Ein Tropfen Sehnsucht
Wenn Paul in einen erlösenden, schmerzfreien Dämmerzustand fällt, entspannen sich seine Züge, doch es scheint auch, als ob der Tod an seiner Seite lauert. Die geschlossenen Augen liegen tief in ihren Höhlen, durch die fahle, aschgraue Haut zeichnen sich die Backenknochen überdeutlich ab. Stehen wie Gebirge in einem Gesicht ohne Rundungen, dem alles Weiche, Fleischige abhanden gekommen ist.
Ich spreche Paul an, streiche sacht über seinen Arm. Er öffnet langsam die Augen, verwundert, dass jemand bei ihm ist. Sein linkes Bein will nicht mehr, die Muskeln sind schlaff und kraftlos. Auch das rechte führt nicht mehr aus, was der Kopf befiehlt.
Paul trinkt seinen Kaffee, raucht eine Zigarette, sieht fern. Heile Welt, Sonne, Strand und obendrein ein Millionen-Gewinn im Lotto. So gaukeln sie uns das Leben vor. Paul lächelt…
Schneevogel (5/9)
http://www.youtube.com/watch?v=qq8Fey7qxaA
Willi W. 17/01/2014 21:09
Es ist schrecklich ansehen zu müssen wie der Tod lauert. Alles was Paul ausgemacht hat und was Paul war, verschwindet langsam aber unaufhörlich. Die Haut spannt sich über seine Gesichtsknochen und seine Nase wird spitz. Ein untrügliches Zeichen. Und doch träumt Paul. Er träumt von einer besseren Welt, Sonne Strand und Meer. Vielleicht schwelgt er aber auch im Vergangenen. Denkt an das was er alles erlebt hat und erleben durfte. Er träumt von einem Millionengewinn im Lotto und weiß doch tief in seinem inneren das selbst alles Geld der Welt ihn nicht mehr helfen kann. Und trotzdem lächelt Paul. Er weiß, das er es bald geschafft hat und endlich seinen Frieden findet. Ich hoffe ich werde eines Tages genau so tapfer sein wie Paul.Paul wäre mir bestimmt ein guter Freund geworden.
LG Willi
andrea aplowski 17/01/2014 12:07
Du machst mich sprachlos. Jedes Bild passt so gut zu deinem Erzählten. Deine Sprachkunst ist etwas besonderes.lg andrea
Angela Sp. 17/01/2014 12:02
Du beschreibts in deinem Text eindringlich das Gesicht eines Sterbenden. Man kann das, wenn man ihn begleitet wirklich so erahnen das der Tod lauert. deine Bildkombination des schmalen Grades mit dem seil des Haltens ist Dir gut gelungenLG Angela
ulrich.pramme 16/01/2014 22:47
Die Dramatik von "Mittelerde", mit leichter Brandung an der Küste (in leicht verfremdender Tonung) und die Musik legen eine Dramatik unter den Text, der ebenfalls dramatische Veränderungen beschreibt und mit der Fernseh-Gaukelei abschließt (böse Menschen verdächtigen Absicht dabei).Ist er nicht eigentlich immer präsent: Der Unterschied zwischen grausamer Wirklichkeit und blendender Traumwelt? "Paul lächelt" - das kann ich mir aber nicht ohne Bitterkeit vorstellen.
"Frau Schneevogel, wo bleibt das Positive?"
LichtSchattenSucher 16/01/2014 21:48
Dein Text strahlt trotz allem eine bewundernswerte Gelassenheit und sogar Zuversicht aus !Gruss
Roland
Mein Leben Meine Bilder 16/01/2014 19:42
Dein Bild zeigt mir, wie nah er schon an der Klippe steht und es ihm selbst überlassen ist ob er das Seil, seinen letzten Halt, los lässt. Warum nur müssen diese Wege so lang und Qualvoll sein....Dieses Bewußtseins- hin- und her zerreißt einen...
hg
Evi