Die Stilblüte des Tages
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ist Deutschlands führende Nachrichtenagentur.
Hier darf man eigentlich die besten Leute ihres Fachs vermuten.
Doch mit der dpa-Eigenmeldung "Neuer Van Gogh entdeckt" schießen die Kollegen den Vogel ab,
und so renommierte Häuser wie der Deutschlandfunk (Screenshot) und zahlreiche überregionale Zeitungen übernehmen unkritisch 1:1.
An der Schlagzeile ist im Prinzip alles falsch, was man nur falsch machen kann:
1. Der Mann hieß van Gogh und nicht Van Gogh. (Nur die Amis können nicht zwischen Präpositionen/klein und Name/groß unterscheiden.)
2. Es handelt sich um ein GEMÄLDE von van Gogh und nicht um eine Person mit gleichen Fähigkeiten, was da entdeckt wurde.
3. Neu ist das Gemälde bestimmt nicht, sondern so alt, wie es uns Meister Vincent hinterlassen hat.
4. Es wurde nicht entdeckt, sondern schon vor 23 Jahren vom Besitzer als vermeintliche Fälschung zur Prüfung übergeben
und nun aufgrund neu verfügbarer Methoden als echtes Werk "Sonnenuntergang bei Montmajour" identifiziert.
Ich meine, nur Radio Eriwan ist besser.
(Ungeachtet dessen: Der dpa-Fotograf hat eine tolle Arbeit geleistet!)
G. H. H. 10/09/2013 19:06
@Ursula Elisehallo ursula,
'MontmajOur' hatte ja *smokeonthewater* in seinem begleitenden text zum bild schon verbessert ... deswegen bin ich nicht mehr drauf eingegangen. ;-)
ich hoffe, wir korrekturleser :-) haben jetzt nichts verschlimmbessert? ;-)) aber so kommen wenigstens anmerkungen unter den screenshot, die hand und fuß haben.
viele grüße
gabY
Ursula Elise 10/09/2013 13:12
@G.H.H. und smokeonthewater:Korrektur lesen ist fürchterlich (ich weiß auch, wovon ich schreibe);
hier muss es außerdem richtig heißen: MontmajOur
(wenn wir denn schon an einer Stelle mal richtig genau sind)
Ursula
Zwecke 10/09/2013 12:55
Das ist unglaublich, aber eine gute Dokumentation von dir.Schade, dass die Hälfte vom Bild fehlt.
LG Horst
smokeonthewater 09/09/2013 23:58
@Andreas: Da hast Du Recht. Die Medien sind voll mit Schwachsinn und Stilblüten – auch ein Grund für das Zeitungssterben.Qualitätsjournalismus findet kaum noch statt. Das liegt daran, dass die Verlage zuerst in den Redaktionen sparen:
1. Immer weniger Redakteure müssen immer mehr Arbeit bewältigen, weshalb viel automatisiert wird und sich anstelle der technischen die inhaltlichen Fehler häufen.
2. Bei Redakteursgehältern außerhalb der ver.di-Manteltarifverträge wandern die guten Leute ab. Manchmal sind die Praktikanten in der Überzahl.
Darüber hinaus kann man sich das heutige Journalismusstudium ans Knie nageln. Ich weiß nicht, was da noch Substanzielles vermittelt wird. Die Leute beherrschen die elementarsten Dinge nicht, einschließlich deutsche Sprache, Stil und Fremdwörtergebrauch. Sie wissen gar nicht, was sie schreiben.
Ich bin Fachjournalist, d.h. ich habe einen fachlichen Hintergrund und konnte mir das notwendige Rüstzeug auch ohne Journalismusstudium durch die tägliche Routine selbst aneignen. Damit fährt man deutlich besser; zumindest weiß ich immer, was und worüber ich schreibe.
smokeonthewater 09/09/2013 23:44
@Gaby: MuseumSdirektor und SonneRnuntergang, ja, das kommt noch erschwerend hinzu. :-)Korrekturlesen ist schon lange nicht mehr, seit es Rechtschreibprüfprogramme gibt. Nur können die nicht auf Plausibilität prüfen, deshalb findest Du nach wie vor massenhaft Schwachsinn und das/dass-Verwechslungen.
Und dass solche kuriosen Meldungen 1:1 übernommen werden können, liegt daran, dass die Redakteure die Texte nicht mehr zwangsläufig "anfassen" müssen. Sie haben die Wahl: Mache ich mir den Aufwand, die Meldung zu öffnen, zu lesen und zu bearbeiten? Oder lasse ich den Datenstrom aus der Agentur einfach in mein Layout einlaufen?
