Goldfisch meint …
Da fällt mir eine Liedzeile von Kettcar ein: „...was für ein Verständnis, von Erkennen und Erkenntnis. ...“
Also - was tun, Leute? Internetabstinenz? Nö!!!!!!
Man kann mich googeln, also bin ich. Tja, so kann’s gehen. Bei mir ist es genau umgekehrt.
Ich kann nirgendwo gegoogled werden und dennoch bin ich mir tatsächlich ganz sicher zu sein. Um genau zu sein, bin ich sogar genau aus diesem Grund (dass man mich eben nicht googeln kann) so sicher. Google ist daran aber nicht ganz unbeteiligt.
Gäbe es google nicht, wäre ich gar nicht darauf gekommen wirklich alles anzuzweifeln, sondern hätte dem guten alten Brockhaus vertraut. Und ohne René Descartes würde ich mich nicht so sehr in meinen Zweifeln bestärkt fühlen.
Herr Descartes wäre ein super Medienpädagoge gewesen. Als hätte er es schon damals geahnt: Während er sich innerhalb seiner Meditationen damit beschäftigte, was er tun könne, um auszuschließen, einem betrügerischen Gott oder einem Dämon auf den Leim zu gehen, lieferte er uns das Werkzeug im Umgang mit einem riesigen und allmächtig erscheinenden US-Konzern des 21. Jahrhunderts. René Decartes legte bereits im Mittelalter den Grundstein für Medienkompetenz im 21. Jahrhundert. Anders als mich, kann man ihn sogar googeln. Er hat ein ziemlich gutes Ranking.
Also nun wenden wir den Herrn Descartes mal auf den Internet-Riesen google an:
Radikales Zweifeln an Meinungen, Sinnen, Offenbarung, Gott, Autoritäten etc. in Ermangelung deren Beweiskraft - am besten gar nix glauben - finde ich super.
Meinungen - Nicht nur, das Meinungen im Netz meist nicht als solche gekennzeichnet sind, sondern die Urheber derselben, merken oft gar nicht, dass das, was sie von sich geben, nicht die in Stein gemeißelte Wahrheit und Wirklichkeit ist, sondern lediglich ihre Meinung. Gut für sie - schlecht für mich.
Sinne - na ja, wenn ich aus medienpädagogischen Gründen eh nichts mehr glauben soll, glaube ich eben auch nicht mehr, was ich höre und sehe.
Wie sieht’s mit schmecken und riechen aus? Wie sicherlich auch google weiß, liebe ich es bei meinen Internetaktivitäten diese „Durchbeißer“- Bonbons zu essen. Gestrichen? Glaub ich nicht. Was ist mit dem Duft von Pfannkuchen aus der Küche? Und wenn es juckt, soll ich mich kratzen?
Ok, um zur Erkenntnis zu gelangen, reiß ich mich mal zusammen.
Die Offenbarung - steht bei mir im Bücherregal.
Gott - ok, aber der hat mir eigentlich noch nie versucht, mir irgendetwas aufzuschwatzen.
Autoritäten - kann ich problemlos ausblenden und etc. sowieso.
Zweifel am kognitiven Zustand - die habe ich sehr häufig, bei der Stürmung des Capitols und der US-Wahl dachte ich zum Beispiel, ich würde träume…
Bei Verschwörungstheorien bin ich mir nie sicher, ob ich hallizuniere.
So - der erste Schritt zur sicheren Erkenntnis ist geschafft. Der Akt des zweifelnden Denkens ist vollzogen und damit unbezweifelbare Gewissheit.
"cogito ergo sum“
Nun habe ich die Regeln der sicheren Erkenntnis nicht bedacht:
- Allein das, was klar und unbezweifelbar ist, ist als wahr anzuerkennen
Logo - das leuchtet ein.
- Analyse eines Problems mittels Zerlegung in überschaubare Teilaspekte, die nacheinander gelöst werden
Habe ich gemacht: zuerst geggogled und dann gedacht.
(-;
- Auflösung der Komplexität eines Problems durch stufenweises Fortschreiten vom Elementaren zum Komplizierten
Auch das habe ich befolgt.
