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+++ Gegen das Vergessen +++

+++ Gegen das Vergessen +++

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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

+++ Gegen das Vergessen +++

Heute vor 77 Jahren, gegen ca. 15.00Uhr, wurde das Konzentrationslager Auschwitz – Birkenau von der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front befreit !!!

Wir dürfen N I E M A L S vergessen !!!!
Kurz nach Kriegsbeginn und der Besetzung Polens waren insbesondere in Oberschlesien, sowie dem Generalgouvernement die Gefängnisse überfüllt. Auf Vorschlag von SS-Oberführer Arpad Wiegand erwog SS-Gruppenführer Erich von dem Bach-Zalewski den Gedanken in der Nähe der Polnischen Stadt Oswiecim ein Konzentrationslager zu errichten. Oswiecim erwies sich als geeignet, aufgrund der dort befindlichen Kasernen, sowie der Lage, die einen Ausbau sowie die Isolierung von der Außenwelt ermöglichte. Darüber hinaus war die Eisenbahnverbindung mit Schlesien, dem Generalgouvernement, der Tschechoslowakei sowie Österreich gegeben. Kurz noch eine Information zum Namen dieses Ortes, nein – Auschwitz ist keine Erfindung der Nazis. Gegen Ende des 17.Jahrunderts gehörte dieser Teil Polens noch zum Österreichischen Reich, es gab damals das Großherzogtum Auschwitz, dort wo zu Kriegsbeginn und auch jetzt wieder, die Stadt Oswiecim ihren Sitz hat. Der Name wurde also lediglich von damals übernommen. Am 27. April 1940 erließ SS-Reichsführer Heinrich Himmler eine Anordnung demzufolge das Konzentrationslager Auschwitz errichtet wurde. 1. Lagerkommandant wurde Rudolf Höß, dessen Ernennung am 04.05.1940 stattfand. Bereits am 14.06.1940 erreichte der erste Häftlingstransport, mit 728 Häftlingen aus dem Gefängnis in Tarnow, das KZ Auschwitz. Im Laufe seiner Geschichte wurden insgesamt für das Lager 404.222 Häftlinge als Arbeitskräfte registriert. Die Zahl der Ermordeten bzw. an Erkrankung, Misshandlung sowie durch Medizinische Experimente verstorbenen Menschen im Lagerkomplex Auschwitz I (Stammlager), Auschwitz II (Birkenau), sowie Auschwitz III (Monowitz) schwanken zwischen 1,1 und 1,5 Millionen. Das KZ Auschwitz verfügte des Weiteren über fast 50 Außenlager. Am 27. Januar 1945 gegen ca. 15.00 Uhr trafen erste Aufklärungstrupps der Roten Armee in Auschwitz und Birkenau ein. Nach dem Entminen des umliegenden Geländes marschierten Soldaten der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front in beide Lager ein und brachten den überlebenden Häftlingen die Freiheit.
Jetzt erst einmal ein paar Sätze zu Auschwitz II (Birkenau). Birkenau war eigentlich, nachdem die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion überfallen hatte, als Kriegsgefangenenlager für russische Kriegsgefangene gedacht. Bereits am 26.09.1941 erhielt Rudolf Höß von Himmler den Befehl ein zusätzliches Arbeitslager für ca. 100.000 russische Kriegsgefangene zu errichten. Doch bereits 1942 änderte sich die Bestimmung für Birkenau, es wurde das größte Vernichtungslager des Dritten Reichs. Das Lager wurde von russischen Kriegsgefangenen unter katastrophalen Hygienischen Bedingungen erbaut. Dies kostete unzähligen Kriegsgefangenen schon in den ersten Monaten das Leben. Es gab keine Sanitären Einrichtungen, Baracken für die Unterkunft standen noch keine zur Verfügung, denn sie wurden ja erst erbaut. Darüber hinaus befindet sich das Lager in einem Sumpfgebiet, es musste also durch die