(4) Eine Raupe des Kamelzahnspinners (Ptilodon capucina) ...
... auf Zitterpappel (Populus tremula) mit einer Raupenfliege (Familie Tachinidae).
Eine spannende Geschichte, die wir nie vorher beobachten konnten! Trotz unserer Anwesenheit - Christa hatte Raupe und Fliege gefunden - ließ sich der Parasit nicht stören und hat seinen Wirt eine halbe Stunde lang (unsere nur minutenweise unterbrochene Beobachtungszeit) umflogen und aus nächster Nähe betrachtet. Die Raupe muß den lästigen Begleiter bemerkt haben, aber eine direkte Berührung blieb aus.
Mehrfach stülpte die weibliche Raupenfliege dabei ihr Legerohr in Richtung eines Blattrandes - nie Richtung Raupe - aus, auf dem sie saß. Offenbar versuchte sie, ein Ei abzulegen, aber wir konnten keins entdecken. Entweder gehörte sie zu den Arten, die winzige (graue) Eier auf ein von der Raupe noch zu fressendes Blatt ablegen und davon ausgehen, daß eins der Eier mitgefressen wird, das dann in der Raupe seinen Entwicklungsgang nimmt - oder die Fliege hatte keins für die momentane Ablage auf der Raupe bereit; in dem Fall würde sich die schnell schlüpfende Larve durch die Haut ins Innere bohren.
Normalerweise kann man ein längliches (meist weißes) Raupenfliegenei mit bloßem Auge sehen.
Daß unsere Anwesenheit die Eiablage verhindert hat, glaube ich nicht. Die Fliege umflog die Raupe stets in einer Entfernung von bis zu einem halben Meter und saß oft genug beobachtend ganz in der Nähe. Dabei wird sie offenbar überwiegend vom Geruchssinn geleitet (?).
Wenn es aber der Parasit endlich geschafft hat, einen passenden Wirt zu finden - was in einem für ihn unendlich großen Wald schon eine tolle Leistung ist - und zudem wohl schon verpaart ist: Warum "beeilt" er sich dann nicht, den seltenen Vorgang zu einem für ihn günstigen (und für die Raupe tödlichen) Ausgang zu bringen? Am "Tatort" auf ein Männchen für die Paarung zu warten, ist doch eher unwahrscheinlich, oder?
Möglicherweise paßte der Fliege auch die Raupenart oder deren wohl verpuppungsreifes Stadium nicht, fiel Christa ein. Oder sie wartete auf die bevorstehende Verpuppung, damit nicht diese letzte Häutung ihr Ei zurücklassen würde, ohne daß die Vermehrung der Raupenfliege gesichert wäre ...
Vielleicht fällt Euch dazu etwas ein??? Das wäre toll und spannend!
Die Fliege selbst konnte ich nicht bestimmen - bei etwa 600 Raupenfliegenarten in Deutschland trotz aller Bildvergleiche für mich als Laien ein Ding der Unmöglichkeit, selbst bis zur Gattung ging es nicht. Da müssen Borsten gezählt und nach Art und Lage beurteilt werden. Die einzige, speziell für den Kamelzahnspinner gefundene Art (Ernestia radicum lt. Baer, Die Tachinen, 1921) ist es jedenfalls dem Aussehen nach nicht. Mehr habe ich trotz intensiver Suche nicht herausbekommen ...
Fund und Fotos: Neukappl/Opf., Bayern - 1.10.2023, mittags ca. 13h MESZ bei sonnigem Wetter.
7.10.2023 f
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