"Kaduk - Kapelle"
Die so genannte "Kaduk - Kapelle"...
Die für den Appell und das Zählen der Häftlinge zuständigen SS-Männer wollten sich die lange Zeit, die ja auch sie draußen verbringen mussten, angenehmer gestalten. So wurde auf dem Appellplatz eine kleine Hütte gebaut, die der Form nach einem Kirch- oder Glockenturm ähnelte. Sie war mit einer Glocke ausgestattet, mit der man den Häftlingen das Signal zum Appell gab. Dieses "Gebäude" war nach dem SS-Oberscharführer Oswald Kaduk benannt. Angeblich war er es, der die "Kaduk - Kapelle" erbauen ließ.
Oswald Kaduk (1906 - 1997)
Oswald Kaduk, geboren 1906 in Königshütte (polnisch: Chorzow, Oberschlesien) und von Beruf Metzger, kam nach seinem Kriegseinsatz in der Waffen-SS und einem Lazarettaufenthalt im Juli 1941 nach Auschwitz. Er diente dort zunächst als SS-Wache, bevor er der Abteilung III, die für die Häftlingsarbeit zuständig war, zugeordnet wurde. Im Herbst 1942 löste Kaduk als 1. Rapportführer denn SS-Hauptscharführer Gerhard Palitzsch ab, der nach Birkenau wechselte. Kaduk war dafür zuständig, das Zählen der Häftlinge bei den Appellen durchzuführen und das Ergebnis der Zählung an die höheren Stellen der SS-Verwaltung weiterzuleiten. Nach der Evakuierung des Lagers wurde Kaduk in das Konzentrationslager Mauthausen versetzt.
Ein sowjetisches Militärgericht verurteilte Oswald Kaduk 1947 zu 25 Jahren Zwangsarbeit. 1956 entließ man ihn aufgrund einer Amnestie; Kaduk ging nach West-Berlin. Im ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-1965) wurde er wegen mehrerer eigenhändig verübter Morde zu lebenslanger Haft verurteilt. Zahlreiche Gnadengesuche wurden aufgrund der Schwere seiner Taten abgelehnt. Erst 1989 wurde er wegen Haftunfähigkeit entlassen. Er starb im Jahr 1997 im Alter von 90 Jahren in Freiheit. In dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main aus dem Jahr 1965 heißt es, Kaduk sei "einer der grausamsten, brutalsten und ordinärsten SS-Männer im KL Auschwitz" gewesen. "Jeder musste damit rechnen, von ihm geschlagen, misshandelt oder aus nichtigem Anlass getötet zu werden".
(Quelle: Todesfabrik Auschwitz. Topografie und Alltag in einem Konzentrations- und Vernichtungslager von Gideon Greif und Peter Siebers)
Zeugenausagen während der Vernehmung von Oswald Kaduk im Frankfurter Auschwitz-Prozess :
Mikolajski: Ich erinne mich, daß einmal - es dürfte Anfang Sommer 1944 gewesen sein - beim Appell ein Häftling fehlte. Alle Capos mußten innerhalb der großen Postenkette suchen, auch die SS suchte. Nach vielleicht einer Stunde fanden die Capos den Häftling. Als sie ihn ins Lager brachten, hielten ihn zwei an den Händen, zwei an den Füßen. Er musste bereits stark geschlagen worden sein, denn er stöhnte. Hinter ihm ging Kaduk. Am Tor standen viele SS-Männer. Kaduk schlug den Häftling auf den Kopf und schrie: "Schweig du Hund" ! Er hat ihn so geschlagen, daß der Häftling aus Nase und Ohren blutete. Er lag dann vielleicht eine Stunde beim Tor. Später wurde die Leiche von Leichenträgern fortgebracht. Ich habe diesen Vorfall genau beobachtet.
