Hamburg Wandsbek
Wandsbek ist einer der schönsten Orte der Welt ... vielleicht ... möglicherweise ... wer weiss ... hmm? ... naja ... achso ... dazu dann vielleicht mal ne ältere Geschichte aus der Vorstadt:
Papa
Der Verrückt-Erklärer rückte den Verrückten in die Nähe einer Situation mitten ins Gesicht. Ein Spiel ohne Liebe, ein Gedankengang ohne Fürsorge. Eine Robe ohne Mantel.
„Mein Sohn“, sagte mir Papa, als er den Stall seiner vielen Kleider verließ, „du wirst jetzt zu übernehmen haben worüber all die Jahre geschwiegen wurde!“ Mich rührte seine Ehrlichkeit grundtief. Ich umarmte seinen Schatten, nur einen Knochenwurf von unserem Schicksal entfernt.
„Wenn das die Muttergardine noch erlebt hätte!“, sagte ich zu mir. Dabei murmelte ich so laut, dass ich mir die Ohren zuhalten musste und ich fuhr mit dem Daumen über die Goldkante.
Eine Viertelstunde saßen wir uns an dem alten Esstisch mit den blauen bayerischen Musterkacheln gegenüber. Wir schwiegen. In unseren Augen spiegelte sich das Forsthaus Falkenaugapfel. Vater bot mir eine Zigarre an. Ich lächelte in meinen Jonathan hinein und trug bodenlos ein schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck „Such den Heinz in Dir“ von „Heinz Ketchup“. Vater fragte, ob ich Schmerzen hätte, ob es wehtun würde so zu sein. Ich wusste nicht was er mit „so“ meinte, erhob mich von dem Wurzelholzstuhl und schritt zum Fenster ohne ihm Antwort zu geben.
Endlich fuhr ein langer heller Wagen vor. Zwei freundliche Stewardessen entstiegen ihm zunächst. Dann folgten zwei Herren. Die Stewardessen hielten ihnen die Tür auf. Der Sandweg knirschte unter jedem einzelnen Schritt. Die Weißkittel trafen uns im alten Rauchzimmer. Es war gelüftet. Erleichtert und mit festem Augenkontakt schüttelte ich die Hände der Herren, bevor sie Vater professionell und ohne ihm körperliche Schmerzen zu bereiten in die Zwangsjacke steckten. Er war zum ersten Mal richtig gut gekleidet.
„Leb wohl mein Sohn!“, rief mir der alte Mann rosawangig entgegen, „du wirst schon wissen was du tust!“
„Schnauze Papa!“, war meine Antwort, „jetzt rede ich!“
28. Mai 2003
Jutta Schär 14/02/2007 12:19
habe deinen text gelesen .... sehr stark.... gekauft... am 24.02.07wer uriniert bloß immer gegen fahrkartenautomaten.... das wollte ich schon immer mal wissen... oder lieber doch nicht... ;-))
lg jutta
Zwei AnSichten 13/02/2007 12:03
gute Geschichte , gutes Dokubild !lg Ingrid
Matthias von Schramm 13/02/2007 9:31
ich glaube nicht michael - wenn man mit der bahn von lübeck kommt - fahre ich da durch - kaum anders. und immer noch sind die fahrkartenautomaten volluriniert.V. Munnes 13/02/2007 8:48
Die Lektüre ist gut und wohl passend, aber ich musste erstaunt feststellen, dass sich in Hamburg schon viele Geister aus einer notwendigen Fixierung befreit haben !?Oder denke ich..........liege ich da so sehr falsch ?!
Im Massenbrei geht auch vieles unter !
VLG----------------------volker-
Freies Mitglied dieses Vereins........ 13/02/2007 7:18
jeeeeeeeeeeeeeeh, das ist ja wieder eine ungewohnt unahnbare Geschichte von dir!(Der Bahnhof wirkt sehr einladend...)