Ist Fotografie Kunst oder Handwerk? - Episode 28

Die Frage der heutigen Sendung hat schon viele Gespräche
darüber in die Verzweiflung geführt! Umso mehr
freuen wir uns, Dich heute mit am
Tisch sitzen zu haben! :)

Wir wünschen viel Spaß!

Lars & Falk

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https://www.fotocommunity.de/podcast/episode/28

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und jeden Sonntag ab 15 Uhr:
Kaffeezeit und Bildbesprechung "Editors' Choice"

Comentarios 15

  • Matthias von Schramm 27/03/2022 21:27

    Ein Zitat von Heinz Rudolf Kunze nur als kurze Bereicherung - vielleicht könnt ihr das in eure Gedanken (höre grade die Sendung) mit einbauen: "Die Kunst macht dem Denker das Herz schwer!"
  • uli62 06/02/2022 12:43

    Halte gerade ein altes Buch in den Händen : "Thüringen" in Farbenphotografie von 1930 herausgegeben von einem Regierungsrat Fritz Koch. In dem Vorwort dazu fand ich u.a. dies:
    " Die Kunst der Farbenphotographen, wie des Photographen überhaupt, besteht vielmehr darin, daß er die eigenartigsten und schönsten Landschafts-und Ortsbilder herauszufinden und so auf die Platte zu bannen versteht, daß alle Eigenart des Gegenstandes zum Ausdruck kommt und sich auch ein guter, bildmäßiger Eindruck für das Auge des Beschauers ergibt, - daß der gute Photograph einen interessanten Gegenstand also nicht nur sachlich, sondern auch künstlerisch gut wiedergibt. Deshalb ist das Photogrphieren nicht nur ein Handwerk, sondern auch eine Kunst, deshalb sind gute Photographien auch als Kunstwerke zu bewerten."
    Das Buch stammt aus einem Nachlass und es tut mir etwas leid, diese Fotos einfach zu entsorgen, die ja noch unter ganz anderen Voraussetzungen, wie heute, entstanden sind. Ist aber reiner Zufall, das ich das Vorwort gelesen habe und mussten schmunzeln, das es wohl schon damals die Frage zu Kunst und Handwerk gegeben hat.

    Für mich steht die Kreativität im Vordergrund, sowohl im künstlerischen, wie auch im handwerklichen Zusammenhang. Ich fotografiere zuerst für mich, setze meine rudimentären, handwerklichen Fertigkeiten ein und gestalte meine künstlerische Sichtweise. Wenn ich ein Gegenüber finde, was dies in meinen Bildern erkennt, wertschätzt, sich damit auseinandersetzt, ist das ungemein viel. Und so möchte ich auch die Bilder anderer betrachten: offen, wertschätzend und tolerant. Dabei lässt sich über alles reden, das Handwerk, die Kunst, die Sichtweise u.v.m
    LG Uli
    • Lars Ihring 06/02/2022 13:22

      Hallo Uli,
      Dein letzter Absatz gefällt mir sehr :) Ich finde am wichtigsten, dass man sich selbst wichtig und das was man tut ernst nimmt. Sich kreativ und künstlerisch zu betätigen ist wichtig und tut einem selbst ungemein gut :)
      LG!
      Lars
  • Hans Joachim Jürgens 03/02/2022 13:35

    Vielem von dem, was @Richard Rduch       ausgeführt hat, kann ich mich anschließen.

    Um dem Begriff ‚Kunst‘ für mich selbst noch Relevanz zu geben, halte ich es wie folgt:

    Über Kunst lässt sich so wenig streiten wie über Geschmack. Jedem steht es - Gott sei Dank - frei, diese mehr oder weniger monetär zu honorieren.

    Wahre Kunst liegt für mich aber in erster Linie im Empfinden - günstigenfalls Wohlbefinden - des Erschaffenden und erst in zweiter Linie im Auge des Betrachters.

    Ob ‚Kunst‘ von ‚Können‘ kommt, wird darum sicher auch aus diesen beiden Perspektiven unterschiedlich bewertet werden.

