Cranzahl
Lutz68 hat mich (wieder mal) mit seinem Bild angeregt, etwas aus der erzgebirgischen Heimat zu zeigen.
106 468 vom Bw Aue wird im Bahnhof Cranzahl in kürze durch den Fahrdienstleiter den Abfahrauftrag zur Fahrt nach Annaberg-Buchholz Süd erteilt bekommen. Die Übergabe ist fast ausschließlich aus leeren Kohlewagen von Annaberg-Buchholz ob. Bf gebildet, die am frühen Morgen mit dem Ganzzug aus Richtung Lauchhammer eingetroffen waren.
Beim Betrachten dieser Aufnahme fällt mir auch immer wieder eine Episode mit einer dieser Übergaben aus den frühen 80ern ein. Bei der Zugbildung in Cranzahl wurde zwischen dem 4. und 5. Wagen vergessen, die Hauptluftleitung zu kuppeln. Somit konnten am überwiegenden Zugteil die Bremsen nicht wirken. Bereits nach dem Passieren des Cranzahler Viaduktes bemerkte der Lokführer, das die Bremswirkung nicht ausreichend war und gab ab sofort ständig das Signal Zp 5 (3 kurze Pfeiftäne hintereinander - Notsignal, Hilfe leisten, haltet Züge zurück). Der oder die Mitarbeiter/in in der Fahrkartenausgabe des 3 km entfernten Haltepunktes Sehma erkannte das Signal und verständigte den Fahrdienstleiter in Annaberg-Buchholz Süd. Die Kollegen dort konnten noch rechtzeitig den Fahrweg für den Güterzug in das durchgehende Hauptgleis stellen, um eine Entgleisung im Bahnhof zu verhindern. Im dahintergelegen Bahnhof Annaberg-B. unterer Bf. wurde vorher noch rechtzeitig ein abfahrbereiter Personenzug nach Schwarzenberg zurückgehalten (dieser wäre dem Güterzug entgegen gekommen). Und ganz wichtig für den Lokführer des "Geisterzuges": ab dem unteren Bahnhof konnten die Signale auf Fahrt gestellt. Die Erleichterung des Kollegen auf der Lok kann sich jeder vorstellen, er musste jetzt keinen Zusammenstoß mit einem entgegen kommenden Zug mehr befürchten. Hinter dem Bahnhof Schönfeld-Wiesa ist das Gefälle der Strecke dann nicht mehr so enorm, so dass der Zug allmählich langsamer wurde und in Wolkenstein nach über 20 Kilometer Fahrt mit weißglühenden Radreifen zum Stehen gekommen ist.
Ein Ereignis, was nicht hätte passieren dürfen, wo aber alle beteiligten Eisenbahner beherzt und richtig reagiert haben und ein möglicherweise schlimmes Unglück verhindert haben.
Lutz68 24/01/2013 0:14
Ein sehr schönes Alltagsfoto . Davon gibt es nicht allzuviele Fotos . Eigentlich paradox .FaLa 23/01/2013 21:04
Viel zu wenig fotografiert wurden sie, wohl weil es, zumindest gefühlt, auf jedem Bahnhof eine gab - Massenware eben...Ein feines Bild, Aufbau prima, Licht und Farben gefallen.
Zu Deiner Schilderung: Das müssen für den Kollegen auf der V60 besch... lange 20 Kilometer gewesen sein - immer mit dem Gefühl nichts mehr machen zu können. Schön, dass alles einen guten Ausgang genommen hat.
VG FaLa
BR 45 23/01/2013 19:04
Top Aufnahme und eine wahnsinnig fesselnde Geschichte noch dazu.Bitte mehr davon!!
Dezember 2011 waren wir in dem Bahnhof.
Grüsse Andy
Ralf Fickenscher 23/01/2013 17:53
Herlich passt super.Vg.Ralf
Christian Kammerer 23/01/2013 15:34
Eine spannende Episode, die Du sehr gut be- und geschrieben hast…Gruß und allzeit gutes Licht
Christian
Dieter Jüngling 23/01/2013 12:49
Ich denke, du hast da vielen von uns Eisenbahnern, ähnliche Situationen in die Erinnerung zurückgerufen.Mir fällt da gleich wieder die erste "Ansage" unseres Lehrmeisters ein, der das sagte: "Fahren heißt Bremsen"! "Bewege nur das, was du später auch wieder anhalten kannst".
Und wie recht er doch hatte, zeigt sich bis in die Neuzeit.
Deine Aufnahme ist wieder eine schöne Doku.
Gruß D. J.
Stephan Leichsenring 23/01/2013 10:39
Geil, endlich mal wieder ein Bild aus der Heimat!Der Bf. Cranzahl ist eine super Fotostelle.
Zwei Spurweiten.
Die dann noch nebeneinander, ist das Größte, was man dort erleben kann.
Ein Spitzenfoto, Klasse Aufnahme!!!
Gruß, Stephan
Ralf Göhl 23/01/2013 10:09
Ja da stehen dir schon die Scheißperlen auf der Stirn und es wird einen mulmig im Bauch.So ein Erlebnis in größerer Dimension hatte ich am 2.Oktober 1983 auch einmal mit der 119 133 von Könitz nach Saalfeld.
Mit immerhin 2003t Erz beladenen Zug am Zugharken.
Gott sei Dank konnte ich den Zug noch abfangen ehe er zu schnell geworden war und somit sicher in Saalfeld ankommen.
Natürlich gefällt mir dein Bild mit der 106 im passenden Umfeld ebenso.
Der gelbe Wagen hat allemal ein Denkmal verdient.
Vielleicht fällt dir noch das Datum der Aufnahme ein ?
VG Ralf
makna 23/01/2013 10:01
Was ist besser: Dein Motiv oder die hier von Dir beigesteuerte glücklich verlaufende Episode?Ich stelle mir die weiß glühenden Radreifen gerade bildlich vor - au weia! Da waren noch richtige Eisenbahner vor Ort, die allesamt in gutem Zusammenspiel Schlimmes verhindert hatten! Deine Schilderung ist sehr anschaulich und hat mich richtig gefesselt !!!
Also, mein individuelles Abstimmungsergebnis: die Geschichte mit der 106-Übergabe hat mich noch mehr mitgerissen als Dein - freilich auch sehr schön festgehaltenes - Motiv des Bahnhofs Cranzahl mit 106 468 ...
BG Manfred