Anlegungen von Entwässerungsgräben, die teilweise mit den bloßen Händen ausgehoben wurden, auch noch entwässert werden, Dabei trieb die SS die Gefangenen gnadenlos mit Schlägen und Tritten voran, wer erschöpft zusammensackte wurde auf der Stelle erschossen bzw. mit Knüppeln erschlagen. Zu Anfang wurden in zwei, sich auf dem Gelände befindlichen Bauernhäusern, Bunker I und Bunker II bzw. das rote und das weiße Häuschen, die deportierten Häftlinge vergast, nachdem zuvor bereits Ende 1941 im Stammlager Versuche mit dem Gas Zyklon B (Schädlingsbekämpfungsmittel) sich als Zufriedenstellend erwiesen. Bereits Mitte 1943 gingen in Birkenau die vier neu erbauten Krematorien in Betrieb. Als Mitte Mai 1944 die sogenannte Ungarn-Aktion durchgeführt wurde, also die Deportation von ca. 400.000 ungarischen Juden, kamen auch die 4 Krematorien nicht mehr mit dem Vergasen sowie Verbrennen von Leichen hinterher. Es mussten zusätzliche Verbrennungsgruben ausgehoben werden, da die Züge mit jeweils ca. 1.000 Juden aus Ungarn, im 6 – Stunden – Takt ihr Ziel Birkenau erreichten. Übrigens wurde das sich im Stammlager Auschwitz befindliche Krematorium I bereits am 05.05.1944 stillgelegt und in einen Luftschutzbunker umgebaut.
Krematorium II (Baugleich mit Krematorium III) hatte eine Kapazität von 1.440 Leichen pro Tag und wurde am 31.03.1943 in Betrieb genommen,
Krematorium III am 25.06.1943. Krematorium IV und V
(ebenfalls Baugleich) hatten eine Kapazität von 768 Leichen pro Tag. In Betrieb genommen wurde Krematorium IV am 22.03.1943. Beim Aufstand des jüdischen Sonderkommandos am 07.10.1944 wurde es fast komplett zerstört. Krematorium V wurde am 04.04.1943 in Betrieb genommen. Um Beweise zu vernichten ordnete SS Reichsführer Himmler am 26.11.1944 die Zerstörung der Krematorien in Birkenau an. Begonnen wurde mit dem Abbau am 01.12.1944. Zum Torhaus möchte ich noch kurz erwähnen das erst am 16. Mai 1944 erstmals ein Zug durch diese Tor fuhr, bis dato endeten die Deportationszüge an der sogenannten Alten Judenrampe, welche sich einen knappen Kilometer vom Torhaus entfernt befindet. Erschaudern und ein nicht begreifen wollen übermannt ein wenn man durch die Baracken geht, besonders im sogenannten Todesblock (Block 25) im Frauenlager ist alles Original noch so erhalten geblieben. In diesem Block wurden weibliche Häftlinge, die morgens beim Appell von der SS als nicht mehr arbeitsfähig ausgesondert wurden, untergebracht. War der Block voll ging es in eins der vier Krematorien. Doch diesen Gang erlebten viele nicht mehr, wer nicht mehr Einsatzfähig war wurde von der SS als „Nutzloser Esser“ angesehen und bekam von nun an keine Verpflegung mehr. In der Nähe von Block 25 befinden sich noch die Überreste der Baracke, in der einst als der „Todesengel“ bekannt gewordene Josef Mengele seine Todbringenden Experimente an Kindern, zumeist Zwillingen, verübte. Am Ende des Schienenstrangs befinden sich die Überreste der vier gesprengten Krematorien – sie alle liegen noch so da, als wäre es gestern erst passiert! Dahinter befindet sich außer dem Effektenlager noch die Zentralsauna des Männerlagers. In dieses Gebäude kamen alle männlichen Häftlinge, welche an der Rampe für Arbeitsfähig aussortiert wurden. Dort worden ihnen die Haare entfernt, sie bekamen die Häftlingsnummer eintätowiert, mussten duschen und bekamen ihre Häftlingskleidung ausgehändigt, ehe sie für ca. 14 Tage erst einmal ins sogenannte Quarantänelager mussten, um evtl. mitgebrachte Krankheiten nicht ins Lager gelangen zu lassen. In einem großen Saal dieses Gebäudes steht eine riesige Wand voller alter Fotos, Fotos die die Deportierten bei sich trugen, Fotos ihrer Liebsten…
