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Barriccato


Premium (Basic), Markdorf

Ganz unten

Bei etwa null Grad Celsius saß der obdach- und arbeitslose Slowene auf einem winzigen, dünnen Polster und wartete
fröstelnd auf ein paar mildtätig gegebene Cent oder ein Brötchen von den hektisch an ihm vorbeieilenden Menschen.

Ungefähr zehn Minuten habe ich die Szene beobachtet, bevor ich ihn
ansprach und um Erlaubnis bat, ihn fotografieren zu dürfen. Ein längeres Gespräch, ein Honorar
und ein großer Becher mit heißem Milchkaffee haben ihn überzeugt.

Es hat keinen Wert, nach Paparazzi-Art Menschen aus dem Hinterhalt zu
fotografieren, denn damit verletze ich Persönlichkeitsrechte und kann vielleicht
ein, zwei Aufnahmen machen, bis ich entdeckt werde. Bei der Portraitfotografie
auf der Straße bin ich genauso wie im Studio auf den Dialog und die Mitarbeit
der fotografierten Person angewiesen, damit gute Portraits entstehen.

Im Laufe meiner Karriere als Amateurfotograf habe ich vor allem in Bezug auf die Streetfotografie folgendes gelernt:

1. Man muss mutig sein, wenn man eine bestimmte Szene in den Kasten bekommen will, also muss
man Menschen ansprechen. Und wie hier jeder weiss, kostet das erst einmal ganz schön Überwindung.
Manchmal handele ich mir eine Abfuhr ein, aber meistens kommt nach einer oder zwei Gegenfragen das o.k.

2. Man muss ehrlich sein, damit habe ich am meisten Erfolg. Ich erzähle dem potentiellen
Model, dass ich Fotograf bin und z. B. an einem Portrait-Wettbewerb in der Fotocommunity teilnehme und ich
auf die Mithilfe meines Gegenübers angewiesen bin. Wenn mein Model ein Smartphone hat, übergebe ich meine Visitenkarte
mit einem QR-Code, dann kann mein Model sich schnell meine Bilder auf der Seite ansehen. Je mehr ich bei diesem
wichtigen ersten Gespräch über mich preisgebe, umso mehr Vertrauen schafft dies und die Wahrscheinlichkeit
zur Einwilligung in ein kurzes Shooting steigt enorm. Eine Unterschrift unter einen kurzen Model-Release-Vertrag
bekomme ich eigentlich immer, wenn ich darauf hinweise, dass ich Fotos nur mit Vertrag hochladen oder veröffentlichen kann, weil
sie mir in der Nachttischschublade wenig Freude machen.

Comentarios 3

  • Susanne H. Fotografie 22/10/2013 3:10

    eine klasse Momentaufnahme! Sehr gelungen.
  • Simone Thurn 04/03/2013 8:23

    mit deinem Text gibst du einen schönen Einblick in die Streetfotografie und ich finde deine Sicht auf die Dinge richtig! Ich würde mich auch überzeugen lassen und mitarbeiten :)
    Diese Szene ist toll eingefangen!
    Lg
  • Günther Metzinger 02/03/2013 18:59

    Sehr gut, dass Du dieses Thema aufgreifst, obwohl Du damit wahrscheinlich wenig "punkten" wirst. Mit dem Bild und dem Text zeigst Du, dass man mit kritischen Blick fotografieren kann und doch die Würde dieser Menschen wahrt.
    VG Günther M

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Exif

Cámara NIKON D90
Objetivo AF-S VR Zoom-Nikkor 70-300mm f/4.5-5.6G IF-ED
Diafragma 4.8
Tiempo de exposición 1/60
Distancia focal 125.0 mm
ISO 400