Kral: Es war im Sommer 1942, da fielen einmal zwei Häftlinge unseres Blocks auf, weil sie beim Appell auf das Kommando: "Mützen ab" ! nicht schnell genug ihre Mützen gezogen hatten. Kaduk hat es bemerkt. Als das Kommando: "Wegtreten" ! gegeben wurde, holte sich Kaduk die beiden heraus - es waren ein Pole und ein französischer Jude, beide Neuzugänge -, Kaduk fragte sie nach ihrem Beruf und schlug ihnen mehrmals in Gesicht. Die Häftlinge hatten noch keine Lagererfahrung und wußten nicht, daß man, wenn man von Kaduk geschlagen wurde, umfallen sollte. Kaduk steigerte sich in eine große Wut hinein, nahm ein Rundeisen von einem Arbeitstisch, der in der Nähe stand, und schlug dermaßen auf den Kopf des einen ein, daß dieser sofort umfiel. Der Kopf war nahezu gespalten. Dem zweiten - dem Juden - befahl er, sich auf den Rücken zu legen. Kaduk legte ihm das blutbesudelte Eisen auf den Hals und stellte sich auf das eine Ende. Ein Häftling musste sich auf das andere stellen . So wurde dieser Mensch erwürgt. Im Keller von Block 17 wurde in der ersten Hälfte 1942 von Kaduk auf die gleiche Weise ein Häftling erwürgt, weil er Kartoffeln gebraten hat...
Wenn ich nur den Namen Kaduk höre, bekomme ich schon einen Zusammenbruch.
In seinem Schlußwort ist Kaduk wiederum Wortkarg:
"Ich wurde bereits von einem sowjetischen Gericht verurteilt und stehe jetzt das zweite Mal vor einem Gericht. Ich schließe mich den Ausführungen meiner Anwälte an und habe sonst nichts zu sagen" !
(Quelle: Der Auschwitz-Prozess. Eine Dokumentation - Band I von Hermann Langbein)
Brigitte Specht 09/01/2017 16:19
...wieder ein tolles Foto mit einem grandiosen Text dazu geschrieben!Von so einer Kapelle hatte ich bis dato noch nie etwas gelesen oder gehört, Deine Fotos und Infos verfolge ich immer mit grossem Interesse!
Eine schöne Woche wünscht Dir Brigitte!
Stefan Schwetje 08/01/2017 13:34
@ Nebelhexe und UrsulaEin Buch - es ist doch schon alles geschrieben. Ich könnte doch auch nur das wiedergeben was Historiker bereits veröffentlicht haben !
Das wäre ja nichts eigenes :-(
Ich könnte evtl. ein Buch mit Fotos, denn ich habe an die 2.000 von diesem Ort, veröffentlichen. Sozusagen : "Auschwitz heute"
Aber wer will das sehen ? Wie geht das ? Wer kauft das ?
Es ist halt ein Thema was zuwenige interessiert. Siehe die FC...
Stellst du ein Foto mit einer nackten Frau hier ein, hast du innerhalb weniger Stunden mehrere hunderte Klicks, für Auschwitz Fotos benötige ich, um auf hundert oder mehr Klicks zu kommen, wenn überhaupt mehrere Monate !!!
Nebelhexe 06/01/2017 22:53
DIe Idee von Ursula finde ich gar nicht mal schlecht! Diese BIlder mit den Texten sind erschreckend und informativ und interessant!LG
Ursula Elise 06/01/2017 22:35
Es scheint, dass du ein Projekt verfolgst: wenig bekannte Einzelheiten aus Auschwitz.Du machst dir viel Mühe, Erläuterungen zusammenzustellen. Lass bitte möglichst nicht nach dabei, auch wenn das sicher viel Arbeit ist.
Hast du auch eine Buchveröffentlichung im Sinn?
Gruß Ursula
Joachim Irelandeddie 06/01/2017 21:51
Eine gute Aufnahme von der Kaduk-Kapelle. Wenn man deine Ausführungen dazu liest, will man es einfach nicht glauben, kann man es einfach nicht verstehen wozu dieser Mensch fähig war. Das war eine sardistische Bestielg eddie
Karin.M 06/01/2017 19:07
Grausame und unfassbare Taten,ich bin immer wieder erschüttert!Eine sehr gute Aufnahme und eine Information,die ich bisher nicht so ausführlich kannte!Danke dafür!
LG Karin
Mary.D. 06/01/2017 17:53
Ich frage mich immer wieder....wieso konnte es soweit kommen...warum hat kein Nachbarland diesem Geschehen ein Ende gesetzt?Abartig war das,was da passiert ist....Teufel in Menschengestalt!
LG Mary
Sichtweite 06/01/2017 17:31
Da fehlen mir die Worte, denn es gibt keinen passenden Ausdruck für diese Taten.LG
Jochen