    Ich selbst suche in ‚Kunst‘ auch das ‚Können‘ und freue mich, wenn ich es zu finden vermag. Wohlwissend, dass ich es nur insoweit finden kann, wie es selber kenne und erkenne. Daraus ergeht aber auch der Anspruch an mich selbst, mich mit dem ‚Handwerk‘ (das ich aber nicht beruflich erlernt habe) auseinander gesetzt zu haben. 

    Und noch ein Gedanke von mir zum ‚Handwerk‘: 
    Je mehr moderne Kameras handwerkliche Fehler vermeiden oder gar ausbügeln, desto mehr wird dieses - zumindest technisch - für viele Fotografierenden in den Hintergrund treten können.

    Da ich selbst jedoch das ‚Handwerk‘ - zumindest im Rahmen meiner eigenen Fähigkeiten - sehr liebe, spricht mir Falk schon aus der Seele, wenn er sagt, dass er an einer Kamera Blende, Zeit (und evtl. noch ISO) nebst Schärfe gern manuell einstellt und die vielen anderen Features gar nicht wirklich braucht.

    Tja: Der Raum für dieses Thema ist sehr groß, aber jeder Einzelne von uns setzt ihm die Grenzen, innerhalb derer er sich selbst wohl fühlt. Auch das ist Freiheit, die ich sehr genieße und jedem gönne und wünsche.

    Macht also weiter mit Eurem Podcast unter dem Motto ‚über den Tellerrand geschaut‘! Ich freu mich drauf!

    Liebe Grüße
    Achim
    • Lars Ihring 04/02/2022 11:27

      Lieber Hans Joachim,
      danke für deine ausführliche Rückmeldung :) Der Ansatz "jeder Einzelne von uns setzt ... die Grenzen, innerhalb derer er sich selbst wohl fühlt." gefällt mir sehr ;) So steht bei Toleranz anderer Meinungen gegenüber der persönlichen Entfaltung nichts mehr im Wege :)
      LG!
      Lars
  • Richard Rduch 03/02/2022 8:53

    LOCKERE GEDANKEN ÜBER KUNST
    Von Richard Rduch

    Ich finde, dass man Kunst unnötigerweise mit maßloser Ernsthaftigkeit und extremer Hochachtung verbindet, besonders wenn man so genannte moderne Kunst meint. Ich würde unsere Position sogar als "auf Knien" bezeichnen. Die Kritik und das Hinterfragen sind Tabu und was uns vorgesetzt wird, wird praktisch ausnahmslos bewundert und mit Ehrfurcht angenommen. Oft verdienen das aber viele "Kunstwerke" nicht. Zu oft wird der Betrachter/Empfänger sogar zum Narren gehalten und zu oft weist Kunst keine Seriosität auf (gut, muss auch nicht), also: warum sollte man sie so ernst und wichtig nehmen, wie wir das meistens tun? Ich möchte mich wiederum über Kunst nicht lustig machen, aber … es gibt schon Situationen, wo man sich doch fragt: Was ist das eigentlich? Hatten Sie noch nie Zweifel, ob das was man uns als sog. Kunst verkaufen will, wirklich Kunst ist?
    Was ist Kunst eigentlich? Darüber kann man sehr lange diskutieren, das weiß so richtig nicht einmal "Tante" Wikipedia. Karl Kraus (Schriftsteller, Publizist, Satiriker) sagte einmal: "Kunst ist etwas, was so klar ist, dass es niemand versteht".
    Ein Foto von Andreas Gursky "Rhein II" hat 3,1 Millionen Euro in einer Auktion erzielt, das teuerste Foto der Welt (bis 2014). Das Bild zeigt das Rheinufer in Düsseldorf, nicht mehr und nicht weniger. Dazu ist das Bild stark manipuliert – es wurden viele Elemente (im Vergleich zum Original) am PC entfernt. Der Käufer hat bestimmt, dass es sich hier um große (weil teure?) Kunst handelt. Er hat sicherlich nicht nur für ein Foto bezahlt, er hat vor allem für Kunst bezahlt, oder? So muss man doch den (hohen) Preis verstehen. Dies ist ein Fall von vielen und es gibt mehrere solcher Beispiele, die ein Otto-Normalverbraucher nicht versteht. Siehe auch (als weiteres Beispiel) den bekannten Kunst-un?-Fall, der sich vor einiger Zeit (11.2011) im Museum in Dortmund abgespielt hat. Eine Situation perfekt nach dem Motto: "Ist das Kunst oder kann das weg?".

