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1982 - Warum ist es am Rhein so schön?

Jetzt habe ich schon langsam genug vom Winter und Winterbildern, nachdem mir einige Mieter meinen Anrufbeantworter wegen einer zugefrorenen Wasserleitung vollgeredet haben, obwohl ich wegen eines Gesangsprobeseminars am Wochenende überhaupt nicht zuhause bin.

Um dem Winter zu entwischen, bin ich im Archiv vor 30 Jahren am 25. April 1982 hängengeblieben. Unproblematisch war die Zeit damals allerdings nicht:

Am 25. April 1982 wurde der britische Frachter Atlantic Conveyor von einer argentinischen Exocet-Rakete getroffen und sank mit einigen Chinook-Hubschraubern an Bord – es gab zwölf Tote zu beklagen. Der Frachter wurde im Falkland-Krieg eingesetzt und sollte die Hubschrauber zu den Inseln bringen. Wegen des Verlustes der Hubschrauber mussten die englischen Soldaten die Besetzung der Hauptstadt Port Stanley "zu Fuß" vornehmen.

Auch am 25. April 1982 zog sich Israel aufgrund des Friedensvertrages von 1979, den der weitsichtige ägyptische Präsident Anwar as-Sadat unterschrieben hatte, von der Sinai-Halbinsel zurück. Wenige Monate vorher, am 6. Oktober 1981, wurde Sadat während einer Militärparade von vier Islamisten der Gruppe Al-Jihad ermordet und Nachfolger wurde sein Stellvertreter Husni Mubarak...

Es war also in jenen Jahren politisch mindestens genausoviel los wie heute, ja es wurde sogar der Grundstein unserer heutigen Probleme gelegt.

In der BRD glaubte man noch an die Vorbildrolle der USA und an den unaufhaltsamen Aufstieg des Wohlstandes, obwohl dessen Zenit inzwischen unbemerkt überschritten war! Die DDR bot – trotz eigentlich nur noch von der maroden Substanz zehrend – immer noch Vollbeschäftigung und Ganztagskinderbetreuungsplätze für brave Bürger. Sie wurden vom Staat behütet, mussten zumindest nicht hungern und brauchten und sollten keine eigene Initiative ergreifen. Unzufrieden war man natürlich, wusste aber wenigstens, über wen es zu schimpfen galt und die StaSi schimpfte in den Kneipen mit.

Heute sind die Gesamtdeutschen noch unzufriedener, die soziale Schere klafft immer weiter auseinander und wir sehen die Verantwortlichen nicht mehr! Unsere Politiker sind allesamt nur noch Lachnummern und werden nicht mehr ernst genommen. Global Player haben nun die Macht übernommen, wie der Schweizer, die meiste Zeit in New York verbringende, Gerichtssäle ungeschoren mit Siegerzeichen verlassende Chef der Deutschen Bank! Ein solcher Mensch bewegt in Deutschland große Kapitalmengen! Rezessionen und Wirtschaftskrisen werden heutzutage in dunklen Hinterzimmern gemacht, die Verantwortlichen brauchen keine Öffentlichkeit mehr, sie haben Unmengen von Kapital und damit Einfluss über die ganze Welt und leben außerhalb jeder Realität. Sie spielen mit der Erde Monopoli!

Am Nachmittag dieses 25. Aprils 1982 packte ich also die Familie mit Kind in den alten Benz (Heinz Erhardt hätte geschrieben: Urhammel, Hammel, Butter und Zimt!) und fuhr in einer "kaum von heute abweichenden" Welt ein paar Kilometer den Rhein hinauf. Die Burg Ockenfels bei Linz, damals noch öffentlich zugänglich, bot einen schönen Überblick über den Bahnhof Linz. Die Steilstrecke Linz–Kalenborn wurde noch regelmäßig mit Güterzugverkehr bedient, wie an den zahlreichen Güterwagen und dem "Güterzugsteuerwagen" im Vordergrund zu erkennen ist.

110 431-4 (wie ich aus der Ausschnittvergrößerung entziffere), verlässt um 17.44 Uhr mit dem D 406 "Rhein-Express", Basel SBB–Hoek v. Holland (–London), den Bahnhof Linz. Unschwer erkennbar die drei Schweizer Wagen direkt hinter der Lok.

