life, viel Technik. Das, was sie macht, ist technisch perfekt, anerkannt und wird hochbezahlt - sowas kommt ja nicht von ungefähr. Es bleibt aber das, was ich zugespitzt "Knipserei" nenne.
Sicher empfindest du bei deiner Zartheit auch Derrick gegenüber seinen abhängig Beschäftigten als herablassend und bist überhaupt ein sehr gewissenhafter ernster Mensch, der das Leid der Welt auf seinen Schultern trägt.
In der hinsicht bin ich eben anders, das wirst du schon verkraften, eines Tages...
man kann auch über dinge nachdenken, ohne, daß einem vorher ins gesicht geschlagen wurde.
zum thema kyudo: intuitives schiessen hat nichts mit unabsichtlich ins ziel treffen zu tun. ein zen-bogenschütze schiesst automatisch, d.h. er kennt den bewegungsablauf in und auswendig. kennt er sein ziel, dann muss er treffen.
wenn du unbedingt kyudo und bresson auf einen nenner bringen willst: deiner logik nach müsste man dann nur unendlich oft ein foto machen, dann wäre schon ein gutes (nämlich eines wie von bresson) dabei.
nein, der schütze agiert nicht zufällig.
das MOTIV agiert zufällig. und das ist der unterschied. ob nun intuitives bogenschiessen, oder fotoapparat: wenn ich das gerät beherrsche, dann muss nur noch das motiv da sein, wo es hin soll. und das ist der zufall, von dem ICH rede.
bresson war zufällig am richtigen tag am richtigen platz. hat etwas gesehen, und INTUITIV den fotoapparat hochgerissen. das ist keine besondere leistung. das ist normal für jeden, der die welt einigermassen offen betrachtet. nur leider, wie das mit dem zufall so ist: er ereignet sich nicht auf kommando. darum kann man auch niemandem, der nicht fickende hunde aufs papier bringt, einen vorwurf machen.
leider bist du auf annie leibovitz überhaupt nicht eingegangen.
stattdessen:
"Ach, Harry, hol schon mal den Wagen..."
sowas nenne ich einfach nur herablassend. ich entsinne mich nicht, dir so begegnet zu sein in dieser diskussion bisher.
Natürlich formuliere ich zugespitzt. Sonst würdest du ja nicht drüber nachdenken.
PS: Keine fotografische Leistung, sondern nur der Zufall? Daraus schließe ich, daß die Filosofie von HCB ein fremdes Land für dich ist. In der spielt bekanntlich der Zufall die zentrale Rolle. Der gleiche Zufall nämlich, der den Zen-Bogenschützen unabsichtlich ins Ziel treffen läßt, dich jedoch nicht.
Ach, Harry, hol schon mal den Wagen...
hallo susi,
du schreibst aber nicht bloß eine anmerkung a la:
"wäre doch toll, wenn du mal über andere fotografische stilmittel/blickwinkel nachdenken würdest"
sondern du schreibst meist etwas wie:
"deine bilder sind schlecht, nichts besonderes, hat jeder schon so fotografiert, und überhaupt kannst du nichts, was andere nicht könnten."
ausserdem sprichst du (zumeist) den leuten (insbesondere hier in deinem privat-forum) die intelligenz und fähigkeit ab, eben diesen anderen blickwinkel der dinge anzuwenden und umzusetzen. und eben solche aussagen sind schlichtweg falsch.
woher weisst du denn, daß diese leute, welche du kritisierst nicht eben doch auch bilder a la bresson, oder eben deiner geschmacksrichtung aufnehmen könnten? vielleicht möchten die menschen heute andere dinge sehen, vielleicht ist ihnen dieser blick nicht genehm. ich persönlich z.b. mag bresson, finde aber nur wenige bilder wirklich faszinierend bzw. zum nachdenken anregend (die fickenden hunde z.b. sind großartig, wenngleich hier keine besondere fotographische leistung vollbracht wurde, sondern schlichtweg zufall regierte).
weshalb also sollte ich deinen richtlinien folgend bilder aufnehmen? ich mag eine andere art von fotographie. und diese ist nicht schlechter, als die von bresson.
wenn du sagst, portraits sind die plumpeste art, jemanden aufzunehmen, dann schau dir doch mal bilder von annie leibovitz an. ich denke, sie hat einen ganz anderen zugang zum portrait gefunden. ein anderer stil von bresson, eine andere aussage. aber nicht schlechter, oder?
