Regresar a la lista
Juwel der relativistischen Astrophysik: Der Pulsar und sein Supernova-Rest "Krebsnebel" M 1

Juwel der relativistischen Astrophysik: Der Pulsar und sein Supernova-Rest "Krebsnebel" M 1

15.570 2

Dirk Peters - Astro- u. Naturfotografie


Premium (Basic), Hochsauerland (NRW)

Juwel der relativistischen Astrophysik: Der Pulsar und sein Supernova-Rest "Krebsnebel" M 1

Etwa in der Zeit um 5000 bis 5500 v. Chr. explodierte in unserer Milchstraße ein Stern mit etwa 8-facher Sonnenmasse in einer gewaltigen
Supernova. Ca. 6000 bis 6500 Jahre später, so lange brauchte das Licht dieses Ereignisses um in unserem Sonnensystem anzukommen, laut belegbarer Quellen am 4.Juli 1054 n.Chr., erschien diese Supernova als extrem heller "neuer Stern" in verschiedenen Regionen der Erde selbst am Tageshimmel mit einer gewaltigen Leuchtkraft von -6 mag und war etwa 23 Tage lang sichtbar. Andere Quellen sprechen davon, dass es bereits im April des Jahres 1054 n.Chr. Sichtungen eines "neuen hellen Sterns" in Mitteleuropa gegeben habe. Ob es sich hierbei bereits um denselben Stern gehandelt hat wie die Erscheinung einige Wochen später in China ist nicht endgültig belegt, da hierüber in Europa keine weiteren Berichte bekannt wurden, es ist aber auch nicht ausgeschlossen. Die meisten Quellen nennen den 4.Juli 1054 als das Datum der offiziellen Entdeckung.

Der Tag ist insbesondere so exakt bekannt, da chinesische Astronomen dieses Datum und die Folgetage der Sichtbarkeit dokumentiert haben.

In seiner alpha-Centauri Sendung vom 24.Jan 2016 spricht Prof. Harald Lesch mit seiner bekannten faszinierend begeisternden Art nicht nur wegen dieses exakt bekannten Datums, welches als Kalibrierung in der Astrophysik Gold wert ist, beim Krebsnebel von einem "Juwel der relativistischen Astrophysik". Der Krebsnebel (oder auch "Crab Nebula") , das gilt heute als gesichert, ist letztendlich die Folge dieses "neuen hellen Sterns" von 1054 n.Chr., der nach seiner mehrwöchigen Sichtbarkeit wieder verschwunden war.
In der Literatur und im Netz finden sich sehr viele Informationen zu diesem Objekt, welches aber trotzdem noch immer ein hochaktuelles Forschungsthema darstellt, an welchem längst noch nicht alles verstanden ist.

Der Supernova-Rest Krebsnebel (M 1) hat 962 Jahre nach der Explosion seines ursprünglichen Sterns einen Durchmesser von ca. 10 Lichtjahren und
erscheint uns bei einer Entfernung von um die 6000 bis 6500 Lichtjahre heute mit einer scheinbaren Ausdehnung von 6 x 4 Bogenminuten.

M 1, wie wir ihn heute im Jahr 2016 sehen (natürlich sehen wir nur seine Existenz 962 Jahre nach der eigentlichen Explosion, also sein Zustand in den Erdenjahren 4000 bis 4500 v. Chr.) ist also der Überrest dieses explodierenden Sterns.

Seine Filamente, Material des ehemaligen Sterns, sind ca. 10000 bis 18000 Grad heiße Gase unterschiedlicher Elemente und expandieren noch immer auseinander. ("noch immer" meint natürlich wieder den Status in der Vergangenheit des Nebels, nämlich diese 962 Jahre nach der eigentlichen Sternexplosion) .

Das Berühmte am Krebsnebel ist jedoch u.a. auch "das Überbleibsel" des ursprünglichen Sterns im Inneren des Nebels, ein Pulsar, welcher "nichts anderes" als ein sehr schnell (ca. 30 mal pro Sekunde) rotierender Neutronenstern mit extrem großer Massendichte ist. (Ein Teelöffel seines Materials würde auf der Erde etwa eine Milliarde Tonnen wiegen.)

Dieser Pulsar erzeugt ferner ein Magnetfeld von so enormer Stärke, dass es Elektronen so sehr und in der Art und Weise beschleunigt, dass der Nebel
über den gesamten Spektralbereich von Wellenlängen im Radiobereich über visuell sichtbares Licht bis zur Röntgen- und Gamma-Strahlung leuchtet.