Auf der Steilstrecke zurück ins Rheintal
Auf der Steilstrecke zurück ins Rheintal
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Comentarios 9

  • Stephan Schenk ( `Der Leitermann` ) 06/04/2013 19:23

    Ein herrliches Foto, und wie aufgeräumt die Bahnhofs- und Gleisanlagen damals noch waren. Die Fotoqualität ist berauschend toll - man kann ewig drauf schauen.
    Schöne finde ich auch den kleinen politischen Abriß.
    1982 war ich Schüler in der 9.Klasse und hatte gerade erst einige Menschen kennen gelernt welche Eisenbahn fotographierten. Zu dieser Zeit hatte ich allerdings bereits einige Versuche unternommen mit einer Rollfilmkammera, AK8 meines Vaters, mit Symbolen für Sonne und Wolken, Strand und Berge ... :-) ...nach drei bis fünf ungeduldigen Tagen hatte ich meine Fotos aus dem Labor zurück. Dann kramte Vater aus dem Keller seine Entwicklungsgeräte und zeigte mir wie man Film und Foto selbst entwickelt ....
    beste Grüße,
    Stephan
  • motorhand 16/03/2013 21:01

    Tolle Aussicht !
  • pldm 09/10/2012 19:04

    Soeben entdeckt, Hammerschärfe !!!
    Ich werde wahrscheinlich auch mal paar Negative zum Scannen schicken. Bis jetzt habe ich diese mit dem Vergrößerungsgerät fotografiertt.
    Grüße Manfred
  • Thomas Reitzel 28/02/2012 13:37

    Leider entdecke ich es erst jetzt.
    Wie immer eine erstaunliche, tadellose Qualität, Chapeau!

    Mit dem D 406/407 verbinden sich viele interessante Erinnerungen, war dies doch einer der vielen eher sekundären D-Züge, die von der Regelzugbildung nicht bis an die Grenze ausgelastet waren.
    Daher, und auch wegen der günstigen Zu- und Abstellmöglichkeiten unterwegs, wurde dieser Zug gerne für die Überführung von Leerwagen oder für Sonderwagen genommen.
    Einmal wurde mit ihm sogar, kraft eigener Bearbeitung, ein Gleismesswagen der British Railways überführt, der zur Sicherheit an jedem Ende von je einem leeren Liegewagen flankiert wurde. Dies geschah, damit man den Wagen nur einmal kuppeln mußte, was wegen der Einschränkung des Kuppelraums gefährlich und nur mit Ausnahemgenehmigung machbar war.
    Der Meßwagen wurde von Oostende nach München überführt und war mit BR-Personal besetzt. In München wurde der Wagen dann vom BZA für Vergleichsmessungen eingesetzt, zu denen man zuvor von allen erreichbaren Bahnverwaltungen Westeuropas die Gleismeßwagen zusammengezogen hatte.
    Die Rückführung der brischen Gleismeßkombi vollzog sich übrigens - noch interessanter - von München bis Köln-Eifeltor mit einem TEEM-Güterzug!

    Übrigens scheinen mir die drei SBB-Bm auch Leerüberführungen zu sein, denn die Zugbildung des D 406/407 bestand aus deutschen Wagen.

    Gruß
    Tom
  • Maschinensetzer 07/02/2012 0:29

    Es ist Kleinbild! Benutzt habe ich den im Profiltext erwähnten Kodak-Dokumentenfilm und ein Zeiss-Objektiv. Wie oben geschrieben: Man kann die Loknummer herausvergrößern, so scharf war diese Konstellation.

    Viele Grüße
    Thomas
  • Wolfgang Graßl 06/02/2012 22:01

    Unglaublich scharfe Aufnahme. Ist aber kein Kleinbild, oder? Guter Begleittext.
    Viele Grüße, Wolfgang
  • markus.barth 05/02/2012 18:21

    Da gibts unendlich viel zu sehen.
    Herrlich.
  • Klaus Kieslich 05/02/2012 7:39

    Das waren damals noch Züge :-)
    Eine top Totale und ja auch eine gute Hintergrundinfo zu der damaligen Zeit
    Gruß Klaus
  • -Jörn Hoffmann- 04/02/2012 22:45

    . . . ein Hammer-Foto . . . . !!!!!!!!!!!!!!

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