Da bin ich ganz anderer Meinung: Ich bin überhaupt nicht dogmatisch, aber das kann ich ja nicht jeder Anmerkung vorausstellen. Der Einfachheit halber kritisiere oder kommentiere ich die Bilder unter meinen genannten blickwinkeln: kommunikation/ grafik/ unwiederholbarkeit.
Kann und will aber nicht immer erst darauf hinweisen, daß das natürlich meine Privatmeinung ist, der man sich keineswegs anschließen muß, ich aber bei meiner Art von journalistischer Fotografie damit die besten Ergebnisse bekomme und es auch meiner lebensfilosofie am ehesten entgegen kommt. - Soll ich das jeder Kritik voranstellen? Das ist doch für einen halbwegs intelligenten menschen sowieso klar, daß es keinen mastermind gibt, der ex cathedra vorschreiben kann, was wer für richtig, gut oder schön zu halten hat.
So gesehen: Ich lasse JEDEN anderen Stil zu, kommentiere aber aus dem Blickwinkel MEINES Stils. Warum? weil ich glaube, daß das auch dem Libellenfotografen Denkanregungen geben könnte, wenn er dafür offen wäre. Aus Sicht eines anderen libellenfotografen müßte ich natürlich sagen: Wie schön doch deine Libelle am Baumstumpf ist!!!! in solchen Kommentaren sehe ich allerdings nur geringen Wert, daher lasse ich's.
Also: Jeder kann machen und gut finden, was er will - eine Binsenweisheit. Wenn ich von Kalenderbildchen rede, dann nicht, damit irgendwer meinem Anspruch gerecht werden soll, sondern nur, um die Kinder mal auf Gedanken zu bringen, die ihnen bisher vielleicht noch fremd waren. Ganz selbstlos, du wirst es nicht glauben.
hallo susi,
"Fotos dürfen sein, was immer der Fotograf möchte. Weder müssen noch sollen sie "Kunst" sein, denn was wäre denn "Kunst"? Ich habe sowas nie behauptet."
sorry, aber das widerspricht so ziemlich jeder deiner bisherigen anmerkungen.
susi, du bist dogmatisch bis dorthinaus. du läßt ausser der art bilder, welche u.a. bresson gemacht hat, keinen anderen fotografische stil zu. menschen, kommunikation, strenge grafische komposition, unwiederholbarkeit. hör dir doch selbst mal zu. das ist dogma pur.
"Wer sich daran hält, wird viel seltener Kalenderbildchen knipsen, finde ich."
du vergleichst immer wieder äpfel mit birnen.
face it: "kalenderbildchen" haben einen ganz anderen anspruch, der mit kunst (und ich behaupte weiterhin, daß du genau darauf abzielst) überhaupt nichts zu tun hat. und auch nichts zu tun haben will.
meinetwegen denk über die bilder in der galerie, was du möchtest, macht ja jeder. aber kritisier bitte nicht bilder und fotografen, die deinem anspruch sowieso nicht gerecht werden wollen.
@Harry: Fotos dürfen sein, was immer der Fotograf möchte. Weder müssen noch sollen sie "Kunst" sein, denn was wäre denn "Kunst"? Ich habe sowas nie behauptet.
@Sigi: Das mit dem "Nicht wiederholbar" stammt nicht von Bresson, sondern von mir. Ich wollte nur ein einfaches Beurteilungskriterium einführen, das die Sache über Bresson hinaus allerdings noch erschwert. Das ist kein Dogma, hat aber viele gute Seiten. Wer sich daran hält, wird viel seltener Kalenderbildchen knipsen, finde ich.