Letzteres wird möglich durch das XML-Format, in dem z.B. die RSS-Feeds der Informationslieferanten abgespeichert sind. Darin sind die Texte schon nach Titel, Untertitel und Textblock strukturiert, so dass sich theoretisch eine Zeitungsseite in ihrer individuellen typografischen Aufmachung vollautomatisch gemäß Strukturierung füllen lässt. Die Tags (Schlagworte in den Metadaten des Feed) sagen dem Redakteur, unter welcher Rubrik er alles dem Selbstlauf überlassen könnte.
Online-Medien arbeiten genauso, daher habe ich das Beispiel mühelos auf der DRadio-Website finden können.
Ob eine dpa-Meldung im Original-Wortlaut übernommen wurde, erkennt man übrigens an dem Hinweis "Ortsname (dpa)." am Anfang der Meldung. So konnte ich meine Feststellung vergleichend verifizieren, ohne den kostenpflichtigen dpa-Datenstrom zu hacken. Bearbeitete Meldungen verändern oder entfernen den Hinweis.
+++
Die Uhr tickt runter, ab 10 Uhr bin ich vor Ort! Ich denke natürlich auch an Deine Wünsche: AMG und Aston Martin.
Bis morgen abend!
Dieter
Andreas E.S. 09/09/2013 23:29
Da hast du ja sehr genau hin gesehen. Mich freuen immer die mathematischen Vorstellungen der Journalisten: In unserer Tageszeitung beschrieb man die Größe der Schweiz mit etwas über 43 000 m², also hatte jeder Schweizer eine Fläche von ca. 7 cm x 7 cm zum Leben. Ein anderer Bericht: In Kalifornien sind 9 Km ² abgebrannt. Oder : In Indonesien hat man nach 10 Jahren eine Verbrecherbande auf 3000 m² endlich gefasst. Das ist genau die Größe meines Gartens. Das hätte ich schneller geschafft. Solche Klöpse gibt es laufend. Ich sehe und höre dauernd solches.LG Andreas
G. H. H. 09/09/2013 23:18
@ Foto-Nomadejetzt muss ich doch mal nachfragen:
warum kommen deine bildkommentare immer doppelt an?
grüße aus münchen
gabY
G. H. H. 09/09/2013 23:16
das ist ja lustig!damit alles auch vollständig beanstandet wird, ziehe ich der bildunterschrift ein "r" ab und kaufe ein "s" ;-))
peinlich auch die tatsache, dass viele deiner kollegen immer noch nicht die "das/dass-regel" beherrschen oder gibt es heute keine korrekturleser mehr?
aber zum glück gibt es ja wichtigeres im leben!
liebe grüße
gaby
p.s.: dieter, der countdown läuft und ich denk an dich!
*heul*
Foto-Nomade 09/09/2013 21:32
Du bist eben sehr aufmerksam.Ich habe es im Radio mitgehört
und noch so dabei mit gedacht...
23 Jahre - nach der Expertise auf Echtheit ??
~
LG von Foto-Nomade
und Danke zu
~
smokeonthewater 09/09/2013 19:47
@Ursula: Nein, dpa und die verwertenden Redaktionen dürfen sich gern weiterhin blamieren. Ist doch lustig, nebenbei solche oberflächlichen Arbeitsergebnisse zu finden. Im Prinzip könnte ich täglich mehrere Stilblüten aus den Medien vorführen, aber dazu und zum Informieren der Urheber fehlt mir die Zeit.@Franz: Ist doch OK, wenn Du zumindest die Nachricht aufnimmst, ohne auf solche Feinheiten geachtet zu haben. Viele Zeitgenossen informieren sich doch über gar nichts mehr.
Pacoli 09/09/2013 19:36
Hallo Dieter,fein aufgepasst. Wenn ich von mir ausgehe, überflieg ich solche Berichte, oder auch nicht und gut ist´s. Aber wo Du das so analysierst, Du hast recht.
Schönen Abend und LG
Franz
Ursula Elise 09/09/2013 18:51
Du bist so aufmerksam, wie ein jeder/eine eigentlich sein sollte.Und schreibst, was du beobachtet hast, ausgerechnet hier, in einem Foto-Forum, wo die meisten Leute nicht wirklich schreiben (zuvor: denken) können.
ICH DANKE DIR!
Ursula
Hast du's an dpa geschickt?
MANU-SARRE 09/09/2013 18:19
foto sher schones!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!bravo
manu
Foto-Nomade 09/09/2013 18:10
Du bist eben sehr aufmerksam.Ich habe es im Radio mitgehört
und noch so dabei mit gedacht...
23 Jahre - nach der Expertise auf Echtheit ??
~
LG von Foto-Nomade
und Danke zu
~