Der Lagerkomplex Auschwitz-Birkenau gehört übrigens seit dem 27. Juni 2007 zum UNESCO – Weltkulturerbe, die Besucherzahlen liegen bei ca. 1,5 Millionen Menschen jährlich. Das Stammlager ist auch heute noch komplett erhalten, diese Tatsache verdanken wir heutzutage einzig und allein den Überlebenden. Sie haben sich für den Erhalt eingesetzt, die Bevölkerung des polnischen Ortes Oswiecim hätte am liebsten nach Beendigung des zweiten Weltkriegs, dass Stammlager wie auch das Vernichtungslager Birkenau dem Erdboden gleich gemacht und neu bebaut. In den Blocks, wo früher Häftlinge wie auch das SS – Wachpersonal untergebracht war, hat heutzutage nahezu jedes europäische Land, aus denen Juden hierher deportiert wurden, seine eigenen Ausstellungsräume die sich mit der Deportation und Judenverfolgung während der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht auseinandersetzen. In den Ausstellungsräumen werden unter anderem auch Kleidungsstücke, Koffer, Haare usw. ausgestellt. All diese Gegenstände stammen aus dem Effektenlager in Birkenau. Das Effektenlager bestand einst aus 30 Baracken, dorthinein kamen alle Gegenstände, die die Deportierten bei der Ankunft in Koffern bei sich trugen. In der Häftlingssprache wurde das Effektenlager übrigens als „Kanada“ betitelt, sie verglichen das Land Kanada, welches reich an Rohstoffen war, mit dem „Reichtum“ des Effektenlagers. Am 23. Januar 1945 steckte die SS, um Beweise zu vernichten, das Effektenlager an – bei Eintreffen der Roten Armee waren noch 6 Baracken nahezu unversehrt – all diese Gegenstände sieht man heute in den Ausstellungsräumen des Stammlagers. Unter anderem z.B. 1.118.345 Stück Damen- und Herrenoberbekleidung, 43.255 Paar Schuhe und unvorstellbare 7 Tonnen menschliches Haar!
Das Krematorium I, welches, nachdem die vier neuen und größeren Krematorien in Birkenau fertiggestellt waren, wurde am 19.07.1943 stillgelegt. Gleich in unmittelbarer Nähe des Krematoriums befindet sich der Galgen, an dem der 1. Lagerkommandant Rudolf Höß am 16.04.1947, nachdem er 14 Tage zuvor in Warschau zum Tode verurteilt wurde, hingerichtet wurde. In unmittelbarer Nähe davon befindet sich die sogenannte „Schwarzen Wand“, welche sich im Hof zwischen den Blocks 10 und 11 befindet. Hier wurden Todesurteile im Schnellverfahren ausgeübt, zum einen an Häftlingen die z.B. einen Ausbruchsversuch ausgeübt oder geplant hatten, sowie auch an Menschen, die vom Kattowitzer Standgericht, welches im 1. Stock von Block 11 Tagungsräume hatte, zum Tode verurteilt wurden. Auf Befehl von SS-Reichsführer Himmler wurde die „Schwarze Wand“, welche als Kugelfang diente, am 05.05.1944 entfernt. Das Erdreich darunter wurde bis in eine Tiefe von 2m ebenfalls abgetragen, da es mit Blut durchtränkt war. Heute steht an dieser Stelle ein Nachbau. Block 11 galt in der Häftlingssprache als der Bunker, wer dort wegen vergehen jeglicher Art einsaß, kam dort, bis auf sehr wenige Ausnahmen, nicht mehr lebend heraus. Block 10, welcher gleich nebenan liegt, kann nicht besichtigt werden. Er hat aber eine schlimme Vergangenheit, in ihm erforschten Dr. Clauberg sowie Dr. Schumann, an männlichen wie auch weiblichen Häftlingen, Methoden zur schnellen und kostengünstigen Sterilisation.

