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Bodo Schmidt Photography


Premium (Pro), Freudenberg

Die Orgel ...

Die Rieger-Orgel in der Abteikirche

Am 17. Februar 1969 kamen die Bauteile für die neue Orgel nach Marienstatt, die dann in monatelanger Arbeit bis zum Tag der Orgelweihe am 19. April 1970 aufgestellt und vollendet wurde. Dieses neue Orgelwerk im ältesten gotischen Kirchenbau rechts des Rheins wurde von der österreichischen Orgelbaufirma Rieger aus Schwarzach in Vorarlberg erbaut, die zuvor schon 1963 für die Annakapelle des Gymnasiums ein 16 Register umfassendes Instrument geschaffen hatte. Die große Rieger-Orgel steht wie vielfach auch in Spanien und in vielen süddeutschen Klöstern über den Stallen des Chorgestühls und begleitet täglich das Chorgebet der Mönchsgemeinschaft sowie den Gemeindegesang. Orgeln lehnen sich meist mit dem Rücken gegen eine Wand. Um die Marienstatter Orgel aber kann man herumgehen. Sie wurde als flache Scheibe in das nördliche Vierungsjoch eingepasst, ohne es zu berühren. Die gebündelten steinernen Säulen zu beiden Seiten nehmen ihr jede Tiefe und leiten über zu den Pfeifenbündeln aus Zinn. Auf den ersten Blick zeigen das Profil und die umhüllende Kontur des Orgelgehäuses eine Mandel- Form, eine – „Mandorla“ – ein Entwurf der Orgelbauer George Lhote aus Genf und Dipl. Ing. Josef von Glatter-Götz (Rieger), die auch die Disposition erstellten. Die Intonation lag in den Händen von Georg Jann, der später selbst seine eigene Orgelbauwerkstatt gründete und der die Marienstatter Orgel letztendlich erst durch seine besondere Kunstfertigkeit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt werden ließ. Der Prospekt in Richtung Hauptschiff wird beherrscht und gegliedert durch drei Türme, deren Spitzen 60º einschließen. Das ist durchaus ungewöhnlich, hier aber notwendig, weil nur die westlichen Flanken dem Betrachter in der Mitte der Kirche andeuten, dass hier überhaupt eine Orgel steht. Zudem ist der Grundriss dieser Türme genau der verkleinerte Aufriss der Kirchenfront im Westen am Hauptportal. Aber auch das Rückpositiv und die spanischen Trompeten ragen in das Hauptschiff, weniger, damit man beide sieht, sondern vor allem, damit man sie hört. Um den Blick auf Gewölbe und Apsis nicht zu verstellen, hält sich der Körper der Orgel ganz im Vierungsbogen zurück. So enthüllt sich die Rieger-Orgel nicht auf einmal wie ein Bild, sondern allmählich wie eine Plastik. Die Orgel ist einfach und klassisch symmetrisch aufgebaut und lebt ganz aus dem gotischen Raumgefüge heraus. Das Gehäuse ist wie das alte Chorgestühl aus massiver Eiche gefertigt. Ein Stahlskelett trägt die Windladen und die mechanische Spieltraktur. Auf dem Sockelgesims des Rück- oder Kleinpedals hält ein Chronogramm das Baujahr der Orgel fest:




Die Erweiterung der Orgel durch Orgelbau Romanus Seifert & Sohn/Kevelaer (2006)

Als das Land Rheinland-Pfalz 2001 die Gesamtsanierung der Basilika in Auftrag gab und seitdem verwirklichte, wurde die Orgel zum Schutz vor Staub und Beschädigungen eingehaust. Dieser Zustand dauerte nahezu fünf Jahre bis Anfang 2006.
Dass mit Ende der Sanierung der Basilika auch die Orgel ausgereinigt und damit fällige Reparaturen anstanden, war von vorneherein klar.
Zudem war der Zeitpunkt günstig, die Orgel im Fundamentbereich des Pedals zu erweitern. Die akustischen Erfahrungen mit der Orgel seit ihrer Weihe im Hinblick auf den gesamten Kirchenraum ließen immer mehr den Wunsch wachsen, die Bassregister im Pedalwerk - insbesondere den Sordun 32´, der für die Größe dieser Orgel letztendlich viel zu schwach ist - gegen eine profundere 32-Fuß Zunge auszutauschen und durch einen 32-Fuß Labialen behutsam zu ergänzen. Den Auftrag für Reinigung und Erweiterung erhielt die renommierte Orgelbaufirma Romanus Seifert/Kevelaer, die in Verbindung mit ihren eigenen Intonateuren Andreas Saage, Bernd Reinartz und Jaques Hanss mit dem Intonateur der Marienstatter Orgel, OBM Georg Jann, zusammenarbeitete. Ist die Rieger-Orgel in Marienstatt – gleichwohl sie ein Kind ihrer Zeit ist - von einer handwerklichen Substanz und klanglichen Aussage, die auch heute noch ihre Gültigkeit hat, so werden diese Qualitäten natürlich maßgeblich durch einen Intonateur mitgeprägt. Man kann es gewiss einen „Glücksfall“ nennen, den damaligen Intonateur nach so vielen Jahren wieder an „sein“ Instrument zurückführen zu können. Diese Kontinuität war letztendlich ein maßgebliches Argument, das Instrument in seiner Bedeutung und in seiner Substanz zu erhalten bzw. durch die oben erwähnte Erweiterung, die dem Volumen und der Tragfähigkeit des Kirchenraumes besser Rechnung tragen sollte, noch weiter fördern zu können. OBM Georg Jann, der als ehemaliger Mitarbeiter der Fa. Rieger zu „seiner“ Orgel zurückkehrte, steht hier als Garant der Erbauerfirma, wenngleich er mit einer „Fremdfirma“ agierte.

Die neuen Bassregister stehen auf zwei Windladen oberhalb des Kleinpedals hinter der Orgel auf einer eigenen Stahlkonstruktion. Den Rückprospekt bilden die zwölf tiefen Töne des Untersatz 32´, der im Untersatz 16´ seine Fortsetzung findet und weiter mensuriert ist als der alte metallene Subbass 16´, der im darunterliegenden Kleinpedalprospekt sichtbar ist. Dieser fungiert nun quasi als „Zartbass“. Die Kontraposaune 32´ steht direkt hinter dem Untersatz am Stimmgang und ist wie ihr Nachbar zur Posaune 16´ ausgebaut. Diese 16´-Zunge klingt weicher und runder als ihre ältere Schwester, die Bombarde 16´.

Das gelungene Werk spricht für sich selbst dank des hervorragenden Einsatzes von Andreas Saage, Bernd Reinartz und Jaques Hanss, die in enger Verbindung mit OBM Georg Jann als Intonateure der Fa. Seifert die Marienstatter Orgel künstlerisch und klanglich vollendeten.

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