Vereinfacht gesagt: Unwiederholbar wird ein Bild in dem Moment, wo zumindest Menschen in Kommunikation abgebildet sind - unwahrscheinlich, daß die gleiche Kommunikation nochmal so stattfindet. Darüber hinaus sollte ja die grafische Komposition streng sein. Und wenn man beides zusammennimmt: einmalige Kommunikation und einmalige Grafik, dann isses extrem unwahrscheinlich, daß sich beides in der Summe nochmal so ereignet. Solle es sich nochmal so ereignen (können), waren weder Inhalt noch Grafik einmalig – und warum sollte man Dinge fotografieren, die man auch in 10 Jahren nochmal knipsen kann? Ich jedenfalls halte lieber das fest, was sich nie mehr ereignen wird.
Zum Radfahrer vor der Treppe und dem Buchtitel seiner Biographie: Na, da bin ich aber gespannt, wer das wann wiederholen wird...
Bresson ist ja als Kind reicher Eltern in der schönen Lage gerwesen, sein ganzes Leben der Philosophie zu widmen und nie für Geld arbeiten zu müssen. Er hat sich von so ziemlich allen Strömungen seiner Zeit beeinflussen lassen, vom Surrealismus bis zum Zen. So what?
Seine Art - unter anderem - "schöne" Fotografie läßt sich kaum mehr wiederholen, weil ishc die Zeiten geändert haben. Ich bin sicher, daß er auch deshalb praktisch in den 60er Jahren aufgehört hat. erstens war ihm das permanente Herumwandern und beobachten wohl altersmäßig zu anstrengend.
Zweitens waren die alten Herren in schwarzen Anzügen und weißen Hemden, dei Friseure im weißen Kittel, die Nonnen in geschlossener Formation, die breiten Gehwege mit Schattenspielen plötzlich von den Straßen verschwunden, weil überall Autos standen, die Leute Plastikbeutel in der Hand, Turnhosen an den Beinen hatten und an jeder Ecke Plakate klebten.
Logisch, daß da eine andere art "street photography" nötig wurde, die das Knallige zum Thema machte.
Ich merke ja selbst, wie schwer es ist, in einer Großstadt heute zwischen Müllbeuteln, Autos etc. noch klare Strukturen zu erkennen, geschweige denn starke Kommunikation. Es strengt an und ist ohne Lebensphilosophie dahinter kaum zu machen. Du siehst ja an der Diskussion hier, daß das für die meisten eine völlig fremde Welt ist. Schade.
@Fredi: So entzürnt, nur weil ich meine Meinung zu deinem Bild geschrieben habe?
(Achtung: In der dt. Sprache heißt es "zum Herzeigen", nicht "zum herzeigen", "eh'" und nicht "eh", nach "interessieren" kommt ein Komma, richtig ist "ausser daß", nach Doppelpunkt geht's GROSS weiter usw.)
eines muss ich dir lassen, du traust der fotografie sehr viel zu.
aber wer theateraufführungen, in welcher art und weise auch immer, fotografiert, beweist nur, dass er/sie den konflikt zwischen abbildung und darstellung, welcher der fotografie aufgrund ihrer natur anhängt nicht im geringsten gelöst hat.
Ach Gerdi,
1. warum stellst du dann solche Fragen, die google längst beantwortet hat? Umd die Leute zu beschäftigen?
2. Ich bin wie du sehr dafür, daß jeder seinen Stil entwickeln soll. Und wenn er es nicht tut, sondern nur Kalerderbilchen nachknipst, dann sag ich es kurz. Sicher ganz in deinem Sinn.
3. Wie so viele bist auch du mit dem Gedanken der Nicht-Wiederholbarkeit völlig überfordert. Kein Wunder, erfordert der Gedankengang doch ein kleines quäntchen an Phantasie.
4. Ich bin z.B. Theaterfotografin. Du würdest dich wundern, wie drastisch sich meine Aufnahmen von denen der anderen Kollegen unterscheiden, obwohl wir in der gleichen Aufführung waren.
