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homwico


Premium (Complete), Coburg

1374 Night falls!

Ein weiter Blick über das Lavageröllfeld. Links am Bildrand taucht die Piste der Austurleið auf, sie zeigt wieder die typischen Wellen im „Waschbrett“ – Muster. Im Hintergrund am Horizont erkennt man das schneebedeckte Gletschergebiet des Kverkfjöll-Massivs in südwestlicher Richtung. Ich bin in Aufbruchstimmung und werde gleich meine Kamera und das Zubehör zusammenpacken, damit ich nicht in Versuchung komme, nochmals zu halten. Ich habe noch etwa 90 Minuten Fahrt vor mir, auch wenn das Ziel schon scheinbar greifbar nahe liegt.
Der Rest des abenteuerlichen Tages, geschildert in Kurzform, ich hätte es gern mit Bildern dokumentiert, klingt wie folgt aus:
Nach etwa 15 Minuten (gut 8 Kilometer) erreiche ich den Abzweig zur F903 (Hvannalindavergur). Die Austurleið (F910) knickt hier scharf rechts ab, und nach weiteren 2,6 Kilometern führt nach links die F902, die Kverkfjallaleið, in Richtung Süden bis zur Hütte Sigurðarskáli. Vom Abzweig zur F903 sind das etwa 51,4 Kilometer, für die man 80 Minuten veranschlagen muss. Dies ist die unkomplizierte Strecke, die ich eigentlich fahren wollte. Eigentlich …. Denn ich bin an dem Knick vorbeigefahren, und habe, geradeaus fahrend, den Weg über die F903 genommen. Dieser führt zwar auch zur Hütte, ist landschaftlich interessanter (was mir in der Nacht nicht viel bringt), aber anstrengender und komplizierter zu befahren. Ich schiebe es jetzt mal auf das zunehmende Alter, man wird einfach schusseliger. Bei Hvannalindir, einer kleinen, oasenähnlichen Gegend an der Lindá sind dort zwei Furten zu nehmen, die anspruchsvoll sind und auf dem Weg hat man immer wieder Stellen mit tiefem Sand, den der Wind auf die Piste weht. Als ich bei den Furten ankam, war es bereits sehr dunkel, ja es war Nacht. Die erste Furt ging noch, sie war zwar relativ tiefgängig, aber man konnte den Weg durch den Fluss noch gerade so erkennen. Kurz darauf die zweite Furt war dann so richtig heftig. Am Ufer angekommen, sehe ich die Einfahrt mit den Reifenspuren in den Fluss. Aber es fehlt die Sicht auf das gegenüberliegende Ufer, der Blick auf das Wasser verliert sich in der Dunkelheit. Keine Ahnung welche Richtung: Leicht rechts halten? Leicht links halten? Eventuell einen Bogen fahren? Keine Ahnung wie weit das andere Ufer entfernt ist, oder wo es an Land geht. Ich steige auf, und gehe bis zum Ufer. Nichts zu sehen von der gegenüberliegenden Seite. Alternativen? Keine – es sei denn ich will im Auto übernachten. Ich wäge ab. Zum mulmigen Gefühl in Unkenntnis der landschaftlichen Besonderheiten und Begebenheiten kommt die Ungewissheit, ob der lädierte Wagen nach meinem Windcrash dichthält. Aber es hilft nichts, ich muss es entscheiden – also Augen zu und durch. Ich werfe einen Großteil der Regeln zum Furten über Bord. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man ohne Sicht in einen Fluss hineinfährt. Im ersten Gang mit zugeschaltetem Allradantrieb „taste“ ich mich hinein ins Wasser. Zentimeter um Zentimeter sinkt der Wagen tiefer ins Nass. Jede Unebenheit, über die man fährt, jedes Rutschen über den Boden verursacht ein unangenehmes Ziehen in Bauch und Magengegend. Das Wasser beginnt gluckernd und rauschend, um Blech und Reifen zu kreisen, und ich konzentriere mich darauf, immer schön in Bewegung zu bleiben. Ich schiebe mich langsam vorwärts – und ich erkenne nach gefühlten ewigen Minuten schemenhaft Umrisse vor mir auftauchen. Immer schön langsam weiter und weiter – der Wagen beginnt sich vorn etwas aufzurichten, ich komme in seichteres Wasser und sehe das andere Ufer. Ein Stein fällt mir vom Herzen – ich habe es geschafft und bin im „Blindflug“ durchgekommen.
Die restliche Strecke, sie ist an manchen Stellen wieder besser befahrbar, fahre ich dann unbeschwerter weiter, da keine großen Furten mehr zu erwarten sind. Etwas später stoße ich wieder auf die F902, die ich eigentlich fahren wollte. Im Kverkfjöll-Massiv, das ich seitlich quere, wird es teils wieder kurviger, es sind aber auch, gerade je näher ich der Hütte komme, etliche geradlinige Streckenabschnitte dabei, über die ich mit den erlaubten 80 Km/h fahre. An einer Stelle sehe ich im Vorbeifahren zwei Augen schräg vor mir aufblitzen, ein Fellbündel huscht schemenhaft an meinem linken Kotflügel vorbei. Fast hätte ich es, wohl ein Polarfuchs, erwischt. Nachdem ich aber Gott sei Dank keinerlei Stoß oder Anprall verspürt habe, habe ich ihn wohl nicht getroffen.
Gegen 22:15 komme ich müde aber heil an der Hütte an. Ein kurzes Einchecken, Bilder sortieren und auf Festplatte ziehen, Ausrüstung verstauen und für morgen vorbereiten und Akkus aufladen. Die Geisterstunde naht. Katzenwäsche und ab ins Bett, beziehungsweise in den Schlafsack. Ein wohltuender warmer Ofen bullert vor sich hin. Ich habe die freie Auswahl der Stockbetten im Schlafsaal. Ich bin tatsächlich der einzige Besucher und Gast in der Hütte!

Aufgenommen im nordöstlichen Hochland von Island auf der F910 (Austurleið) östlich der Upptyppingar in der Krepputunga zwischen Jökulsá á Fjöllum und Kreppa auf der Fahrt zum Kverkfjöll.


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