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Niva er so wertvoll wie heute...

Niva er so wertvoll wie heute...

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† Sebastian Haerter


Premium (World), Neubrandenburg

Niva er so wertvoll wie heute...

Eine kleine Hommage zum 30-jährigen Jubiläum an den alten Kempen:

Er hat überlebt. Seit drei Jahrzehnten. Der Lada Niva ist einfach nicht totzukriegen. Seit 1977 gibt es den Russen unter den Geländewagen äußerlich nahezu unverändert in Deutschland zu kaufen - bis 1989 als fast unerreichbares Traumauto in der DDR, als unschlagbar preiswerten Allradler im Westen. Und so weiß man bei flüchtigem Hinsehen nie, ob man gerade einen Neu- oder einen Gebrauchtwagen vor sich hat, so marginal sind die Unterschiede zwischen alten und neuen Nivas. Behutsame Modellpflege nennt man das wohl.

Bei Lada-Händlern wie Auto-Pfeffer in Güstrow kann man den weltweiten Exportschlager aus Togliatti besichtigen und natürlich auch kaufen. Fast ist es, als besuche man einen alten Bekannten, den man lange nicht gesehen hat. So mag es etlichen Leuten gehen, denn der fabrikneue Oldtimer verkauft sich in geringer Stückzahl nach wie vor, wie Inhaber Silvio Pfeffer weiß. Kunden sind vor allem Jäger, Förster und Landwirte.

Auch die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg fördert Erstaunliches zutage: Von Januar 2006 bis Januar 2007 konnte der Verkauf des Niva deutschlandweit um 13,7 Prozent zulegen. Mit einem Bestand von 7553 Fahrzeugen und 0,6 Prozent Marktanteil steht er auf Augenhöhe mit Offroad-Kapazitäten wie dem Range-Rover oder dem Nissan Pathfinder. Der Aha-Effekt auf der Straße ist allerdings beim Russen ungleich größer, obwohl er kürzer als ein VW Polo ist - das bleibt japanischer Massenware wie einem Mitsubishi Pajero wohl für immer verwehrt.

Was Wunder: Kein Windkanal hat den Charakter-Kubus Niva in 30 Jahren rundlutschen können, kein Schnickschnack stört an der Karosserie die omnipräsenten 90-Grad-Winkel, deren optische Prägnanz sich über Jahrzehnte ins Autogedächtnis hat einbrennen können. Den eher peinlichen Bullenfänger am Geburtstags-Sondermodell "Edition 30" kann man sicher auch demontieren. Er will nicht so recht an die Ikone des russischen Geländewagenbaus passen. Einen Rembrandt steckt man schließlich auch nicht in einen verchromten Bilderrahmen... Hektische Modellwechsel jedenfalls sind der russischen Seele fremd. Auch mit einem 30 Jahre alten Niva sieht man auf der Straße nicht alt aus. So schafft man Klassiker, bleibende Werte. Da wird sich nicht um jeden Preis an den Zeitgeist angebiedert.

Derart lange Laufzeiten wie beim Niva können nur noch äußerlich ähnlich behutsam renovierte Klassiker der Offroad- Szene wie Mercedes G oder Landrover Defender aufweisen, die ebenso eckig und unverwechselbar sind. Allerdings haben beide einen entscheidenden Nachteil gegenüber dem Klassiker aus dem Lande Lenins: Der eine kostet mindestens das Sechsfache des Gelände-Russen, der andere zweieinhalb mal so viel. Steigt man in den Niva, weiß man allerdings auch warum. Die Türgriffe außen wie innen zum Beispiel kennen wir noch von einem anderen DDR- Traumwagen, dem Lada 1200, die Innenleuchten ebenso.

Die recht bequemen Sitze - wohlgemerkt vorn! - sind wohl ein Erbe des Samara, ebenso wie die filigranen Belüftungsgitter. Ein buntes Sammelsurium aus dem Lada-Regal. Doch das ficht die wahre Niva-Fans nicht an: "Das ist ein Auto der Kompromisse", bekräftigt Silvio Pfeffer. Dessen sind sich die Lada-Kunden auch bewusst. Das Armaturenbrett und die Innenverkleidung zum Beispiel sind ein Grusel-Gruß aus den 70ern, der nicht nur optisch sondern auch olfaktorisch eine Offenbarung ist. Da muss der Niva- Eigner ganz tapfer sein.

Und er muss verzichten können: Airbag, ABS, ESP, ASR? Das ist Konterrevolution und ebenso wenig lieferbar wie eine andere Motorenvariante als der 1,7-Liter-Benziner mit 81 PS oder eine Klimaanlage. Dafür könnte die Heizung des Nivas - typisch Lada - allein einen erklecklichen Beitrag zum Abschmelzen der Polkappen leisten, so kräftig erhitzt sie bei Bedarf den Innenraum. Immerhin gerät der Niva-Fahrer beim Lenken nicht mehr so ins Schwitzen - dank der seit einiger Zeit serienmäßigen Servolenkung entfällt vor dem Kauf des Offroaders der Besuch in der Mucki-Bude. So kann man den kompakten Russen gut durchs Gelände zirkeln. Dort, wo er zuhause ist. Dort, wo er den weich gespülten SUVs, SAVs und anderen Softroadern mal so richtig zeigen kann, wo Luis Trenker das Edelweiß pflückt. 58 Prozent Steigfähigkeit, 86 Zentimeter Wattiefe, 48° Kippwinkel - das sind die wahren Werte des Lada Niva. Da ist Ehrfurcht angebracht. Permanenter Allradantrieb, Verteilergetriebe und manuell sperrbares Zentraldifferential mit Geländereduktion sind die Geheimwaffen, mit denen der vergleichsweise leichte Russe die fetten Möchtegern-Geländewagen der Gegenwart jederzeit auf der nassen Wiese stehen lässt.

Von der sie der Niva aber auch wieder generös befreien kann: Bei Bedarf zieht er bis zu 1,9 Tonnen Anhängelast. Und er lässt sich sogar auf preiswertes Autogas (LPG) umrüsten, so dass man wahlweise mit Gas oder Benzin fahren kann. Nützliche Extras Die Aufpreisliste umfasst so nützliche Extras wie einen Gewehrhalter, eine Wildwanne, Trittbretter oder extra Fernscheinwerfer. Selbst ein Navigationsgerät kann der Niva- Fahrer erwerben. Aber das ist wohl überflüssig - wenn es auf der Straße nicht mehr weitergeht, sucht sich der Niva ohnehin seinen Weg durchs Gelände. Dafür ist der kantige Russe schließlich gemacht. Na dann: Fsjewo charoschewo, Niva!

Canon EOS 350d, Tamron 2,8/28-75

Comentarios 1

  • Etania 14/08/2009 13:45

    Danke für deine Hommage und das Bild.
    Der Bullenfänger ist tatsächlich der einzige Stildefekt.
    Und wer die Welt erkunden will,
    sollte olfaktorischen und anderen Stress aushalten können.
    LG Etan