Der Pulsar mit seinem unvorstellbar starkem rotierenden Magnetfeld ist daher ein riesiger natürlicher Teilchenbeschleuniger von der Art eines Synchrotrons, gegen den die von Menschen gebauten künstlichen Forschungs-Synchrotrons auf der Erde nicht einmal wie Spielzeug wirken.

Der Krebsnebel ist insbesondere, so Prof. Lesch, das einzige Objekt in der Milchstraße, bei dem wir schon mit Amateur-Teleskopen
(also insbesondere im sichtbaren Spektrum) Licht im Kosmos beobachten, welches nicht nur thermischen, sondern relativistischen Ursprungs ist.
("Relativistisch", da die Elektronen im Krebsnebel durch das extrem starke und schnell rotierende Magnetfeld auf Geschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, und daher als relativistische Elektronen bezeichnet werden.)

Auf meinem Krebsnebel-Foto erkennt man die Lage des Neutronenstern nur recht schwach und etwas verschwommen. - Da brauche ich noch etwas mehr Belichtungszeit (also besseres Wetter und dunkle Nächte ohne Mondlicht), um das besser aufzulösen. Sobald es klappt, werde ich den Krebsnebel dann neu auflegen mit hoffentlich verbesserter Auflösung.

Genaugenommen ist der Neutronenstern selbst nur etwa 10 bis 30 km im Durchmesser "groß"und damit bei der Entfernung zu uns natürlich viel zu klein, um diesen selbst mit den besten Teleskopen von seiner Umgebung zu trennen. Was wir also in dem Foto oder auch in anderen Bildern des Krebsnebels als Lichtpunkt sehen und als Pulsar "erkennen", ist natürlich nur aufgrund dessen sichtbar, dass in der "nächsten" Umgebung um den Pulsar herum besonders hohe Energiedichten existieren und den eigentlich
"winzig kleinen" Neutronenstern überhaupt als Lichtpunkt verraten.

Auf meinem Bild ist dieser Lichtpunkt, in dessen Innerem also "winzig klein" der Neutronenstern steckt, durchaus schon zu erahnen:
Es ist das schwächere (verschwommene) Lichtpünktchen direkt oberhalb des etwas helleren Sterns leicht rechts vom Zentrum des Nebels.

Das bei meinem Bild vorwiegend bläuliche Leuchten, welches in der Mitte des Nebels sichtbar ist und sich auf meiner Aufnahme fast S-förmig wie leicht angedeutete Spiralarme durch den Nebel zieht, ist vermutlich unter anderem auf die durch die Synchrotronstrahlung direkt oder indirekt erzeugten hochenergetischen Prozesse (Compton-Effekt) zurückzuführen.

Möglicherweise sticht dieses Blau bei meinem Bild im Vergleich zu anderen Amateurfotos etwas mehr heraus, da meine EOS nicht astromodifiziert ist und daher den roten Spektralbereich, der bei astromodifizierten Kameras häufig dominiert, nicht übermäßig hervorhebt. Anders gesagt: Die blauen und grünen Spektral-Anteile kommen hier gegenüber den roten Anteilen relativ stärker heraus.

Den Krebsnebel habe ich mit 2032 mm Brennweite mit meinem Celestron EHD 800 aufgenommen.
Um ihn im Bild noch "näher ran zu holen", habe ich jedoch für das finale Bild nur einen Bereich von etwa 1/4 des Gesamtbildes ausgeschnitten.

Der sichtbare Durchmesser des Krebsnebels auf meinem Foto entspricht dem bekannten 6 x 4 Bogenminuten (etwa 1/5 des Vollmonddurchmessers),
und nur aufgrund des Reinzoomens einer (nur scheinbaren) Teleskop-Brennweite von um die 8000 mm.

Wenn wir jedoch daran denken, dass die Supernova in Wirklichkeit bereits vor ca. 7000 bis 7500 Jahren stattgefunden hat und wir seine heutzutage sichtbare Ausdehnung (ca. 10 LJ) erst nach etwa 1/7 der Gesamtzeit seiner Existenz sehen, können wir unter der (rein spekulativen) Annahme, dass er proportional weiter expandiert hat, schließen, dass er heute in Wirklichkeit eine Ausdehnung von um die 70 Lichtjahren haben könnte. Er würde daher (bei gleicher Entfernung) uns in ca. 6000 Jahren etwa um die 40 Bogenminuten groß erscheinen (sicherlich aber entsprechend weniger strahlungsintensiv).

