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Liebe und Hölle

Jena, Zwätzengasse/Saalbahnhofstraße/Bibliotheksweg, Dezember 2010. Nikon D80 mit Nikkor f/3,5-5,6 28-200 mm G bei 200 mm. JPEG (8 Bit) Fein. ISO 250. 1/77 sec f/5,6 (mitgezogen) bei mittenbetonter Messung und Belichtungskorrektur -0,3 LW. Bearbeitung: Corel PhotoImpact X3. Tonwertkorrektur: Weißpunkt auf 225. Gradationsanhebung mit S-Kurve 165/190. Nachschärfen 20/100.

Bewegt
Bewegt
E. W. R.

Auf die Ohren
Auf die Ohren
E. W. R.

Ice Age
Ice Age
E. W. R.


„Der Herr, er ist in seiner Allgegenwart einer, der uns Tag und Nacht beobachtet, er führt in jeder Stunde, jeder Minute, jeder Sekunde Buch über unser Tun und Denken, nie läßt er uns in Ruhe, nie gönnt er uns einen Moment, wo wir ganz für uns sein könnten. Was ist ein Mensch ohne Geheimnisse? Ohne Gedanken und Wünsche, die nur er, er ganz allein, kennt? Die Folterknechte, diejenigen der Inquisition und die heutigen, sie wissen: Schneide ihm den Rückzug nach innen ab, lösche nie das Licht, lasse ihn nie allein, verwehre ihm Schlaf und Stille: Er wird reden. Daß die Folter uns die Seele stiehlt, das bedeutet: Sie zerstört die Einsamkeit mit uns selbst, die wir brauchen wie die Luft zum Atmen. Hat der Herr, unser Gott, nicht bedacht, daß er uns mit seiner ungezügelten Neugierde und abstoßender Schaulust die Seele stiehlt, eine Seele zudem, die unsterblich sein soll?

Wer möchte im Ernst unsterblich sein? Wer möchte bis in alle Ewigkeit leben? Wie langweilig und schal es sein müßte zu wissen: Es spielt keine Rolle, was heute passiert, in diesem Monat, diesem Jahr: Es kommen noch unendlich viele Tage, Monate, Jahre. Unendlich viele, buchstäblich. Würde, wenn es so wäre, noch irgend etwas zählen? Wir bräuchten nicht mehr mit der Zeit zu rechnen, könnten nichts verpassen, müßten uns nicht beeilen. Es wäre gleichgültig, ob wir etwas heute tun oder morgen, vollkommen gleichgültig. Millionenfache Versäumnisse würden vor der Ewigkeit zu einem Nichts, und es hätte keinen Sinn, etwas zu bedauern, denn es bliebe immer Zeit, es nachzuholen. […]

Ein Gefühl ist nicht mehr dasselbe, wenn es zum zweitenmal kommt. Es verfärbt sich durch das Gewahren seiner Wiederkehr. Wir würden unserer Gefühle müde und überdrüssig, wenn sie zu oft kommen und zu lange dauern. In der unsterblichen Seele müßte ein gigantischer Überdruß anwachsen und eine schreiende Verzweiflung angesichts der Gewißheit, daß es nie enden wird, niemals. Gefühle wollen sich entwickeln, und wir mit ihnen. Sie sind, was sie sind, weil sie abstoßen, was sie einst waren, und weil sie einer Zukunft entgegenströmen, wo sie sich von neuem von sich selbst entfernen werden. Wenn dieser Strom ins Unendliche flösse: Es müßten in uns tausendfach Empfindungen entstehen, die wir uns, gewohnt an eine überschaubare Zeit, überhaupt nicht vorstellen können. So daß wir gar nicht wissen, was uns versprochen wird, wenn wir vom ewigen Leben hören. Wie wäre es, in Ewigkeit wir zu sein, bar des Trostes, dereinst erlöst zu werden von der Nötigung, wir zu sein? Wir wissen es nicht, und es ist ein Segen, daß wir es nicht wissen. Denn das eine wissen wir doch: Es wäre die Hölle, dieses Paradies der Unsterblichkeit.

Es ist der Tod, der dem Augenblick seine Schönheit gibt und seinen Schrecken. Nur durch den Tod ist die Zeit eine lebendige Zeit. Warum weiß das der HERR nicht, der allwissende Gott? Warum droht er uns mit einer Endlosigkeit, die unerträgliche Ödnis bedeuten würde?“

(Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon. Roman, 11. Auflage München 2006, S. 201f.)