    Zitat: "Eine besonders gewissenhafte Reinigungskraft hat in einer italienischen Galerie Kunstwerke entsorgt, die sie für Müll hielt. Die Exponate bestanden aus Zeitungen, Pappkartons und Keksstücken, die über den Boden verteilt waren. Der Schaden ist beträchtlich. Die Ausstellung in der Galerie Sala Murat in Bari soll Besucher dazu bringen, sich mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen. Die entsorgten Exponate des Künstlers Paul Branca waren als Anregung gedacht, sich zum Thema Umwelt Gedanken zu machen, so die BBC. Ein Sprecher der Reinigungsfirma sagte, die Frau habe nur ihre Arbeit getan. Man werde den entstandenen Schaden von etwa 10.000 Euro übernehmen. Mit ihrer Aktion hat die Frau der Reihe "Ist das Kunst oder kann das weg?" eine weitere Episode hinzugefügt. Erst vor drei Jahren zerstörte eine Putzfrau ein 800.000-Euro-Werk des Künstlers Martin Kippenberger.
    2004 wurde laut "Mirror" ein Werk des deutschen Künstlers Gustav Metzger im Museum Tate Britain entsorgt, drei Jahre davor in der Eyestorm Gallery eine Installation von Damian Hurst, die aus Bierflaschen, Kaffeetassen und vollen Aschenbechern bestand. 1999 räumte ein Museumsmitarbeiter Tracey Emins Exponat "My Bed" auf, weil es so aussah, als sei es beschmutzt worden. Diesen Eindruck konnte man durchaus gewinnen: Teil des Kunstwerks waren dreckige Laken, gebrauchte Kondome und Unterwäsche. In Neukölln überpinselten ambitionierte Maler 1998 ein Zwölf-Quadratmeter großes Nashorn-Gemälde auf einer Hauswand. 1986 wischte eine Putzfrau in der Düsseldorfer Kunstakademie die "Fettecke" von Joseph Beuys einfach weg." Zitat Ende.(Quelle: spiegel.de/panorama/galerie)

    Wenn man Müll zur Kunst erheben kann (siehe aufgezählte anerkannte Kunstwerke. Eine Bemerkung am Rande: Müll erfüllt ein paar wichtige Grundsätze der modernen Kunst: er gibt viel Raum für kunsttheoretische Ergüsse, er schockiert und irritiert und sorgt damit für Aufmerksamkeit und Diskussionen), wenn man verschiedene Alltagsgegenstände zur großen Kunst ernennen kann (siehe Pinkelbecken von Marcel Duchamp - als "Parade"-Beispiel) und wenn man beliebige Ideen oder rein theoretische Prozesse als Kunst bestimmen kann, dann ist absolut alles Kunst. Und wenn dem so ist, dann gilt umgekehrt auch der Satz: Kunst (als was einzeln definierbares) gibt es nicht.

    Ernst Gombrich, der als einer der bedeutendsten Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts gilt, sagte: "Es gibt keine Kunst. Es gibt nur Künstler". Münchner Künstler Christopher Lewis hat das, mit eigenen Worten, deutlich bekräftigt: "Es gibt keine Kunst! Bloß weil es Kunstmärkte gibt, heißt das nicht, dass es Kunst gibt. Auf Flohmärkten gibt es auch keine Flöhe zu kaufen". Wolfgang Beltracchi ist meine Lieblingsfigur in der Kunstszene. Praktisch ganz allein hat er die Kunstwelt (Kritiker, Experten, Sammler, Sponsoren, Mäzenen, Galeristen, Künstler etc.) vorgeführt, demaskiert und kompromittiert. Größter (Ex-)Kunstfälscher aller Zeiten (er hat nur die Signaturen gefälscht und keine Bilder) hat gezeigt wie die sog. Kunstszene wirklich funktioniert. Eine echt amüsante Geschichte, die sogar verfilmt wurde. "Der Kunstbetrieb ist bis auf die Knochen blamiert" schrieb FAZ.

