Sabine Streckies 01


Premium (World), Offenbach am Main und Weilrod im Weiltal

Der Lebensraum der Berghexen in der Thüringischen Rhön 01

Mein Plan war, sowohl die Sternschnüppcher 2019 (Perseiden) in fast lichtverschmutzungsfreier Umgebung zu bewundern als auch erstmals im Leben die seltenen Berghexen zu entdecken.
Ich glaubte, Berghexen zu finden sei aufgrund ihrer Tarnung sowie Lebensweise in ein paar Urlaubstagen fast unmöglich und die Perseiden kämen ohnehin wie von selbst vorbei gesaust.
Wie so oft in der Natur kam es aber ganz anders: Zahlreiche Berghexen sprengten meine Speicherkarten und die Sternschnuppen fielen wetterbedingt so gut wie aus.

Das Foto zeigt den sehr kargen, dem Menschen lebensfeindlich erscheinenden Lebensraum der Berghexen.
Wie so oft zeigt sich jedoch bei näherem Hinsehen, dass es sich um einen sehr vielfältiges und sehr wohl (für bestimmte Arten) durchaus lebensfreundliches Biotop handelt.


Kurzsteckbrief Berghexe (Chazara briseis)
Die Berghexe, auch als "Steintrift-Samtfalter" bezeichnet, ist ein anspruchsvoller und stark gefährdeter Tagfalter, der heute nur noch in wenigen Gebieten Deutschlands vorkommt. Zur Hauptflugzeit - Ende Juli bis Anfang September - erkennt man diesen eher unscheinbaren Tagfalter mit der cremefarbenen Binde auf der dunkelbraunen Oberseite auch an seiner schnell segelnden und bodennahen Flugweise. Oft setzt er sich dann plötzlich auf Steinplatten und Geröll und klappt die Flügel zusammen. Dabei ist die Flügelunterseite so perfekt an die steinige Umgebung angepasst, dass ein ungeübter Beobachter den Falter nicht mehr vom Untergrund unterscheiden kann.

Die Rhön als Lebensraum
Der Lebensraum der wärmeliebenden Berghexe besteht aus großflächigen, kargen und oft steilen Kalkmagerrasen mit einem hohen Anteil an Steinen, Schotter und Geröll. Solch spärlich bewachsene Lebensräume gehen jedoch durch Rückgang der Wanderschäferei und Intensivierung der Landwirtschaft zunehmend verloren und so erlitt die Berghexe in den letzten Jahrzenten dramatische Bestandseinbrüche und ist inzwischen bundesweit akut vom Aussterben bedroht.
Das erfolgreiche Naturschutzgroßprojekt "Thüringer Rhönhutungen" hatte u. a. den Erhalt genau dieser Lebensräume zum Ziel. Durch intensive Schaf- und Ziegenbeweidung kann die Verbuschung von Kalktrockenrasen verhindert werden und der Charakter der Rhön als „Land der offenen Fernen“ erhalten bleiben. Naturschutz und traditionelle Landnutzung gehen hierbei Hand in Hand, denn nur so können auch in Zukunft die für die Berghexe wichtigen Kalkmagerrasen bestehen bleiben.

Wie geht es der Berghexe in der Rhön?
Durch den allgemeinen Rückgang von Nutztierbeweidung und den zunehmenden Einsatz von Düngemittel in der Landwirtschaft verliert die Berghexe zunehmend an Lebensraum. In der Rhön sind durch Jahrhunderte der Nutzung Offenlandschaften entstanden, die Kalkmagerbewohnern wie der Berghexe letzte Rückzugsorte bieten. Die Population in der Rhön, insbesondere an der Hohen Geba, gilt als eine der individuenreichsten in ganz Deutschland. Im außergewöhnlich heißen Sommer 2003 flogen dort pro Hektar bis zu 123 Exemplare dieser wärmeliebenden Schmetterlingsart.
Die Rhön trägt aufgrund dieser zahlreichen Restvorkommen jedoch auch eine spezielle Verantwortung für die Berghexe. Nur mit Hilfe der engen und kontinuierlichen Kooperation zwischen Nutztierhaltung und Naturschutz (s.a. Vertragsnaturschutzprogramme in Bayern, Hessen und Thüringen) können diese nährstoffarmen aber artenreichen Standorte erhalten bleiben. Die dauerhafte, intensive Beweidung von Magerrasen ist Voraussetzung für den Erhalt des Lebensraums der Berghexe.

https://biosphaerenreservat-rhoen.de/berghexe

Thüringen, Thüringische Rhön, Hohe Geba, 11.08.19.
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