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Nur zwei Dinge

[Waldfriedhof Dahlem, Hüttenweg 47, Berlin-Dahlem • 30. April 2024]

Gottfried Benn (2. Mai 1886 Mansfeld in der Westprignitz – 7. Juli 1956 West-Berlin), Ehrengrab 004 / 700 27W-31

Benn entstammte einer bigotten Pfarrersfamilie und brach sein verhasstes Theologiestudium ab.
Er setzte sich durch, Medizin zu studieren, und sammelte Erfahrungen als Militärarzt im Ersten Weltkrieg.
Dadurch entwickelte er eine tiefe Abneigung gegen den Militarismus und die Arroganz der preußischen Offiziere.

Seine Bestimmung fand er allerdings als Lyriker und Essayist; er schrieb im Stil des Expressionismus.
Seine Begeisterung für den Nationalsozialismus legte sich schnell, er wurde aber nicht verboten.
Thomas Mann, Alfred Döblin und Ricarda Huch waren konsequenter und verließen die Akademie der Künste.

Stilistisch inspirierte er bekannte Vertreter der nächsten Generation, u.a. Peter Rühmkorf und Heiner Müller.
In der DDR wurden seine Werke wegen der fehlenden Distanz zum Faschismus nicht verlegt.
Dennoch gilt sein unpolitisches Werk als Leuchtturm der literarischen Moderne. Sein bedeutendstes Gedicht:

"Nur zwei Dinge" (1953)

Durch so viel Formen geschritten,
durch Ich und Wir und Du,
doch alles blieb erlitten
durch die ewige Frage: wozu?

Das ist eine Kinderfrage.
Dir wurde erst spät bewusst,
es gibt nur eines: ertrage
– ob Sinn, ob Sucht, ob Sage –
dein fernbestimmtes: Du musst.

Ob Rosen, ob Schnee, ob Meere,
was alles erblühte, verblich,
es gibt nur zwei Dinge: die Leere
und das gezeichnete Ich.

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