5. Idole? Ich bin längst selbst eines.
PS: Prima, freut mich. Aber hier diskutieren wir ja darüber, warum Cezanne, Rubens und Tizian zwar keine besseren Menschen waren als Herr Müller, aber dennoch Meister ihres Fachs. Nichtsdestotrotz erfreuen - hoffentlich - auch Herrn Müllers Bilder seine Gattin. vielleicht gehörst du ja zu denen, die Mittelmaß als toll und Tolles als übel einschätzen. Nichts dagegen, da kannst du's bis zum Kanzler bringen.
@Michi: 1. Würde ich denn was verlieren, wenn du mich ignorierst? Oder würdest du was verlieren? 2. War denn Jesus deiner Meinung nach ichbezogen und selbstgefällig?
@Heini: Wer nicht will, daß ich über ihn herrsche, den bringt her und erschlagt ihn vor meinen Augen. - Auch von Jesus
@Dirk: 1. Goethe hat geschrieben: Habe leider keine Zeit, kurz zu antworten, daher hier mein langer Brief.
2. Alle Genies waren isoliert. Es ist offensichtlich die conditio sine qua non.
3. Die fickenden Hunden gibt's wirklich, von Bresson. Das muß man erst mal sehen, rein zufällig. Warum nur hat es rein zufällig nur Bresson gesehen und niemand anders sonst?
Christian Luth 02/10/2002 10:07
verständnisproblem:ich geh mal davon aus, dass ihr (susi/heidrun) mit zufällig das magische einer fotografie meint.
einen anderen zufall kann ich mir nämlich nicht vorstellen. vom chaos kann kein bild gemacht werden, alles hat eine ordnung.
außerdem sprecht ihr so sehr von kunst. ich denke wir menschen sind bewußte wesen, und deshalb versuchen wir uns von uns und der welt ein bild zu machen. das es da unendlich viele sichtweisen (HCB ist eine davon) für ein und diesselbe wahrheit gibt ist klar und jeder beweis und gerede darum absolut trivial.
mfg ch
Susi Wille 30/09/2002 1:21
Ich weiß nicht, was du immer mit deiner "besonderen Leistung" willst, die jemand angeblich erbringt oder auch nicht. Ich nehme an, du trägst hier irgendwelche private Probleme in dieses Thema rein...Meiner Meinung nach hast du Bresson und Suzuki nicht richtig verstanden, und zwar im Kernpunkt. "dann muß nur noch das Motiv da sein, wo es hin soll."
Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was Bresson sagt, und auch das Gegenteil des Zen-Denkens. Das Motiv "soll" nirgends sein, und deshalb kann ich auch nicht darauf warten, bis es da ist, wo es hin soll.
Ich hatte das ja mal anläßlich eines Fotos von Frans Lanting im Fotomagazin geschrieben. Lanting hat sich eine Stelle ausgesucht und dann jahrelang gewartet, bis alles so war, wie es sein sollte. Dann hatte er das Bild, das in seinem Kopf war, realisiert.
Bresson sagt das Gegenteil: Kein Bild im kopf, keine Erwartung, keine Voreingenommenheit, nicht soll, alles leer.
Ich weiß nicht, ob du mit intuitivem Schießen das gleiche meinst wie Suzuki und Bresson. Jedenfalls stellst du es völlig anders dar. Es geht nicht um automatisches Schießen uund Beherrschung der Technik. Und schon gar nicht darum "kennt er sein Ziel, dann muß er treffen." Denn das ziel ist ja völlig unbekannt und muß sich selbst schießen.
Auch mit deiner Mengen-Beziehung liegst du völlig daneben. Wer die Denkweise nicht nachvollziehen kann, wird auch nach Millionen Fotos nicht das machen, das ich meine. Meine Art zu Fotografieren hat mit Menge nichts zu tun.
"Zufall" hätte ich in Anführungszeichen setzen müssen. Denn natürlich läßt keineswegs der "Zufall" den zen-bogenschützen "absichtslos" ins Ziel treffen, sondern seine innere Vorbereitung und geistige Entleerung.
