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Die ehrenwerte Gesellschaft (Teil 6 / Finale)

Die ehrenwerte Gesellschaft (Teil 6 / Finale)

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die Maike


Premium (Pro), aus analogen Beweggründen

Die ehrenwerte Gesellschaft (Teil 6 / Finale)


Sizilien (Reload)

Krimi: Der Dicke
Fotografie: ich
:o)





Teil 1 - 5:

Der Betonschuhmacher
carpeta Der Betonschuhmacher
(6)

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Teil 6 - das Finale



Luigi liebte die Sonntage im Frühling. Palermo war zu dieser Zeit ein Quell der Ruhe und der Erholung. Noch hatten die Touristen die Stadt nicht für sich entdeckt. Jetzt gehörte sie noch ihm ganz alleine. Trotz der morgendlichen Schönheit des Tages musste Luigi wieder an diesen einen verdammten Montag vor fünf Jahren denken. Der Tag, der mit einem Teller Pasta so verheißungsvoll begann und mit drei Toten und dem Zusammenbruch seines bisherigen Lebens endete. Luigi ging langsam mit seiner Mama Lucia die Hafenpromenade entlang und blickte auf die Fischerboote, die gerade mit ihrem Fang zurück in den Hafen tuckerten.

„Luigi,“ begann damals Don Alfredo seine Beichte. „Luigi, ich muss dir noch was Wichtiges erzählen. Komm her. Es wird dein Leben verändern.“
Und der Don hatte Recht behalten. Es hat sein Leben verändert.

Der Don erzählte ihm, dass es stimmen würde, was Francesco erzählt hatte. Er, Don Alfredo, hatte Massimo Caruso eigenhändig um die neapolitanische Ecke gebracht, weil dieser ihn bestohlen hatte. Er hatte ihm seinen „Deutschland jammert“-Aukleber von seinem damals neuen Alfa Spider gerissen und mitgenommen. Diese Deutschen waren fürchterlich. Sie jammerten immer. Und es wurde immer schlimmer. Deswegen war der Aufkleber ein Zeichen, das er setzen wollte. Das aber keiner verstand.
Doch Don Alfredo konnte diesen Diebstahl nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Sonst hätte jeder Mafiagiftzwerg dieser Welt gedacht, er könne ihm rotzig ans Bein pissen. Er musste ein Exempel statuieren. Sonst wäre seine Glaubwürdigkeit so beschmutzt wie das Wasser im Tiber. Daraufhin gestand Alfredo, dass Francesco tatsächlich sein Zwillingsbruder war. Die Eltern von Francesco und Alfredo waren bettelarme Leute. Sie besaßen nicht mal genug Geld, um sich vernünftige Unterhosen leisten zu können. Schon bei diesen Worten wusste Luigi, was der wahre Grund für Alfredo lange-Unterhosen-Fetisch war.
Doch mit diesem Geständnis war das Weltbild des Luigi noch nicht ins Wanken geraten. Warum auch. Schließlich ging das ihn nichts an. Diese Meinung sollte sich aber mit dem nächsten und für Alfredo auch letzten Satz enden. „Luigi,“ flüsterte Alfredo leise röchelnd. Darauf musste er kurz husten, „auch Du bist mein Bruder …..“ Einen letzten Seufzer von sich gebend schloss Alfredo daraufhin seine Augen ein letztes Mal.

Luigi wanderte lange durch das nächtliche Palermo. Dem anfänglichen Entsetzen wich die Erkenntnis. Plötzlich machte alles einen Sinn.
Luigi war der Älteste von insgesamt vier Brüdern. In den Wirren der Nachkriegszeit und den damit verbundenen Zeiten des Hungers war es seinen Eltern nicht möglich, alle vier Kinder durchzufüttern. Daher haben sie die drei jüngsten im Alter von vier Jahren in Pflegefamilien weggegeben. Alleine Luigi wuchs zuhause auf. Seine Mutter brachte der Kummer um ihre Kinder nach zwei Jahren ins Grab. Sie konnte es nicht verkraften, ihre Kinder nicht mehr um sich zu haben. Und noch mehr schmerzte sie die Trennung der Zwillinge Alfredo und Massimo. Der Vater nahm daraufhin Luigi hart heran und beide überlebten. Schließlich eröffneten sie den Gemüseladen in der Via De Gasperi. Die drei anderen Brüder wuchsen in behüteten Stadtfamilien in Palermo auf. Massimo und Francesco, die im Laufe der Jahre durch einen dummen Zufall voneinander erfuhren, schweißte das Wissen um die gemeinsame Vergangenheit zusammen. Und machte sie zu der stärksten Kraft im Clan der Barilla-Familie.
Über die Jahre machten die vier ihren Weg. Jeder für sich. Alfredo, der sich inzwischen zum Chef eine kleinen Clans hochgearbeitet hatte, war der einzige, der von allen vier Brüdern wusste und diese auch beobachtete. Und er war dabei, den Bertolli-Zweig der Camorra zum größten Zweig des organisierten Verbrechens in Palermo, ja in ganz Italien zu machen. Zu Hilfe kam ihm da eine Erfindung des Venezianers Peppino, von dem er die Maschine zur Herstellung der Stracciatella-Schokostückchen stahl und damit einen weltweiten Siegeszug errang, deren Erfindung er sich selbst auf die blaue Unterhosenfahne schrieb. Umso mehr schmerzte ihn die Erkenntnis, dass er seinen eigenen Bruder wegen eines bescheuerten Bildzeitungsaufklebers aus Deutschland töten musste.

Ein Jahr nach dem Montagmassaker hatte Luigi die wichtigen Unterlagen im Fiat 500 seines Bruders Alfredo gefunden. In dem Aktenordner waren feinsäuberlich die Fehltritte der politischen und kirchlichen Elite Italiens aufgelistet. Mithilfe dieser Liste war es Luigi möglich, die zwei Familien der Barillas und der Bertollis in einem großen Topf zu vereinen, aus dem Tomatenflecken vor die Gemüseläden des ganzen Landes verteilt wurden. Denn mehr als Tomatenflecken waren es ja nicht. Das sagten ja auch die Carabineri.
Inzwischen hatte sich Luigi zum Boss der Bosse in Italien hinaufgearbeitet. Und das mit über siebzig Jahren. Zumindest konnte er seiner Mama Lucia jetzt etwas bieten. Sie keifte und schimpfte zwar immer noch, aber sie sah verdammt gut aus, wenn sie in ihrem Pelz neben ihm herging und ihm ab und an verliebte Blicke zuwarf wie ein zwanzigjähriges Gör. Von diesem Gipfel des Erfolgs konnte ihn niemand mehr stürzen. Niemand!

Doch er wurde leichtsinnig. Übersah an diesem Sonntag diesen einen Typen mit den Händen in der Jackentasche der im Hafen hinter ihnen her war. Und er übersah die Beule in dessen Jacke. Luigi war alt geworden.
Der Attentäter brauchte nur ein Magazin. „Stronzo!“ keifte Mama Lucia ein letztes Mal. „Hättest du aufgepasst, wäre das nicht passiert...“

Und die Geschichte um Luigi und Mama Lucia war Geschichte…

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