- Dokumentation mittels Übersichten und Aufzählungen, Überprüfung der Vollständigkeit Bin gerade dabei.
So - geschafft! Ich bin also eine neuzeitliche Rationalistin und meine Vernunft ist die Quelle der Erkenntnis.
Herr von Nöten schaut aus dem Küchenfenster …
Anette Z. 10/09/2021 19:58
Also ich kann dich googeln :-)) Musste ich natürlich sofort ausprobieren, um die Omnipräsenz des Internets zu überprüfen.
Aber ich das wichtig? Ob man dort zu finden ist oder nicht? Das echte Leben findet doch sowieso offline statt. Sogar die Kinder haben das mitgekriegt: Dass man sich im Cyberspace nicht anfassen kann. Irgendwo muss ja auch Corona etwas gutes haben.
Aber wir haben in den letzten anderthalb Jahren auch gesehen, was online alles möglich ist. Vor dem ersten Lockdown hätte ich nie gedacht, dass man einem Menschen im Chat tatsächlich psychische Hilfe geben kann. Oder zwischen den Zeilen die Not von Kindern bemerkt.
Es ist nicht das Medium, sondern das Herz dahinter.
Aber am Ende geht nichts über eine Umarmung.
Und Herr von Nöten hat manchmal meinen vollen Respekt, wie er bei all den komplexen Gedanken so ruhig aus dem Küchenfenster schauen kann :-))
Gruß, Anette
Georg2020 06/09/2021 22:52
Wichtig sind nur zwei Dinge: die, die man hätte tun sollen, und die, die man bereut, weil man sie getan hat.Lernen, damit im Gleichgewicht zu leben.
In Bezug auf Medien und Internet: in der Zeit hätte man auch qualitativ wirksamere Dinge tun können.
Zu viele Informationen, zu wenig Fähigkeit des Abspeicherns in sich, zu wenig gefühlte Interaktion. Erkennen, wo das reale Leben gefühlt werden kann.
Zweifeln ist immer erst mal der bessere Weg im Sinne eines Strebens zu mehr Erkenntnis, aber auch das allein bereichert nicht das Leben.
Hach, dein Bild ist gemein, ich haue hier nur Sätze raus, die aneinander geklebt in völlig freier Reihenfolge Sinn und Unsinn gleichzeitig verursachen.
Und: von Zweifeln allein wird man nicht innerlich freier. Zweifel können auch nichts anderes als eine Verschiebung oder Abwehr sein. Medien sowieso.
Loslassen lernen.
Also, wohin?
Zream 03/09/2021 18:16
Letztendlich werde ich trotzdem zweifeln und rückblickend erkennen müssen, dass ich viel falsch und vieles richtig gemacht und gedacht habe.Gefällt mir deine Aufschlüsselung :)
artlove 03/09/2021 13:37
Herr Descartes hat den Tieren (und den Menschen) leider keinen Gefallen getan: Ich fühle, also bin ich - hätte es eher getroffen und den Lebewesen gedient....LG Helma
Fräulein Einauge 02/09/2021 20:43
Grossartig in Bild und Wort!H.-Jürgen Kühne 02/09/2021 10:41
gerade meine Meinung zu sagen. Das war nicht immer so und es ging nur einen Trick anzuwenden oder zu verschlüsseln. Es hat die Wachsamkeit trainiert. Du hast das richtige Bild beigefügt. Dein Bild ist sehr aussagefähig und der Text regt zum Nachdenken an.LG Jürgen
BluesTime 02/09/2021 9:55
zweifel ist ein guter antrieblg
dotroom 01/09/2021 20:54
Bild und Textsind für mich
ein Volltreffer.
lg marco
Heiko Schulz ² 01/09/2021 7:12
Soweit erstmal jetzt ...Das Bild finde ich klasse zum Text, der für mich auch mein Denken und Handeln reflektiert. Aber dazu auf jeden Fall später noch. Denn ... es lohnt, sich damit auseinander zu setzen, weil es ein Versuch ist, dass man sich zusammensetzen könnte. Wenn da nicht die Capitol- und Reichstagsstürmer wären. Da gibt es kein Zusammen mehr.
Google ... Fluch und Segen in eins.
Grüße, Heiko.