Sicher: Bresson war zufällig am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Zufälligerweise warst du nicht dort und Herr Maier, Müller, Schulze auch nicht. Zufälligerweise war auch Michelangelo am richtigen Ort zur richtigen Zeit, andere jedoch nicht. Zufälligerweise wurde Cezanne nicht in der Mongolei im 13. Jh. v. Chr. geboren, dann hätten wir wohl kaum mehr was von ihm gehört. In diesem Sinne ist alles Zufall und man kann niemandem wegen irgendwas einen Vorwurf machen. Deswegen mache ich das ja auch nicht. Ich sage nur meine Meinung. Kann man zur Fußballmannschaft sagen, sie spielt schlechten Fußball und Ronaldo ist ein Ball-Künstler, Berti Vogts jedoch nicht? Oder sind das alles nur Zufälle, die nicht in Bemerkungen münden dürfen, da eben Mercedes zufälligerweise gute Autos baut, Wartburg aber nicht? Zufällig, aber man kann nicht sagen: das eine ist gut, das andere schlecht. Irgendwie ist ja alles gleich?
Seltsam, daß Picasso und Van Gogh zufälligerweise eine Bildsprache verwendet haben, die manche als genial bezeichnen, Herr Maier und Frau Schmitd jedoch nicht. Reiner Zufall, da kann Picasso nix dafür, es hat keinen hintergrund, ist ihm halt so zugeflogen, Frau Maier eben nicht?
Zu Leibovitz kannst du dir denken, daß sie nicht gerade auf meiner Wellenlänge liegt. 90% Studio, zurechtgestellt, kein real life, viel Technik. Das, was sie macht, ist technisch perfekt, anerkannt und wird hochbezahlt - sowas kommt ja nicht von ungefähr. Es bleibt aber das, was ich zugespitzt "Knipserei" nenne.
Sicher empfindest du bei deiner Zartheit auch Derrick gegenüber seinen abhängig Beschäftigten als herablassend und bist überhaupt ein sehr gewissenhafter ernster Mensch, der das Leid der Welt auf seinen Schultern trägt.
In der hinsicht bin ich eben anders, das wirst du schon verkraften, eines Tages...
Harry Siegel 29/09/2002 22:34
man kann auch über dinge nachdenken, ohne, daß einem vorher ins gesicht geschlagen wurde.zum thema kyudo: intuitives schiessen hat nichts mit unabsichtlich ins ziel treffen zu tun. ein zen-bogenschütze schiesst automatisch, d.h. er kennt den bewegungsablauf in und auswendig. kennt er sein ziel, dann muss er treffen.
wenn du unbedingt kyudo und bresson auf einen nenner bringen willst: deiner logik nach müsste man dann nur unendlich oft ein foto machen, dann wäre schon ein gutes (nämlich eines wie von bresson) dabei.
nein, der schütze agiert nicht zufällig.
das MOTIV agiert zufällig. und das ist der unterschied. ob nun intuitives bogenschiessen, oder fotoapparat: wenn ich das gerät beherrsche, dann muss nur noch das motiv da sein, wo es hin soll. und das ist der zufall, von dem ICH rede.
bresson war zufällig am richtigen tag am richtigen platz. hat etwas gesehen, und INTUITIV den fotoapparat hochgerissen. das ist keine besondere leistung. das ist normal für jeden, der die welt einigermassen offen betrachtet. nur leider, wie das mit dem zufall so ist: er ereignet sich nicht auf kommando. darum kann man auch niemandem, der nicht fickende hunde aufs papier bringt, einen vorwurf machen.
leider bist du auf annie leibovitz überhaupt nicht eingegangen.
stattdessen:
"Ach, Harry, hol schon mal den Wagen..."
sowas nenne ich einfach nur herablassend. ich entsinne mich nicht, dir so begegnet zu sein in dieser diskussion bisher.
grüße,
der harry
Susi Wille 29/09/2002 19:46
Natürlich formuliere ich zugespitzt. Sonst würdest du ja nicht drüber nachdenken.PS: Keine fotografische Leistung, sondern nur der Zufall? Daraus schließe ich, daß die Filosofie von HCB ein fremdes Land für dich ist. In der spielt bekanntlich der Zufall die zentrale Rolle. Der gleiche Zufall nämlich, der den Zen-Bogenschützen unabsichtlich ins Ziel treffen läßt, dich jedoch nicht.