    Zurück zur Fotografie. Fotografie hat im Allgemeinen, meiner Meinung nach, verschiedene Zwecke zu erfüllen – sie soll bestimmte Momente festhalten (Reportage, Presse, Dokumentation …), sie soll durch Bild informieren und lehren (Sachbücher, Enzyklopädie, Lexikons …), sie soll erinnern (Familienfotos in Familienalben …) und erst am Ende kommt die Kunstfotografie, also das, was man darunter versteht oder auch nicht versteht. Meistens doch das Zweite, seien wir ehrlich.

    Wie sehe ich nun Kunstfotografie (Bitte nicht ganz ernst nehmen)? Ein künstlerisches Foto soll lieber in Schwarz-Weiß als in Farbe, besser unscharf als scharf, eher unästhetisch als ästhetisch und vor allem unverständlich sein; der Betrachter soll sich fragen: "Was ist das, was soll das?". Sonst wird oft ein Bild als Kunst gehalten, das provoziert oder sogar schockiert, wobei es keine Grenze gibt. Man sagt dann, dass das Bild Emotionen hervorgerufen hat, was man mit Kunst immer verbindet. Es wird nicht verlangt, dass der Künstler das Können zeigt (und überhaupt besitzt), sondern es geht nur um eine Idee, auch wenn sie für Dritte nicht erkennbar, nicht begreiflich und nicht fassbar ist. Ein Kunst-Foto beinhaltet einfach das alles nicht, was man von einem üblichen Foto erwartet. Immer? Nicht immer, aber immer öfter. C`est la vie.

    "Kunst liegt im Auge des Betrachters" - diesen Satz haben viele sicher schon gehört. Ist da was dran oder ist das nur eine weitere Floskel wie viele andere über Kunst, die absolut nichts aussagen? Auch ich habe diesen Begriff schon mehrmals gelesen oder gehört. Ich muss sagen, dass dieser Satz mich überhaupt nicht überzeugt und ich bin damit nicht einverstanden. Vielleicht, wenn es nicht sog. anerkannte Kunst gäbe. Das bedeutet, jemand hat schon für mich entschieden was Kunst ist oder nicht. Ein schwarzes Quadrat auf der Leinwand ("Das Schwarze Quadrat" von Kasimir Malewitsch, bitte als weiteres Beispiel sehen), was jeder von uns malen könnte, sogar jedes Kind, man braucht kein Können, gehört zur anerkannten Kunst. Ob uns das gefällt oder nicht, unsere Meinung ist nicht gefragt. Klar, wir können doch immer sagen: "Für mich ist das keine Kunst". Tja, trotzdem bleibt das Objekt im Museum (ein Ort praktisch nur für Kunst), trotzdem wird es von Experten als eine Ikone der Malerei des 20. Jahrhunderts bezeichnet, als ein Meilenstein der Malerei der Moderne, trotzdem wird es im Kunstunterricht erwähnt, trotzdem wird es in Lexika und in der Fachliteratur erwähnt. Was der Betrachter sagt, spielt absolut keine Rolle. Auch wenn in einem Museum 100 Menschen (Betrachter, Empfänger, Besucher) von 100, irgendein Objekt/Exponat einfach nur schrecklich finden und nie im Leben als Kunst betrachtet werden, bringt das auch nichts. Gar nichts. Der Empfänger hat nichts zu sagen.
    Damit will ich sagen, dass "das Auge des Betrachters" überhaupt keine Rolle spielt. Der Betrachter kann, ganz klar, für sich entscheiden aber es hat keinen Einfluss auf irgendetwas. Zwei oder drei, sogar zufällig entstandene, Flecken auf der Leinwand werden zur Kunst erhoben/ernannt/deklariert/nominiert genau wie genanntes Pinkelbecken, ohne den Betrachter zu fragen. Auch wenn er sagt: "Fountain ist für mich keine Kunst!", dann macht er sich höchstens lächerlich, weil das Urinal Kunst ist, sogar DIE Kunst. Also ist das Auge des Betrachters absolut unbedeutend und damit die Behauptung falsch.

