Alter Mann und die Stadt
Ich war ein bisschen genervt, weil mit der Kellner kein Leitungswasser zu meiner Pizza geben wollte. Dann kam er doch lachend mit einem Glas, stellte es auf den Tisch und legte den Finger auf den Mund. Der Chef dürfe davon nicht erfahren. Ich nickte und sah auf die Piazza. Ein Stadtarbeiter spritzte noch einmal den rings um den Platz verteilten Sand. Morgen früh würden genau an dieser Stelle Pferde pfeilschnell an den Zuschauern vorbeigaloppieren während ihre Jockeys versuchten, sich aus den Sätteln zu prügeln. Festgepresst konnte der feuchte Sand auf der Piazza in Siena nicht aufgewirbelt werden und das Gaffen der Touristenströme zur Qual machen. Schon jetzt war die Stadt voll von ihnen. Ich zahlte, ging und presste mich durch Eis essende Fleischklopsfamilien mit bunten Hüten und riesigen Kameras. Ich verließ die Piazza über eine kleine Anhöhe und setzte mich auf einen Poller am Ende der Seitengasse. Gegenüber hatten ein Mann und sein Hund Platz genommen. Ob er hier wohnte? Es war nicht leicht ihn zu beobachten. Immer wieder schoben sich Touristengruppen in mein Blickfeld. Erst als ich für alle sichtbar, die Kamera auf den Poller legte, stoppte der Strom für ein paar Sekunden. Touristen mögen vieles übersehen, was es zu sehen gibt. Nicht aber, wenn jemand ein Foto machen will. Dieses eine Mal war ich ihnen sogar dankbar dafür.
Adrena Lin 20/06/2007 9:09
Ein wunderbar schöner gefühlvoller Augenblick, den Du eingefangen hast, es gefälllt mir sehr.Toll.Deine Beschreibung der Momente, bis Du das Foto "knipst", ist sehr anschaulich, lustig, man sieht den Platz, die lauten Massen direkt vor sich, Super !
Ich kenne den Platz, aber im normalen, touristischen Zustand, ohne Pferderennen.
Gratuliere, Toll !
LG Andrea