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Schneevogel


Premium (Pro), Bodensee

Ein Hauch von Tod

Als ich Paul zum ersten Mal treffe, sitzt er in einem alten Lehnstuhl und dreht sich eine Zigarette. Das lange T-Shirt verdeckt nur spärlich die abgemagerten Schultern, gibt den Blick frei auf dünne, knöcherne Arme, die wie schützend über dem gewölbten Bauch liegen. Unter der leichten Decke ragen unförmige Beine hervor. Abgezehrte, hautige Schenkel, gespannte, dicke Waden, aufgeschwollene, rote Füße. Er streicht sich in Gedanken über den Kopf, auf dem vereinzelt und spärlich die ersten feinen Haarbüschel zu wachsen beginnen.
Zarter Flaum, Hoffnung, sich mühsam behauptend, gegen Gift und Krankheit.

Er erzählt mir, wie es anfing mit der Krankheit, vor ein paar Monaten, so aus heiterem Himmel und wie alles auf einmal ganz anders war. Er spricht ruhig und scheinbar gelassen, über seinen Zustand, sein bevorstehendes Ende. Ohne Scheu benutzt er die Worte Tumor, Metastasen, Tod und Sterben und ich bin seltsam berührt von seiner Ausstrahlung…

Schneevogel (1/9)

http://www.youtube.com/watch?v=l04epdSEvtQ

Comentarios 18

  • Lommi. 17/01/2014 18:19

    ....dieser schmale Grad, auf dem wir uns bewegen, jede Sekunde...

    liebes Vögelchen, deine Bildergeschichte, deine Worte und die Fotos sind wieder eine Komposition, die nachdenklich macht, innehalten läßt und die du mit so viel Feingefühl uns nahe bringst...

    durch eine liebe Freundin bin ich an diesem Thema sehr nah dran, obwohl es mir lieber wäre, dass es nicht so wär...

    ganz liebe Grüße zu dir vom Schwesterlein
  • Mein Leben Meine Bilder 13/01/2014 23:13

    Die Kälte und die Linien des Bildes schnüren sich um mein Herz und ziehen mich in einen Bann.....mitfühlend des Jungen Schicksals...deine Worte schnüren die Kehle, so das es kaum möglich ist zu schlucken. Du reißt mich in die harte Realität, die man doch immer zu meiden sucht...aber das ist gut so. Ich wünsche dem Jungen viel Wärme und Licht in jederlei Hinsícht....auf gewisse Weise ist er zu bewundern...zeigt er doch die Stärke, die uns meistens fehlt.

    hlg
    Evi
  • Angela Sp. 13/01/2014 11:26

    Das löst einen Schauer bei mir aus. Gescihcten die das Leben schreibt. Man kann die mMenschen die sich dem Kampf stellen nur Bewunderung zollen.
    Dein bild dazu ist vom Aufbau des Weges von dem dünnen Eis auf dem man sich bewegt sehr gut gewählt

    LG Angela
  • ulrich.pramme 13/01/2014 10:51

    Ein Hauch von Tod ist eigentlich in allem - wenn man ihn einmal als Teil des Lebens kennengelernt / akzeptiert hat.
    Aus deinem Bild spricht für mich auch Angst und Furcht - Angst vor der Gefahr die sich schon in Rissen andeutet, und Furcht vor dem, was ein unbestimmt düsterer Himmel bringen mag... Zum Gesamterlebnis werden Bild und Text erst wieder durch die kongeniale Musik, die Du wie so oft früher schon ausgezeichnet hinzugefügt hast. Sie paßt auch sehr gut zu der großen Weite - - - ! !
    (@ HE.S.: Die Frage nach dem Sinn des Lebens - und unserer Bedeutung darin - stelle ich mir nicht mehr seit ich glaube, die Antwort zu kennen)
    Wir haben sehr lange auf eine neue Fotogeschichte von dir gewartet. Das ist in Ordnung: Etwas so außergewöhnliches fällt eben nicht alle Tage vom Himmel. Es wird interessant werden - und es wird uns allen einen Erkenntnis-Zugewinn bringen, wenn wir aufmerksam alle 9 Stufen mit dir gehen.
    Auch wenn es schwer werden sollte.
    LG Uli
  • andrea aplowski 13/01/2014 9:43

    Zu deiner Geschichte ein sehr passendes und unterstützendes Bild. Kühle, Kälte und das Eis bricht auf um zu verschlingen.
    lg andrea
  • HE.S. 12/01/2014 22:52

    .... seltsam berührt ....

    An dieser Formulierung hake ich. Sie klingt so einfach, aber hinter ihr steckt wahrscheinlich etwas, was durch Worte zu beschreiben kaum möglich ist.