Ach, Harry, hol schon mal den Wagen...
Harry Siegel 29/09/2002 19:23
hallo susi,du schreibst aber nicht bloß eine anmerkung a la:
"wäre doch toll, wenn du mal über andere fotografische stilmittel/blickwinkel nachdenken würdest"
sondern du schreibst meist etwas wie:
"deine bilder sind schlecht, nichts besonderes, hat jeder schon so fotografiert, und überhaupt kannst du nichts, was andere nicht könnten."
ausserdem sprichst du (zumeist) den leuten (insbesondere hier in deinem privat-forum) die intelligenz und fähigkeit ab, eben diesen anderen blickwinkel der dinge anzuwenden und umzusetzen. und eben solche aussagen sind schlichtweg falsch.
woher weisst du denn, daß diese leute, welche du kritisierst nicht eben doch auch bilder a la bresson, oder eben deiner geschmacksrichtung aufnehmen könnten? vielleicht möchten die menschen heute andere dinge sehen, vielleicht ist ihnen dieser blick nicht genehm. ich persönlich z.b. mag bresson, finde aber nur wenige bilder wirklich faszinierend bzw. zum nachdenken anregend (die fickenden hunde z.b. sind großartig, wenngleich hier keine besondere fotographische leistung vollbracht wurde, sondern schlichtweg zufall regierte).
weshalb also sollte ich deinen richtlinien folgend bilder aufnehmen? ich mag eine andere art von fotographie. und diese ist nicht schlechter, als die von bresson.
wenn du sagst, portraits sind die plumpeste art, jemanden aufzunehmen, dann schau dir doch mal bilder von annie leibovitz an. ich denke, sie hat einen ganz anderen zugang zum portrait gefunden. ein anderer stil von bresson, eine andere aussage. aber nicht schlechter, oder?
grüße,
der harry
Anton Klocker 29/09/2002 18:49
schade, dass du alle bilder gelöscht hast!hat man dich verärgert oder was ist los?
Susi Wille 29/09/2002 2:08
Da bin ich ganz anderer Meinung: Ich bin überhaupt nicht dogmatisch, aber das kann ich ja nicht jeder Anmerkung vorausstellen. Der Einfachheit halber kritisiere oder kommentiere ich die Bilder unter meinen genannten blickwinkeln: kommunikation/ grafik/ unwiederholbarkeit.Kann und will aber nicht immer erst darauf hinweisen, daß das natürlich meine Privatmeinung ist, der man sich keineswegs anschließen muß, ich aber bei meiner Art von journalistischer Fotografie damit die besten Ergebnisse bekomme und es auch meiner lebensfilosofie am ehesten entgegen kommt. - Soll ich das jeder Kritik voranstellen? Das ist doch für einen halbwegs intelligenten menschen sowieso klar, daß es keinen mastermind gibt, der ex cathedra vorschreiben kann, was wer für richtig, gut oder schön zu halten hat.
So gesehen: Ich lasse JEDEN anderen Stil zu, kommentiere aber aus dem Blickwinkel MEINES Stils. Warum? weil ich glaube, daß das auch dem Libellenfotografen Denkanregungen geben könnte, wenn er dafür offen wäre. Aus Sicht eines anderen libellenfotografen müßte ich natürlich sagen: Wie schön doch deine Libelle am Baumstumpf ist!!!! in solchen Kommentaren sehe ich allerdings nur geringen Wert, daher lasse ich's.
Also: Jeder kann machen und gut finden, was er will - eine Binsenweisheit. Wenn ich von Kalenderbildchen rede, dann nicht, damit irgendwer meinem Anspruch gerecht werden soll, sondern nur, um die Kinder mal auf Gedanken zu bringen, die ihnen bisher vielleicht noch fremd waren. Ganz selbstlos, du wirst es nicht glauben.