    Ich kann nicht viel mit Sprüchen wie "Kunst liegt im Auge des Betrachters" oder noch schlimmer, "Kunst ist eben Kunst" oder „Kunst sind Emotionen“ anfangen. Bei solchen Aussagen fühle ich mich, als möchte jemand mich zum Narren halten. Das mag ich nicht. Ich mag auch nicht, wenn jemand verschiedene Märchen erzählt nur um auf ein Kunstwerk aufmerksam zu machen. Im Künstlerleben nach meistens sinnlosen Verbindungen von Episoden und Lebensabschnitten (die "gelbe" oder die nüchterne "Phase") zu den Werken zu suchen, mag ich auch nicht. Ob sich ein Künstler ein Ohr oder sogar zwei abgeschnitten hat, beweist doch gar nichts - im Zusammenhang mit den Werken – die werden doch durch den Akt nicht besser.

    Oft ähnelt der Umgang mit der Kunst einer Religion. "Die Kunst selbst ist Religion" - schrieb Karl Friedrich Schinkel, deutscher Architekt und Maler. Nach diesem Motto, welches von sehr vielen gepflegt wird, sollte und dürfte man kein kritisches Wort über Kunst verlieren. Die anerkannten Religionen sind sogar gesetzlich davor geschützt, man darf nicht einfach so über Gott frei sprechen. Ich habe mehrmals Menschen getroffen, die genau so über Kunst denken: Kunst ist (vor allem) etwas Geistliches und unterliegt keiner Kritik: entweder Lobeshymne oder stillhalten.

    Enge Verbindung von Kunst und Religion kann man nicht leugnen. Beide haben einen gleichen Ursprung, Museen sind oft Kirchen und die Werke gelten als sakrale Gegenstände. Gut, manche reden von Religionsersatz aber es kommt summa summarum auf das Gleiche hinaus. Ich bin natürlich nicht der Erste, der mit dieser These einverstanden ist und darüber schreibt. Man kann hier viele bekannten Namen nennen, die schon in der Vergangenheit viel darüber gesprochen oder geschrieben haben, weil sie bemerkt haben wie eng beide Bereiche zusammenhängen. Wenn man aber unbedingt möchte, kann man es auch anders formulieren: Kunst ist keine Religion, aber viele, sehr viele Menschen behandeln/betrachten/sehen die Kunst genau so.

    Es gibt mindestens tausend Zitate zur Kunst. Meistens jedoch entweder unverständliche, zweideutige oder überhaupt nichts sagende. Es gibt auch viele Versuche den Bereich irgendwie zu definieren. Es hat noch nie so richtig geklappt. Es gibt aber auch Aussagen, die eigentlich keiner hören/lesen möchte. Wozu denn? Man fühlt sich später irgendwie enttäuscht, die letzten Illusionen verschwinden, man möchte einfach nicht (alles) wissen, man wehrt sich vor allem gegen sog. unbequeme Wahrheiten und gegen neue Überzeugungen. Eine sehr zutreffende und vor allem ehrliche (!) Aussage hat der große Picasso gemacht. Er soll am 2. Mai 1952 in Madrid eine Rede gehalten haben, in der er sagte:

    Zitat: "Seit die Kunst nicht mehr die Nahrung der Besten ist, kann der Künstler seine Talente für alle Wandlungen und Launen seiner Phantasie verwenden. Alle Wege stehen einem intellektuellen Scharlatanismus offen. Das Volk findet in der Kunst weder Trost noch Erhebung. Aber die Raffinierten, die Reichen, die Nichtstuer und die Effekthascher suchen in ihr Neuheit, Seltsamkeit, Originalität, Verstiegenheit und Anstößigkeit. Seit dem Kubismus, ja schon früher, habe ich selbst alle diese Kritiker mit zahllosen Scherzen zufrieden gestellt, die mir einfielen und die sie um so mehr bewunderten, je weniger sie ihnen verständlich waren. Durch diese Spielereien, diese Rätsel und Arabesken habe ich mich schnell berühmt gemacht. Und der Ruhm bedeutet für den Künstler: Verkauf, Vermögen, Reichtum. Ich bin heute nicht nur berühmt, sondern auch reich. Wenn ich aber allein mit mir bin, kann ich mich nicht als Künstler betrachten im großen Sinne des Wortes. Große Maler waren Giotto, Tizian, Rembrandt und Goya. Ich bin nur ein Spaßmacher, der seine Zeit verstanden hat und alles, was er konnte, herausgeholt hat aus der Dummheit, der Lüsternheit und Eitelkeit seiner Zeitgenossen." Zitat Ende.