    Dein Bild - es ist grau-blau - zeigt Wege, Licht, Schatten und Spuren. Aber all das ist wenig von Bedeutung. Auch ohne den Text und Deinen Reisebericht würde es kühl und gnadenlos wirken - vielleicht seltsam. Es ist keine physikalische Kälte, die einem entgegenströmt. Es wirkt, als würde sich bald etwas ändern. Aber es wirkt auch so, als käme etwas mit gnadenloser Kontinuität wieder. Als wäre es völlig egal, was der Mensch denkt und fühlt und meint. Es ist eine gnadenlose Wiederkehr, die sich nicht im geringsten um Empfindungen und Denke kümmert.

    Ich frage ich, welche Bedeutung wir in diesem ganzen Geschehnis haben. Und ich frage mich das insbesondere, wenn ich Deine Reiseberichte lese. Es muß doch eine sinnvolle Verbindung zwischen all dem geben. Warum denken wir, als aus diesem System Hervorgegangene , darüber nach, es könne alles anders sein, wenn es das nie kann. Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn man nicht denken könnte.

    Hochachtungsvoll (ein nicht mehr zeitgemäßer Begriff aber dennoch sehr treffend und in Ausnahmen anzuwendend) und viele viele Grüsse und über seltsam muß ich nochmal nachdenken, obwohl ich genau das doch nicht will ......
  • DT-Fotografie 12/01/2014 22:32

    Das Bild gefällt mir sehr gut.
    Dein Text geht unter die Haut und berührt einen sofort.

    lg Detlef
  • lillililli 12/01/2014 22:17

    Sehr traurig.
    In welcher Familie kommt das nicht vor?
    Das ist doch eher selten, wenn niemand eine solche Geschichte kennt?

    Ich finde sehr schön, was Du geschrieben hast!
    Und ich wünsche Paul alles Gute!!!!
    Karin
  • Heidemarie 12/01/2014 21:10

    Es gibt diese Menschen mit der unglaublichen Kraft, mit diesen Dingen umzugehen, als sei es das Normalste von der Welt. Dein Foto zu seinen Worten ist grandios. Bestimmt sagst Du uns, wenn es Paul nicht mehr gibt. LG Heidemarie
  • Karina M. 12/01/2014 21:06

    Paul hat schon sicher einen langen Weg zurückgelegt bevor er so frei über seine Krankheit reden konnte. Es ist ein langer Prozess sie zu akzeptieren und manche schaffen es bis zu Ende nicht…
    LG Karina
  • Willi W. 12/01/2014 20:55

    Menschen wie Paul, abgemagert, todkrank und doch Teil unserer Gesellschaft reden ohne Scheu über ihr näherkommendes Ende und doch wenn man genau hineinschaut in diese gequälten Augen spürt man die Hoffnung nein ich glaube sogar den Wille zu Überleben. Doch der Kampf hat gerade erst begonnen. Es ist gut das Paul oder Menschen wie er nicht wissen was da noch alles auf sie zukommt. Sie klammern sich an jedem Strohhalm und die Zuversicht diesen Kampf zu gewinnen wird immer größer. Doch plötzlich ist er wieder da,

    Der Schattenmann
    Der Schattenmann war wieder hier,
    plötzlich und unerwartet stand er neben mir.
    Er sagte:" Hallo, erkennst du mich nicht,
    ich bin der , dem du damals entwischt.
    doch keine Angst ich vergesse dich nicht.
    Hab im Moment keine Zeit, es gibt viel zu tun,
    ich komm nicht dazu, mich mal auszuruhen.
    Doch eines Tages, wenn du nicht an mich denkst,
    komm ich wieder, das verspreche ich dir.
    Dann gibt´s kein entrinnen und kein Entfliehen,
    deine Seele muss dann mit mir ziehen.
    Drum sei auf der Hut und gib gut acht,
    damit dir noch lange die Sonne lacht.
    Willi W.

    Hoffen wir für Paul das auch für ihn die Sonne noch ein wenig scheinen wird.
    Ein bisschen traurig
    Willi
  • micsfoto 12/01/2014 20:03

    es lauft einem eiskalt den Rücken ....
    Bild und Text passen.
    VG Michael
  • Nelia J. 12/01/2014 19:55

    Das Eis ist dünn ... ein passendes Bild zu deinem Text.
    Du schreibst voller Gefühl und Achtung über das Thema, auch das nimmt mich in den Bann.
    Danke ... dass du dieses Thema wieder aufgreifst und uns teilhaben lässt,den Blickwinkel zu erweitern.
    Herzliche Grüße
    Nelia
  • Gelo Charro 12/01/2014 19:38

    Bello panorama, de ambiente invernizo.
    Profundidad, luz y tonos, óptimos.
    Un abrazo.
  • dorographie 12/01/2014 19:22

    Dein Text berührt....kommt mir sehr nahe. Das Bild begeistert....lässt mich träumen.
    Eine wunderbare Stimmung durch die Farben, das Licht und die Tiefe.....welch Spuren da verlaufen...Lebenslinien...
    LG Doro

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Carpeta Leben + Tod
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