Harry Siegel 28/09/2002 18:30
hallo susi,"Fotos dürfen sein, was immer der Fotograf möchte. Weder müssen noch sollen sie "Kunst" sein, denn was wäre denn "Kunst"? Ich habe sowas nie behauptet."
sorry, aber das widerspricht so ziemlich jeder deiner bisherigen anmerkungen.
susi, du bist dogmatisch bis dorthinaus. du läßt ausser der art bilder, welche u.a. bresson gemacht hat, keinen anderen fotografische stil zu. menschen, kommunikation, strenge grafische komposition, unwiederholbarkeit. hör dir doch selbst mal zu. das ist dogma pur.
"Wer sich daran hält, wird viel seltener Kalenderbildchen knipsen, finde ich."
du vergleichst immer wieder äpfel mit birnen.
face it: "kalenderbildchen" haben einen ganz anderen anspruch, der mit kunst (und ich behaupte weiterhin, daß du genau darauf abzielst) überhaupt nichts zu tun hat. und auch nichts zu tun haben will.
meinetwegen denk über die bilder in der galerie, was du möchtest, macht ja jeder. aber kritisier bitte nicht bilder und fotografen, die deinem anspruch sowieso nicht gerecht werden wollen.
grüße,
der harry
Susi Wille 28/09/2002 17:45
@Harry: Fotos dürfen sein, was immer der Fotograf möchte. Weder müssen noch sollen sie "Kunst" sein, denn was wäre denn "Kunst"? Ich habe sowas nie behauptet.@Sigi: Das mit dem "Nicht wiederholbar" stammt nicht von Bresson, sondern von mir. Ich wollte nur ein einfaches Beurteilungskriterium einführen, das die Sache über Bresson hinaus allerdings noch erschwert. Das ist kein Dogma, hat aber viele gute Seiten. Wer sich daran hält, wird viel seltener Kalenderbildchen knipsen, finde ich.
Vereinfacht gesagt: Unwiederholbar wird ein Bild in dem Moment, wo zumindest Menschen in Kommunikation abgebildet sind - unwahrscheinlich, daß die gleiche Kommunikation nochmal so stattfindet. Darüber hinaus sollte ja die grafische Komposition streng sein. Und wenn man beides zusammennimmt: einmalige Kommunikation und einmalige Grafik, dann isses extrem unwahrscheinlich, daß sich beides in der Summe nochmal so ereignet. Solle es sich nochmal so ereignen (können), waren weder Inhalt noch Grafik einmalig – und warum sollte man Dinge fotografieren, die man auch in 10 Jahren nochmal knipsen kann? Ich jedenfalls halte lieber das fest, was sich nie mehr ereignen wird.
Zum Radfahrer vor der Treppe und dem Buchtitel seiner Biographie: Na, da bin ich aber gespannt, wer das wann wiederholen wird...
Bresson ist ja als Kind reicher Eltern in der schönen Lage gerwesen, sein ganzes Leben der Philosophie zu widmen und nie für Geld arbeiten zu müssen. Er hat sich von so ziemlich allen Strömungen seiner Zeit beeinflussen lassen, vom Surrealismus bis zum Zen. So what?
Seine Art - unter anderem - "schöne" Fotografie läßt sich kaum mehr wiederholen, weil ishc die Zeiten geändert haben. Ich bin sicher, daß er auch deshalb praktisch in den 60er Jahren aufgehört hat. erstens war ihm das permanente Herumwandern und beobachten wohl altersmäßig zu anstrengend.
Zweitens waren die alten Herren in schwarzen Anzügen und weißen Hemden, dei Friseure im weißen Kittel, die Nonnen in geschlossener Formation, die breiten Gehwege mit Schattenspielen plötzlich von den Straßen verschwunden, weil überall Autos standen, die Leute Plastikbeutel in der Hand, Turnhosen an den Beinen hatten und an jeder Ecke Plakate klebten.