Comentarios 112

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  • Markus Novak 11/02/2011 21:11

    das Bild wirkt intensiv, Rot passt zur Hölle und zur Liebe!
    Gruß von Markus
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  • Michael Jo. 03/02/2011 12:49

    > ................................................
    >Das liegt aber an die Untätigkeit der Kirche und
    >dessen Schäfchen...

    lieber Klaus ' Watndat' :
    habe nun nicht gecheckt, ob Eckhard (oder sonstwer)
    auf Deine hier zitierte Behauptung eingeangen sind.
    Ich bin inzwischen dieser (bzw. jeglicher) Amtskirche
    seeehr fern und schon lange ausgetreten .. ! - ;
    aber ich würde nicht behaupten, dass es an der untätigkeit der ' Schäfchen' liegt,
    wenn weiter dieser angstmachende Mythos der ewigen Hölle oder auch des ewigwährenden Paradieses propagiert wird.
    ' DIE Schäfchen ' des deutschen Pontifex da im Vatikan
    werden immer weniger ( von denen qua Geburt und Taufe in erzkatholischen Ländern abgesehen ..);
    sie wenden sich enttäuscht ab von diesen 'allwissenden' , theokratischen Theologie-Aposteln und dieser 'alleinseeligmachenden', einzig wahren (O-Ton Ratzinger-Benedikt) Kirche und haben
    diese repressive, angstmachende Rethorik gewisser
    Kirchenfürsten von vorgestern längst durchschaut und
    haben sich von der innerkirchlichen Oppositionsrolle
    (Kirche von unten, ' wir sind die Kirche ..' ) längst verabschiedet in der klaren Einsicht, dass hier ' Laien' absolut ungefragt sind und absolut nichts zu melden haben im System der erzreaktionören Amtskirche
    vatikanischer Ausrichtung.
    Zurück vor das Konzil eines Pontifex Johannes X X III.
    ist längst die klare Ansage dieser heutigen ' Würdenträger' da im karnevalesken Kardinalspurpur ( * lach ..! * ), dieser rückwärtsgewandten Fossile aus einer anderen Welt.

    Bei dem Bild ' Hölle' sehe ich eher den 'Belzebub'
    in Form eines entfachten atomaren Weltenfeuers;
    das macht mir Angst.
    Vielleicht so ein durchgeknallter Kim Il Ssung
    oder ein Achmadinedschad (für 99 Jungfrauen ..? - * lach * ) oder sonst ein künftiger, skrupelloser Despot ..?!
    Faust , der Geist aus der Flasche ....;
    im Atomzeitalter Realität !

    Michael
  • N O R D W I N D 03/02/2011 12:17

    genau mein Ding ! ! !

    vg klaus
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  • wulfila 02/01/2011 9:44

    Jaaaa!
    Das passt.
    In diese "himmlische" Zeit ...
    immer höher, immer schneller, immer größer,
    immer schlimmer.
    lg
    r
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  • Stefan Adam 01/01/2011 13:32

    "Hölle" ist aber auch sowas von subjektiv...
    Man spricht hier und da von der "Hölle auf Erden" - "Liebe" kann ich da meistens nicht entdecken. Es sei denn, man versucht etwas positives darin zu sehen, dass manche die Hoffnung nicht verlieren und ihrer Liebe freien Lauf lassen.
    Wenn Neydhart sagt, dass die Hölle oft in uns selbst zu finden ist, hat er natürlich recht - auch, wenn Satre sagt "l'enfer, c'est les autres" ... (es aber sicher nicht so meinte ;-) )
    In diesem Sinne auch Dir alles Gute für 2011!
    LG, Stefan
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  • Neydhart von Gmunden 25/12/2010 10:29

    Die "Hölle" ist meistens in uns.
    Auch zur Weihnachtszeit wird mir dies immer wieder deutlich.
    Komm gut durch den WeihnachtszeitWinter !
    Neydhart
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Cámara NIKON D80
Objetivo AF Zoom-Nikkor 28-200mm f/3.5-5.6G IF-ED
Diafragma 5.6
Tiempo de exposición 0.8
Distancia focal 200.0 mm
ISO 250