Matthias von Schramm


Premium (World), Hamburg

Fleisch

22. August 2009 - viel Farbe und schön unterwegs mit

Jutta Schär und

video http://www.youtube.com/watch?v=xEgL0wTn0WI

Alafia Afrikafestival in HH Ottensen 09 - 10
Alafia Afrikafestival in HH Ottensen 09 - 10
Matthias von Schramm


Alafia Afrikafestival in HH Ottensen 09 - 9
Alafia Afrikafestival in HH Ottensen 09 - 9
Matthias von Schramm


Fleisch

Liebe im Büro. Die eine Kollegin betritt die enge intime Aura um meinen Schreibtisch herum und die andere schaut zu, weil es bei uns in der Firma höchstens angelehnte Türen gibt. Die eine bückt sich, stellt eine beiläufige Frage und teilt den Kopierer mit mir ohne Not. Der Anderen beschlägt die Brille und ihr fällt der Kaffeebecher zu Boden mit dem Glücksschwein drauf.

„Scheiße!“ ruft sie.
„Kann ich ihnen helfen Frau Tingeling?“, fragt die Frau am Kopierer, schneidet flugs ein Herz aus, faltet einen Flieger und wirft ihn mir zu.
„Geht schon!“, beschwichtigt Frau Tingeling, welche zu Boden sieht und somit den Papierflieger verpasst. Die gute Kollegin Frau Maschenroth geht Frau Tingeling doch zur Hand und bemüht sich beim Aufkehren als beflissene Assistentin. Frau Tingeling nimmt die Hilfe halbherzig entgegen und schenkt mir ein kurzes hastiges Lächeln, als Frau Maschenroth mit Kopf nach unten und zerzausten Haaren im Gesicht, Kehrblech und Feger bedient.

Dann toaste ich mitgebrachtes Fertigfleisch auf meinem Schreibtisch. Verdammt praktisch so ein Toaster am Arbeitsplatz. Ich mache Mittag, habe morgens noch die panierten Gaben in meinem Gefrierfach gefunden und bin jetzt froh. Es stört mich niemand. Das Telefon läutet nicht, immerhin eine gute halbe Stunde lang. Ich kaue schwer am Mittagssnack, spüre Knorpel zwischen den Zähnen. Ich verdaue auch mühsam und komme am Nachmittag nur allmählich in den Tritt.

Da ich noch ein paar fehlende Zahlen benötige, mache ich mich bald auf zum Büro von Frau Tingeling. Sie hängt mit ausgestreckten Beinen in ihrem Bürosessel. Ein tiefroter Fleck besudelt ihre weiße Bluse. Mit Zeige- und Mittelfinger suche ich nach Puls am Hals. Sie ist tot. Frau Maschenroth steht am Fenster des Raumes und steckt eine kleine silberne Waffe in ihre Handtasche.

Auf dem Nachhauseweg öffne ich den Papierflieger von Frau Maschenroth. Es ist eine Einladung zum Abendessen bei ihr daheim.

Frau Maschenroth öffnet im roten, festlichen Kleid. Das Essen ist vorzüglich. Es gibt Wildente im Orangenjuice. Wir plaudern gezwungen. Es ist halt nicht einfach, den Arbeitsalltag unter KollegInnen abzulegen.


6. Dezember 2009

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