    Zu diesem Thema möchte ich auch ein kleines Buch von Nicole Zepter vorstellen: "Kunst hassen: Eine enttäuschte Liebe"

    Zitat: "Niemand traut sich mehr, die Frage zu stellen, was gute Kunst ausmacht. Nicole Zepter zeigt mit lustvoller Polemik, dass die Ablehnung von Kunst heutzutage ein Tabu ist, und sie nennt die Gründe, warum das System so festgefahren ist. »Kunst hassen« geht direkt an den falschen Respekt, der den Betrachter für dumm erklärt. Wieso müssen wir Kunst bewundern, die uns langweilt? Weshalb sind viele bekannte Künstler sofort bedeutend? Und warum glauben wir überhaupt einem Museum? Dieses Buch zeigt, wie der moderne Kunstbetrieb darüber bestimmt, was wir heute als Kultur wahrnehmen – und warum wir uns damit abfinden. Es beschreibt das System hinter den Besuchermassen erfolgreicher Ausstellungen und hochgehandelten Kunststars. Es zeigt, wie unser Vertrauen in Autorität, der Glaube an das Kunstgenie und ein kleiner Kreis von Galeristen und Sammlern uns anleiten, das als Kunst zu bewerten, was uns vorgesetzt wird. »Kunst hassen« ermächtigt den kunstinteressierten Laien oder Experten, seine Ehrfurcht vor der Kunst abzulegen, um sich ein eigenes Urteil zu bilden." Zitat Ende. (Quelle: amazon.de)

    Ich traue mich Fragen zu stellen. Ja, das tue ich. Von dem falschen Respekt habe ich geschrieben. Auch über die "kniende" Position, die viele vor Kunst annehmen. Dass der Betrachter oft zum Narren gemacht wird auch. Ein paar Worte über die gierige Kunstszene (die uns anleitet) habe ich verloren. Ich behaupte, ich habe mir ein eigenes Urteil gebildet.

    Nicole Zepter sagt auch, dass Kunstkritik immer als persönlicher Angriff gesehen wird, dass Kunstkritik als Tabu gilt, dass man sich nicht negativ äußern darf … etc. Ich glaube, kurz zusammengefasst, manche, es werden immer mehr, haben einfach langsam genug, Gott sei Dank, vom Kunstgeschwafel, vom lächerlichen Pathos, von autoritärem Gelaber, von den ganzen Märchenerzähler ... Auch wenn das alles, was ich hier schreibe, für viele wie Majestätsbeleidigung (Seine Majestät = Kunst) klingt, so denke ich.

    „Geld verdienen ist Kunst. Und arbeiten ist Kunst. Und gutes Geschäft ist die beste Kunst“ (Andy Warhol)

    „Wenn Du nicht weißt worum es geht, dann geht es immer um Geld“ (Volksweisheit)

    „Wahre Kunst ist Kunst zu verkaufen“
    • Falk Frassa 03/02/2022 10:39

      Ich bin beeindruckt von Deiner Ausführung und mag die Tiefe, in die Du dieses Thema kommen lässt, ohne die Kunst oder die Künstler zu überhöhen oder auch zu verachten. Zu einer Deinen Zeilen entsprechenden Antwort sehe ich mich hier und jetzt leider nicht in der Lage, möchte aber das Wichtigste schonmal dalassen:

      Danke Richard!

