Ein Michelangelo in Brügge
Ein Meisterwerk! Ich stand davor und begriff sofort, dass es von Michelangelo stammen musste. Aber wie kam ein solches Meisterwerk nach Brügge?
Michelangelo Buonarroti fertigte diese Marmorskulptur zwischen 1501 und 1506 an. Ursprünglich schuf er die Figur für Papst Pius III. für einen Altar im Dom von Siena. Aber Michelangelo stieg aus diesem Vertrag aus. 1515 wurde sie an Tuchhändler aus Brügge verkauft, die sie der Liebfrauenkirche stifteten. 1551 sah sie dort auch Albrecht Dürer. 1944 wurde die Statue von der deutschen Besatzungsmacht beschlagnahmt und in einem Bergwerk eingelagert, von wo sie zusammen mit anderer Raubkunst ins geplante Linzer Führermuseum gebracht werden sollte. Nach Kriegsende kam sie wieder nach Brügge zurück.
Marias Blick ist traurig, als ob sie das Schicksal ihres Kindes schon ahnen würde. Jesus schickt sich an, seinen irdischen Weg anzutreten, der schließlich in der Passion und am Kreuz enden wird. Maria versucht nicht ihren Sohn zurückzuhalten. Sie erkennt und anerkennt seine Berufung, denn auf ihrem rechten Bein hält sie das Alte Testament. Dort sind die Leidens- und Heilsprophezeiungen aufgezeichnet. Keine andere Maria aus dieser Zeit zeigt so wenig Interesse an ihrem Kind wie diese.
Schon dieser Maria wegen lohnt es sich nach Brügge zu reisen.
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