Leonardo kopiert

Leonardo kopiert

Wer in Mailand im Speisesaal des Dominikanerklosters Santa Maria delle Grazie das große Abendmahlsbild von Leonardo da Vinci besucht, ist oft enttäuscht, weil kaum noch Details zu erkennen sind. Schon zu Lebzeiten Leonardos begann der Zerfallsprozess. Mehrere Restaurierungen haben dem Werk mehr geschadet als genützt. Aber es gibt eine Abhilfe, und man muss dazu nicht bis Mailand fahren.

Von 1952-54 malte der Düsseldorfer Kunstmaler Friedrich Schütz eine Nachbildung des Gemäldes mit den Abmessungen des Originals (9 Meter auf 4,20 Meter) im Altarraum der evangelischen Kirche in Haigerloch im Zollernalbkreis. Sein Bruder war damals Pfarrer in Haigerloch. Der Altarraum der Kirche musste zu diesem Zweck leicht umgebaut werden.

Schütz studierte das Bild Leonardos in Mailand, die Vorstudien Leonardos und viele Kopien auf mehreren Reisen nach Italien und in europäische Länder.

Leonardo verzichtete auf Heiligenscheine und auch auf eine damals übliche Isolierung des Verräters Judas. In vielen älteren Darstellungen sitzt Judas mit dem Rücken zum Betrachter auf der anderen Tischseite. Leonardo malte den Moment, als Jesus bei seinem letzen Mahl mit den zwölf Jüngern den Satz sagte: "Einer von euch wird mich verraten" (Matthäus 26,21). Die zwölf Jünger reagieren darauf sehr unterschiedlich. Das genau versuchte Leonardo darzustellen. Es wird von einem Zeitgenossen berichtet, dass Leonardo immer wieder zu dem Bild kam ohne weiter zu malen. Er blieb oft stundenlang vor den halbfertigen Figuren stehen wie in Zwiesprache mit ihnen. Es sei ihm vor allem schwergefallen, für Jesus und Judas geeignete Darstellungen zu finden. Für den einen wie für den anderen würde er keine menschliche Entsprechung finden.

Die Reihenfolge der Jünger von links nach rechts:

Bartholomäus (empört),
Jakobus der Jüngere (starr vor Schreck),
Andreas ("ich doch nicht!"),
Judas Iskariot (im Halbschatten, mit Geldsäckchen),
Simon Petrus (aufbrausend),
Johannes (sanft, abwartend; Interpreten meinen in ihm Maria Magdalena zu erkennen),
Jesus in der Mitte (ruhig, auf ihn ist alles ausgerichtet),
Thomas ("Wehe dem Verräter!"),
Jakobus der Ältere (breitet weit seine Arme aus),
Philippus (tief betroffen, kann das nicht glauben),
Matthäus (er zweifelt: "Kann das stimmen?"),
Thaddäus (fragt ungläubig),
Simon der Zelot (versucht das Unfassbare zu begreifen).

Leonardo da Vincis Abendmahl halten viele für das aussagenstärkste Bild der Kunstgeschichte.

www.abendmahlsbild.de