Einladung in Kalimantan
Damit die Expedition zu den Dayak funktionieren konnte, mussten eine Reihe Termine und Einladungen wahrgenommen werden. Bürgermeister, örtliche Polizei, Priester...
Aus dem Reisetagebuch:
...Später kamen wir wieder an den Fluss mit dem braunen, trüben Wasser. Sein Rauschen war zu hören, bevor sein Wasser zu sehen war. Auf der anderen Seite lag das Dorf Long Lame. Dieses Dorf der Dayak war das Ziel der Träger. Der Fluss wurde dann auch mit einer gewissen Routine durchquert. Das Dorf Long Lame bestand aus ungefähr 20 Pfahlhäusern, Hütten, die mit Schindeln gedeckt waren. In diesen Häusern lebten die Ureinwohner, die Bahau-Dayak. Pastor Jeffrey war in Long Lame ein bekannter Mann und wurde vertraut begrüßt. Jeffrey stellte uns dem Dorfältesten vor und half uns Kontakte zu den Leuten zu finden. Wir saßen auf dem Hüttenboden im Kreis mit Leuten, mit denen wir uns nicht unterhalten konnten. Kopfjäger? Es waren nur Blicke und Gesten. Eine einfache Kommunikation. Abschied vom herkömmlichen Smalltalk. Sie waren bereit mit uns zusammen zu sein. Eine Frau mit einem Kopfputz aus einem breiten, geflochtenen Bast-Ring, der einen schwarzen Haarknoten umfasste, stellte Peter und mir Tee und Früchte vor die verschränkten Beine des Schneidersitzes. Ich ließ meine Augen durch den Raum wandern. Das Mobiliar bestand aus Matten aus Rattan und geflochtenem Bast. Ein Vorhang aus Stoff teilte den Raum. Festeröffnungen. An einer Wand hatte jemand einen großen Nagel eingeschlagen. Daran hingen Werkzeuge und Waffen. Buschmesser und Blasrohre. Daneben zwei aus Bast geflochtene Sonnenhüte, ähnlich dem NonLa aus Vietnam. Etwas huschte durch das Fenster zum Dachfirst hinauf und verschwand durch das gleiche Fenster in die Dunkelheit. Ein kurzer Schatten.
Zusammensitzen auf dem Boden einer Hütte und einen Becher nehmen und weiterreichen, nachdem man getrunken hatte. Das Wort spielte keine Rolle mehr. Der Tee war schon lange getrunken. Sprache war so mühsam, wurde durch Gesten, Zeichen und Handlung ersetzt.
Ich saß an eine Bretterwand gelehnt, auf dem Boden. Der Alkohol erweiterte die kleinen Blutgefäße, die Arteriolen, die geglaubt hatten durch die tropische Hitze schon genug ausgedehnt worden zu sein. Das Hemd klebte mir wie ein nasser Lappen am Körper. Peter und unsere Gastgeber waren entspannt und redselig. Es war finster geworden. Urwaldgeräusche. Eine Petroleum-Funzel schaffte es gerade die Gesichter zu erhellen. Ich saß auf dem Boden, an eine Bretterwand gelehnt, zwei Meter über dem Waldboden in einem Pfahlhaus der Dayak. Arme und Beine waren schwer geworden. Der Tuak bewirkte eine Konzentration der Sinne auf die Geräusche des Waldes und die vollkommene Entschleunigung. Nichts hätte mich an diesem Abend im Dschungel Borneos aus der Ruhe bringen können. Entschleunigung, das vollkommene Herunterbremsen jeglicher Hektik und Anspannung. Ein Gesamtwerk aus spärlichem Licht, das Gesichter, Wände und Boden illuminiert, dazu der Geruch nach feuchtem, verkohltem Holz und einem Sound des Waldes aus Zikaden, Fröschen und anderen nachtaktiven Tieren.
Kein plärrender Fernseher, keine kreischende Mutter, die ihr Kind zur Sau macht. Keine überfüllte U-Bahn, kein Weihnachtsgeschäft.
Das Foto entstand 1984, während einer fotojournalistischen Reise, auf den Spuren des Arztes Dr. Gerhard Schwenck, der während der Kolonialzeit auf der Insel Tarakan und entlang der Flüsse Kajan und Bahau praktizierte. Ergebnis der Reise war im Jahre 1985 unter anderem ein Ausstellungsprojekt mit der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg unter dem Motto: "Dayak - das vergessene Volk".
Analogfoto von 1984 mit Selbstauslöser, also ein richtig altes Dia war Vorlage für den Scan.
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