5 Besuche in Auschwitz von 2008 bis 2019 haben zahlreiche Eindrücke hinterlassen. Eindrücke die sich in das Gehirn einbrennen und einem immer wieder aufzeigen das so etwas NIE WIEDER passieren darf. Leider zeigt die Gegenwart hierzulande, und auch in anderen Staaten, dass viele aus Krieg, Verfolgung und Unterdrückung nichts gelernt haben.
Ich hoffe meine Auswahl von Fotos, die ich über Jahre hier in die Fotocommunity eingestellt habe, sowie meine kleine Chronik bringt euch diese Zeit, diesen Ort näher…

„Aber eins tut not für den Neubeginn. Es gibt für die Aussöhnung mit der Welt eine Vorbedingung, an deren Erfüllung jede moralische Verständigung mit anderen Völkern geknüpft ist, und ohne deren Erfüllung ihr Deutschen nie begreifen werdet, was euch geschieht. Das ist die klare Einsicht in die Unsühnbarkeit dessen, was ein von schändlichen Lehrmeistern zur Bestialität geschultes Deutschland der Menschheit angetan hat; es ist die volle und rückhaltlose Kenntnisnahme entsetzlicher Verbrechen, von denen ihr tatsächlich heute noch das Wenigste wisst, teils weil man euch absperrte, euch gewaltsam in Dummheit und Dumpfheit bannte, teils weil ihr aus dem Instinkt der Selbstschonung das Wissen um dieses Grauen von euren Gewissen fernhieltet. Es muss aber in euer Gewissen eindringen, wenn ihr verstehen und leben wollt, und ein gewaltiges Aufklärungswerk, das ihr nicht als Propaganda missachten dürft, wird nötig sein, um euch zu Wissenden zu machen. Was eine Schandphilosophie vom schmutzigsten Dünkel eure Machthaber instand gesetzt hat zu tun, was sie durch eurer Söhne Hände, durch eure Hände getan haben, ist unglaubwürdig, aber es ist wahr…
Deutsche, ihr sollt es wissen. Entsetzen, Scham und Reue ist das Erste, was nottut. Und nur ein Hass tut not: der auf die Schurken, die den deutschen Namen vor Gott und der ganzen Welt zum Greuel gemacht haben“.
(Thomas Mann, 1945)

„Wir schlurfen durch den aufgeweichten, lehmigen Boden, voller Furcht und am Ende unserer Kräfte. Wir erreichen unsere neuen Gräber, wie wir unsere neuen Häuser nannten. Bevor wir uns zum neuen Ort hingeschleppt und kaum dass wir etwas Atem geschöpft hatten, hatten einige von uns schon mit Knüppeln eins über den Kopf bekommen. Schon floss Blut aus den aufgeschnittenen Köpfen oder Gesichtern. Das ist die erste Begrüßung für die Neuankömmlinge. Alle sind wie betäubt und schauen sich um, wohin man sie denn gebracht habe. Gleich informieren sie uns, dass wir nun eine Probe des Lagerlebens hätten. Hier herrsche eiserne Disziplin. Hier befänden wir uns in einem Todeslager. Dies sei eine tote Insel. Der Mensch komme nicht hierher, um zu leben, sondern um früher oder später seinen Tod zu finden. Hier sei kein Ort um zu leben. Es sei die Residenz des Todes…“
(Aus den Aufzeichnungen des jüdischen Häftlings Salmen Gradowski, die nach der KZ – Befreiung auf dem Lagergelände gefunden wurden)

Ende April 1941 wurde ich zum Straßenbau innerhalb des Lagers Auschwitz abkommandiert. Eines Tages wurde ich in Block 14 gerufen, wo sich einige SS - Männer und rund 20 jüdische Neuankömmlinge befanden. Ich mußte ihnen einen Straßenabschnitt zuweisen, Hacken, Schaufeln und Schubkarren an sie austeilen, und sie sollten eine Rinne graben und die Erde fortschaffen...
Nach einiger Zeit ging ich nachschauen, wie die neuen Kollegen arbeiten. Einige lagen schon blutüberströmt am Boden und die SS - Männer schlugen mit Schaufelstielen wahllos auf sie ein... Die SS - Männer suchten sich noch fünf Kameraden aus, die sich hinsetzen mussten, ein Bein in Kniehöhe über einen Bordstein gelegt, mit dem Fuß am Boden. Neben jedem stand ein SS - Mann, und auf ein bestimmtes Zeichen hin sprangen alle mit beiden Füßen auf den Unterschenkel des über den Bordstein gelegten Beines. es ertönte ein furchtbarer Schrei, und man hörte das Krachen der brechenden Knochen...

(Quelle: Franciszek Gulba - Die Auschwitz - Hefte)

„Gegen das Vergessen“

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