Lockdowntagebuch - Elli 1
Elli stand kurz vor dem Abitur als der erste Lockdown kam. Sie musste miterleben, wie die Politik im Schlingerkurs versucht hat, irgendwie die Abiturprüfungen und die Vorbereitung für das Abitur zu planen. Sie hätte sich mehr Klarheit und eindeutige Informationen gewünscht. Stattdessen gab es Gerüchte. Aber am Ende hat sie es geschafft – denn sie ist immer eine sehr gute Schülerin gewesen.
Für sie waren die kommenden Monate schwer, weil sie mit dem Abi ihr gesamtes soziales Umfeld verloren hat. Die Schulfreunde zogen weg. Eigentlich wäre jetzt das Studium gekommen.
Aber neue Bekanntschaften online schließen ist schwierig. Elli hat ihre ersten beiden Semester fast ausschließlich online studiert. Trotzdem hat sie es geschafft, Kommilitonen kennenzulernen. Lerngruppen zu bilden. Aber persönliche Treffen gab es fast keine. Auch die Freundschaften beschränkten sich auf den Monitor. Persönliche Treffen kann sie an den Fingern einer Hand abzählen.
Die Unis blieben ein Jahr lang komplett zu. Egal wie niedrig die Inzidenzen waren und egal, was alles geöffnet war.
Ellis Schwestern sind zwischendurch monatelang in die Schule gegangen, während Elli immer noch auf ihre erste Präsenzvorlesung gewartet hat. Zum Glück waren Elli und ihre Schwestern vernünftig. Die ungerechte Lebenssituation konnte keinen Keil zwischen sie treiben.
Ihr drittes Semester fand immerhin zur Hälfte der Vorlesungen in Präsenz statt. Jetzt waren die Kommilitonen auch alle in Aachen und konnten sich zwischendurch privat treffen. In Präsenz. Ein wenig Normalität für Elli.
Aber die Realität im dritten Semester war auch sehr frustrierend. Denn wieder hat auch die niedrigste Inzidenz nichts genutzt. Die Unis sind nie zum vollen Präsenzbetrieb zurückgekehrt. Während in den Discos und Clubs fröhlich gefeiert wurde. Fernsehübertragungen von Veranstaltungen mit vollen Hallen ohne Abstand und Maske müssen sich für Elli in dieser Zeit wie eine Ohrfeige angefühlt haben.
Fotobock 23/01/2022 13:36
Die Erfahrungen sind leider oft zu hören in der heutigen Zeit. Für viele junge Menschen eine Belastung. Die Maßnahmen haben viel zerstört. Die jungen Menschen sitzen vor dem Computer alleine den ganzen Tag, statt mit ihren Mitschülern zusammen zu arbeiten. Sie erhalten kaum Unterstützung. Ich habe zumindest gehört, dass man hier beim Abi hier und da ein wenig das Auge zugedrückt hatte, weil es nicht möglich war die nötigen Prüfungen (ich denke davor) abzulegen. Hilft aber auch nicht wirklich. Der Computer auf dem Bild wie eine mahnende leuchtende Wand- eigentlich Glück, wer so eine Möglichkeit hat, vielen ist das auch nicht gegeben. Sehr schwer für unsere Kinder. lg BarbaraA.-J. O. 23/01/2022 11:26
So unterschiedlich sind die Erfahrungen und ich wäre manches Mal zu neugierig, ob dies „systemische” oder persönliche Gründe hat.Unser Jüngster hat sein Abi in der ersten Welle gemacht, die bei uns früher losbrach als anderswo. Die Abitur-Klassen hatten zu Beginn 2020 praktisch keinen Unterricht mehr, die Vorbereitungen auf die Prüfungen fanden nur online oder quasi via E-Mail statt, die Prüfungen standen lange auf der Kippe und wurden dann unter Maskenpflicht abgehalten.
EIN DICKES, DICKES LOB an dieser Stelle für all die Lehrerinnen und Lehrer, die damals (und heute) praktisch aus dem Stegreif und ohne substantielle Unterstützung seitens Behörden etc. hier – trotz allem Mangel – schier Unglaubliches auf die Beine gestellt haben und zum Teil auch stunden- und kilometerlange Wege auf sich genommen haben, um ihre Schülerinnen und Schüler bei der Stange zu halten!!!
Anfang 2020 war alles sehr ungewohnt und mehr als holperig, aber da der Abi-Stoff schon 2019 komplett abgearbeitet war und nur wiederholt werden musste, machbar.
Der Stoff fürs zweite Halbjahr fiel dann natürlich komplett aus – was ich jammerschade fand, weil ein, zwei „Bonusthemen” wirklich interessant und „gewinnbringend” geklungen hatten.
Über das Leben an der Uni schrieb ich ja bereits. Der Mehrwert der Präsenz hält sich zumindest in manchen Fachbereichen in argen Grenzen.
An einem Punkt allerdings hat Corona wirklich alle Pläne über den Haufen geworfen und Türen geschlossen, die sich wohl auch auf absehbare Zeit nicht wieder zu öffnen scheinen: Alle Pläne zu Auslandsaufenthalten vor, während oder nach Schule oder Studium waren von einem Tag auf den anderen Makulatur. Dies lag aber daran, dass andere Länder einen wesentlich rigoroseren Kurs fuhren – und bis heute fahren – als wir.