Machen wir uns das noch mal richtig klar: Als die Supernova im Jahr 1054 n.Chr. sichtbar wurde, hatte der mit Beginn dieser SN entstandene Nebel sich in Wirklichkeit schon über 6000 Jahre lang nach außen expandiert !

Das heißt, er war in Wirklichkeit schon im Jahr 1054 n.Chr. zeitlich betrachtet etwa 5 mal länger ( und, so ist wohl anzunehmen, auch örtlich weiter) expandiert (wenn sich die Expansion nicht verlangsamt hat), als wir ihn heute beobachten und untersuchen können.
Ob diese Annahme, welche Ausdehnung der Nebel heute in Wirklichkeit haben könnte von unseren Nachfahren in ca. 6000 Jahren wohl bestätigt wird ? ;-) - Tja, wir werden es wohl nie erfahren. :-)

;-) Es sei denn, Reisen durch "Raum und Zeit" per Wurmloch (so, es dieses je geben wird, siehe auch meine Anmerkungen zu meinem Bild "Zeitreise / Flammennebel"), werden wider Erwarten doch schon deutlich eher möglich sein, als heutzutage realistisch anzunehmen ;-). :-)


Infos zur Aufnahme-Ausrüstung:

Teleskop: Cel. EHD 800, f= 2032 mm, f/10
Montierung: Cel. AVX
Kein Auto-Guiding, nur nachgeführt über AVX
Kamera: EOS 760d (unmod.), Filter: UHC-S
Einzelaufnahmen:
60 x 70 sec mit ISO 800
60 x 70 sec mit ISO 3200
120 x 70 sec mit ISO 6400
(total : ca. 4,7 Stunden)
Darks-Abzug, keine Flats,
gestackt und dezent nachbearbeitet in Fitswork
Aufnahmendaten: 31.Dez.2015/01.Jan.2016, 08.Jan.2016
loc: 53.4°n.Br., 310 m NHN

Comentarios 2

  • Dirk Peters - Astro- u. Naturfotografie 22/02/2016 22:37

    Hallo Sepp,

    ja, M1 hat es physikalisch echt in sich und ist wohl nach wie vor ein super spannendes Forschungsprojekt (s. meine "etwas" ;-) längere Bildbeschreibung mit Hinweisen bzgl. der Ausführung von Prof. Harald Lesch in seiner alpha Centauri Fernsehreihe ... )

    Vielen Dank, dass du dein eigenes M1-Bild samt weiterer Infos hier verlinkt hast. Dein Foto hat neben der stärkeren Dominanz im Roten noch eine höhere Auflösung als meins und man erkennt den Pulsar in deinem Foto noch deutlicher, während er sich bei meinem Foto erst andeutet. Wegen meiner relativ lichtschwachen F/10 fehlt mir da noch etwas Belichtungszeit. ...
    Gehe demnächst mal mit Reducer dran - tja, so es hoffentlich endlich mal wieder ohne Mondlicht aufklart ...

    Bin auch sehr gespannt, ob ich die S-förmige, fast spiralarm-artige Ueberlappung (bei mir im vorwiegend blauen Licht) noch klarer raus kriege. Die sieht man auf anderen M1-Fotos, auch auf deinem, wenn überhaupt, wegen anderer Farbdominanz meist nur angedeutet (und nur, wenn man sie sehen will, was meinst du / meint ihr ?).
    Diese Form deutet ja eigentlich darauf hin, dass der Nebel oder Teile des SNR selbst auch (natürlich mit geringerer Geschwindigkeit als sein Pulsar) rotiert. Fände das zumindest nicht überraschend. Doch dazu habe ich bisher keine Info im Netz gefunden. Vielleicht muss ich doch mal in den wissenschaftlichen Original Publikationen suchen. Weiß jemand mehr darüber ? Oder bilde ich mir die "Spiralarme" (ich nenn sie jetzt mal so) nur ein ? Vielleicht frage ich mal bei den M1-Experten selbst (z.B. Prof. Lesch) nach ... . Sonst jemand eine Idee dazu ?

    LG, Dirk
  • Josef Käser 21/02/2016 10:36

    Viele Infos zu M1. Dieser SNR ist wohl eins der interessantesten Objekte am Himmel.

    LG Sepp
    Ausnahmsweise verlinke ich mal ein Bild von mir. Hab auch noch ein paar Infos dazu.
    Krebsnebel M 1, ein Supernovaüberrest
    Krebsnebel M 1, ein Supernovaüberrest
    Josef Käser