Dresden: Auf der anderen Seite der Elbe – Das glückliche Paar 02
Es war schon interessant in Dresden, mir auf Dauer aber viel zu laut und voll. Obwohl die Augustusbrücke wegen der Sanierungsarbeiten alles andere als einladend aussah und wegen des vielen Fahrrad- und Fußgängerverkehrs nur schlecht zu belaufen war, traute ich mich „rüber“. Das war eine gute Idee: Rechtselbisch (und damit nur einige 100 m von der brodelnden Altstadt entfernt) fand ich eine ganz andere und plötzlich viel ruhigere Welt.
Überrascht war ich, beim Lauf im steinigen Elbebett (bei Niedrigwasser) plötzlich vor einem sehr zufriedenen wirkenden Paar aus Bronze zu stehen. Die haben mir gleich gut gefallen und sich auch ohne Faxen gut fotografieren lassen. Erst später konnte ich recherchieren, was es mit den beiden auf sich hat – siehe untenstehenden Artikel aus der Sächsischen Zeitung.
Widerlich: Die Figuren waren ursprünglich kurz vor meinem Besuch als Vierensemble aufgestellt worden. Als ich zu ihnen kam war bereits der dazugehörige „Schamane“ abgeschlagen worden und verschwunden!
„Schwer ist die Kunst
Der Bildhauer Thomas Reichstein freut sich, dass man wieder in der Elbe baden kann. Er feiert das, indem er in Dresden eine Figurengruppe ans Wasser stellt.
Feste soll man feiern, wie sie fallen. Und so wurde gestern gegen Mittag am Dresdner Elbufer zwischen Marienbrücke und Filmnächtegelände eine kleine Vernissage zelebriert. Mit Musik, doch fast ohne Publikum. Der Saxofonist Roger Tietke umwanderte das Geschehen und improvisierte zu den Skulpturen, die der Bildhauer Thomas Reichstein und seine Frau Doreen Wolff zunächst vom Elberadweg zum Fluss schleppten. Die Löcher waren schon gegraben, in denen Reichstein die vierteilige Gruppe verankerte: Zuerst fand der Schamane seinen Platz im steinigen Boden des trockenen Flussbetts. Er soll den Wasserlauf und die Menschen, die am Fluss leben, bewachen und beschützen. Dann kam ein glückliches Paar hinzu, das der Künstler den „zufriedenen Teil der Menschheit“ nennt. Der 56-Jährige, der jedes Jahr mehrere Monate in Thailand arbeitet, zählt sich selbst zu den Glücklichen. Seine Frau lächelte still, als er das sagte, und packte kräftig mit an, um die 80 Kilogramm schwere Doppelfigur am Flussufer aufzustellen. Dann wurde ein Vogelmann dazugestellt, der ein goldenes Vögelchen in seinen Händen hält. Komplettiert wird die illustre Runde durch eine „Eva á la Cranach“ mit einer Frucht in den Händen.
Thomas Reichstein kam 1982 nach Dresden. Schon damals wünschte er sich, in der Elbe zu schwimmen. „Mit den Figuren feiere ich nun, dass das wieder möglich ist. Die Wasserqualität ist gut. Ich bin die Elbe in mehreren Etappen schon von Hrensko bis Riesa hinabgeschwommen.“
Die Figurengruppe, so will es der Künstler, soll zugleich bewusst machen, wie stark der Mensch auf den Fluss einwirkt. „Gut, dass wir in Sachsen keine Staustufen haben und das freie Fließen erleben dürfen. Ich wünsche dem Fluss die gleiche Freiheit, die ich mir auch wünsche“, sagte der Bildhauer gestern. „Der Schamane beschwört uns alle, die Kraft des Flusses zu wahren.“ So weit, so pathetisch.
Dass die Elbe im Moment wenig Wasser führt, machte es Reichstein einfach, seine Figuren zu verankern. Bis zum 2. Oktober und bis zu einem Pegelstand von 184 Zentimetern dürfen die lebensgroßen Figuren die Aussicht auf die Brühlsche Terrasse genießen. Wenn das Wasser ihnen noch nicht bis zum Hals, aber schon am Knöchel steht, muss der Künstler handeln. Drum beobachtet Reichstein nun täglich den Wasserstand in Schöna. Vielleicht macht er daraus eine Kunstaktion, wer weiß?!
Offenes Atelier Thomas Reichstein / Doreen Wolff in Dresden, Pillnitzer Landstr. 59; 20. August, 10 – 18 Uhr.“
Sächsische Zeitung, 17.08.17.
http://www.sz-online.de/nachrichten/kultur/schwer-ist-die-kunst-3751296.html
Dresden, 22.09.17.
Nikon D300, Nikkor AF 2.8/24-70 VR.
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