Logisch, daß da eine andere art "street photography" nötig wurde, die das Knallige zum Thema machte.
Ich merke ja selbst, wie schwer es ist, in einer Großstadt heute zwischen Müllbeuteln, Autos etc. noch klare Strukturen zu erkennen, geschweige denn starke Kommunikation. Es strengt an und ist ohne Lebensphilosophie dahinter kaum zu machen. Du siehst ja an der Diskussion hier, daß das für die meisten eine völlig fremde Welt ist. Schade.
Harry Siegel 28/09/2002 12:24
hallo susi,muss denn jedes foto gleich kunst sein? und weiter: wer bestimmt dann, was kunst ist und was nicht?
grüße,
der harry
Susi Wille 27/09/2002 15:17
@Fredi: So entzürnt, nur weil ich meine Meinung zu deinem Bild geschrieben habe?(Achtung: In der dt. Sprache heißt es "zum Herzeigen", nicht "zum herzeigen", "eh'" und nicht "eh", nach "interessieren" kommt ein Komma, richtig ist "ausser daß", nach Doppelpunkt geht's GROSS weiter usw.)
Susi Wille 25/09/2002 21:26
Da magst du ja vielleicht Recht haben. Und? Hast DU denn den besagten Konflikt gelöst, den du mir sicher noch mal in klaren Worten beschreiben kannst?Christian Luth 24/09/2002 9:27
werte susi,eines muss ich dir lassen, du traust der fotografie sehr viel zu.
aber wer theateraufführungen, in welcher art und weise auch immer, fotografiert, beweist nur, dass er/sie den konflikt zwischen abbildung und darstellung, welcher der fotografie aufgrund ihrer natur anhängt nicht im geringsten gelöst hat.
mfg ch
Susi Wille 21/09/2002 23:38
Ach Gerdi,1. warum stellst du dann solche Fragen, die google längst beantwortet hat? Umd die Leute zu beschäftigen?
2. Ich bin wie du sehr dafür, daß jeder seinen Stil entwickeln soll. Und wenn er es nicht tut, sondern nur Kalerderbilchen nachknipst, dann sag ich es kurz. Sicher ganz in deinem Sinn.
3. Wie so viele bist auch du mit dem Gedanken der Nicht-Wiederholbarkeit völlig überfordert. Kein Wunder, erfordert der Gedankengang doch ein kleines quäntchen an Phantasie.
4. Ich bin z.B. Theaterfotografin. Du würdest dich wundern, wie drastisch sich meine Aufnahmen von denen der anderen Kollegen unterscheiden, obwohl wir in der gleichen Aufführung waren.
5. Idole? Ich bin längst selbst eines.
PS: Prima, freut mich. Aber hier diskutieren wir ja darüber, warum Cezanne, Rubens und Tizian zwar keine besseren Menschen waren als Herr Müller, aber dennoch Meister ihres Fachs. Nichtsdestotrotz erfreuen - hoffentlich - auch Herrn Müllers Bilder seine Gattin. vielleicht gehörst du ja zu denen, die Mittelmaß als toll und Tolles als übel einschätzen. Nichts dagegen, da kannst du's bis zum Kanzler bringen.
Susi Wille 20/09/2002 0:46
@Michi: 1. Würde ich denn was verlieren, wenn du mich ignorierst? Oder würdest du was verlieren? 2. War denn Jesus deiner Meinung nach ichbezogen und selbstgefällig?@Heini: Wer nicht will, daß ich über ihn herrsche, den bringt her und erschlagt ihn vor meinen Augen. - Auch von Jesus
@Dirk: 1. Goethe hat geschrieben: Habe leider keine Zeit, kurz zu antworten, daher hier mein langer Brief.
2. Alle Genies waren isoliert. Es ist offensichtlich die conditio sine qua non.
3. Die fickenden Hunden gibt's wirklich, von Bresson. Das muß man erst mal sehen, rein zufällig. Warum nur hat es rein zufällig nur Bresson gesehen und niemand anders sonst?