Der Blick - Bild mit Kurzgeschichte (Altes wieder hochgeladen)
Es ist kurz vor der Zeit. Sie steht hinter dem Vorhang, der aussieht wie ein schnorkliches Lichtsystem eines Haremfensters. Den ganzen Hof kann sie überblicken. Den Mann habe sie sofort erkannt. Suchenden Auges geht er über das Sandquaderpflaster.
Es klingelt. Sie nimmt den Hörer der Sprechanlage, dann drückt sie den Türöffner. Nach einer Weile öffnet sie die Tür und erwartet den Mann mit übereinandergeschlagenen Beinen lässig an den Türrahmen gelehnt.
Er kommt die Treppen herauf mit lächelnden Augen, frohen Blickes, betritt den Wohnbereich. Keine lange Begrüßung-
Kurzes Mustern. Er hat flinke lustige Augen. Ihr Blick schweift von oben nach unten. Keine Stelle wird ausgespart. Ohne Umschweife alle Unwichtigkeiten wegelassen, bewegen sie sich auf das eigentlich gewollte, wichtige hinzu.
Kleine Häppchen von Melone und Schinken, passierte Himbeeren in aphrodisierendes Getränk. Erotische Früchte.
Begeben sich zielstrebig in das besagte Gemach. Die Bewässerung der Wüste Gobi beginnt ohne viele Schnörkel, denn Wüstenlandschaften haben keine Schnörkel. Wüstenlandschaften ziehen alles in sich auf, wie ein Schwamm.
Es ist leise, die Küsse sind verhalten.
Es kam ihr leise und alleine.
Beim Sprechen hat sie die Hand aufgelegt. Fühlte es pulsieren, wie einen kleinen Vogel, warm samtig und empfindlich. Ob Handauflegen helfe, fragte er. Sie führte ihn in ihr Paradis, und bewegte sich auf ihm.
Und da ist er, dieser Blick, dieser zweifelnde ängstliche Blick, aus den Augenwinkeln unter den Lidern hervor. Bewegungslos und dann wieder ausweichend. Die Suche nach dem Fluchtweg.
Er hat ihr Erkennen gemerkt. Greift verzweifelt nach ihrer Brust und berührt sie und fällst wieder in das Stimmungsbild zurück. Der Blick, der Mund halb geöffnet, aber so als ob er bald schreien wollte. Dann sagst er zu ihr, ER zeigt Anzeichen von Schwäche. Bedauern, Trauer, was immer auch, das Alter, das vermeintliche liegt in seiner Stimme und schleicht sich in sein Bewußtsein.
Er zieht sich an, und so wie er gekommen ist mit lächelnden Augen, frohen Blickes, verläßt er den Wohnbereich und bewegst sich die Treppen hinunter.
Mann auf der Flucht.
Und der Blick.
Von Jutta alias Hera.Klit
Romulus Rex 23/09/2022 23:42
Das Leben wie es istyupag 01/04/2020 20:35
ich wusste gar nicht, dass man hier auch Geschichten schreiben kann. Ich habe sie nicht so ganz verstanden, aber es freute mich, sie zu lesenMichael Jo. 21/03/2020 13:54
wow,zartfeine Poesie,
wie köstlicher Pralinen-Inhalt,
Kopfkino braucht es hier nicht mehr:
der Tisch ist bereits gedeckt..
und der Duft verheissungsvoller Aphrodiasika
steigt bis in die feinsten Verästelungen
menschlicher Synapsen ...
Hatte ich vor ein paar Minuten noch NICHT gelesen,
als ich die Empfehlung für Dein Geschichtenbüchlein
vorschlug;
Chapeau !!!
- Michael
Reiner Fischer Bilder 06/01/2010 19:20
Die Einheit machts. Nicht nur das Bild auch eine Geschichte fürs Kopfkino.Ich ziehe meinen Hut vor dir, äh Entschuldigung meine Zipfelmütze.
lg
reiner
Hera K. 06/01/2010 13:31
Die Rückmeldungen von euch dreien freuen mich sehr, danke ihr.LG Jutta
verocain 06/01/2010 13:08
Ich bin doch sehr begeistert ! Sehr !"Bewässerung der wüste Gobi"...das nenn ich mal einen metphorischen Hammerschlag.
Großes Kompliment !
Redpicture 05/01/2010 21:45
der blick-das leben-die geschichten.es ist schon erstaunlich, welche weiten eine wüste haben kann.
lg reiner
Hera K. 05/01/2010 19:18
Zur Beruhigung aller, sie ist von mir, die Geschichte.F A R N S W O R T H 05/01/2010 19:13
das ist eine sehr abgefahrene kurzgeschichte, fast wie es das leben schreibt. gefällt mir und ich hoffe es stammt von dir aber auch egal wenn nicht. zusammen mit dem foto eine sehr schöne einheit.