      Herzlich,
      Falk
    • Richard Rduch 03/02/2022 17:43

      Kulturdezernate, Museumsdirektoren, Galeristen, Sammler, Mäzenen und Sponsoren entscheiden was sog. anerkannte Kunst ist. Ein paar Leute, es sind wirklich wenige, geben sich recht zu wissen was Kunst ist und was nicht. Es ist so. Meistens geht es dabei nicht um Kunstwerke an sich sondern um die Namen, die größere Rolle spielen als eigentliche Kreationen. Es herrscht Personen-Kult (Künstler-Kult) auch wenn er sein (normales) Leben nicht unter Kontrolle hatte oder hat. Und die Meisten hatten Probleme. Ob Dali, ob Pollock, ob van Gogh und viele andere dürfen als Persönlichkeiten niemals als Vorbilder dienen. Trotzdem steht ihr Leben oft vor ihren Werken. Der Künstler selbst wird wichtiger als die Erzeugnisse.

      Kunst hat keine Definition, Kunst ist nicht erklärbar, Kunst ist nicht rational und fassbar. Über Kunst wird trotzdem heiß diskutiert obwohl das Ende bekannt ist (was in der Sendung mehrmals betont wurde). Vielleicht sollen wir uns auf Ist-Stand (wie in meinem Beitrag) konzentrieren, weil mit dem Satz: „Für mich ist Kunst ...“ kommen wir nicht weiter, nicht mal einen Millimeter.
    • Lars Ihring 03/02/2022 18:01

      Interessant, aber da hätte sicher ein riesiger Wirtschaftszweig etwas dagegen, an der aktuellen Sichtweise etwas zu ändern.... Und vermutlich auch viele Menschen. Sind Künstler doch am Ende auch Vorbild und Motivation. .... ich finde ja weiterhin, dass jeder ein Künstler sein kann und sollte ;)
      Liebe Grüße!
      Lars
    • Richard Rduch 04/02/2022 9:51

      Ich persönlich lehne Jackson Pollock (als Beispiel) als menschliches Vorbild ab. Ich lehne auch sein künstlerisches Schaffen als Vorbild und Motivation ab. Aber, wie gesagt, meine Meinung zählt nicht. Eine Gruppe einflussreicher Leuten hat ihn, aus politischen und  gesellschaftlichen Gründen zu Ikone sterilisiert. Salvador Dali war Nazi und Hochstapler, van Gogh war Alkoholiker mit großen Problemen mit sich selbst ... Vorbilder?

      Was wäre wenn wir Künstler als normales Beruf behandeln? Wie Elektriker, wie Techniker oder Beamte. Ohne Ingenieure oder Ärzte wäre unser Leben doch viel schlimmer als ohne „Mona Lisa“ oder „Schrei“. Es ist so, oder? Kunst ist nur Zusatz, Kunst ist nur eine Art Gesellschaftsspiel und Künstler sind nur normale Menschen mit Macken und Schwächen wie alle andere und keine Götter.

      Schöne Grüße
      Richard
  • ETK 02/02/2022 19:22

    1967 habe ich meine Gesellenprüfung als Fotografin vor der Handwerkskammer, Abt. KUNST- und KUNSTGEWERBE, (in Dortmund) abgelegt. (und bestanden)
    Fotografie IST Kunst. Es gibt aber auch den großen Bereich des "knipsens"
    Lisa
    • Lars Ihring 03/02/2022 17:58

      Hallo Lisa,
      Danke für deine Antwort :) Aber wollen wir wirklich eine Behörde entscheiden lassen, ob etwas Kunst ist? ;)
      Liebe Grüße!
      Lars
    • ETK 03/02/2022 19:27

      ....dafür brauche ich keine Behörde ! 
      Wenn ich mein HANDWERK verstehe, KANN (!!!) Kunst dabei heraus kommen.
      LG Lisa
    • Lars Ihring 03/02/2022 19:33

      OK, das klingt dann schon etwas anders :) KANN (!!!) finde ich gut ;)
    • ETK 03/02/2022 20:34

      Hätte ich in meinem Beruf "nur" Kunst gemacht, wäre ich nicht satt geworden. Und ein Pass - Foto gibt einem auch kaum Chancen zur künstlerischen Gestaltung. Ist aber natürlich auch eine Fotografie.
      LG Lisa