Manchmal...
hat man auch in der Dunkelheit Dienst auf der Dampflok. Die "alten Fahrensleute" kennen es. Das Fahren im Dunkeln gehört nicht zu den angenehmsten Dingen. Auf einer Diesel oder Elok ist da kein Problem. Der Fahrplanhalter ist schön ausgeleuchtet und blendfrei gedimmt. Der Tacho ist in sanft lumineszierenden Farben erkennbar. Der Funk ist je nach Belieben auf helles oder dunkles Display gestellt. Der Führerraum ist abgedunkelt. Das Fahren bei Nacht... kein Problem.
Ganz anders auf der Dampflok. Eine trübe Glühbirne unter dem Führerhausdach erleuchtet das Innere. Viel zu dunkel um etwas zu sehen, viel zu hell um bei der Fahrt nicht zu blenden. Ein Schlitz im Deckel soll den Bereich vor der Feuertür ausleuchten. Mit etwas Glück sind einige wichtige Instrumente dadurch angestrahlt. Kessel- und die Bremsmanometer. Aber da ist die Taschenlampe meist das wichtigste Hilfsmittel. Steuerpultleuchte. Da ist eine kleine Sofite drin, die grade mal die Mitte der Skala ausleuchtet. Aber wen interessiert schon bei der Fahrt, ob man mit 0% Füllung fährt. Nur wenn man einen Trofimow-Schieber hat, ist diese Stellung wichtig. Die entscheidenden Werte ab 30% aufwärts, die liegen, wie so manches, im Dunklen. Der Halter für den Buchfahrplan ist meistens recht gut ausgeleuchtet. Aber was nutzt das? Die Lok wackelt, schaukelt, wankt und stampft, das es eine wahre Freude ist. Wenn man die Strecke nicht so gut kennen würde. Mit lesen, ist da nicht viel. Aber das ist alles garnichts. Wenn nämlich der Heizer die Feuertür während der Fahrt aufmacht...
Bloß nicht zur Tür gucken. Das ist so, als wenn man in die Sonne schaut. Die nächsten paar Minuten erkennt man kein Signal. Man ist einfach geblendet. Dem Heizer geht es da nicht besser, er muß ja ins Feuer schauen. Dann auf dem Tender die Kohlen finden - da hilft auch nicht die kleine Lampe, die er anschalten kann und die das Schaufelbett ausleuchten soll. Die Fahrpumpe soll er beobachten, dafür gibt es ein Manometer. Meistens sieht er dahin, wenn er die Feuertür grad aufgemacht hat. Der Heizer muß ins Feuer schauen, um da Löcher zu schliessen und gleichzeitig, blind wie ein Maulwurf, die Strecke und die Signale beobachten. Da ist der Lokführer dann doppelt gefordert.
Es sind noch mehr Dinge, die das Fahren bei Nacht unangenehm machen. Das schlimmste sind die Signale. Obwohl oder vielleicht grade weil sie beleuchtet sind. Das Vorsignal zeigt Fahrt erwarten und das Hauptsignal? Halt! Wenn man nicht weiß, daß einen da die Ampel am Bü narrt, legt man unwillkürlich eine Schnellbremsung hin.
Ja und wie friedlich wirkt dagegen das Bild? Im Winter gegen 19 Uhr ist es entstanden. Die Lok hat sich gerade ans andere Zugende gesetzt. Die neue Zugnummer ist im Funk und in der Indusi eingegeben, deshalb ist der Deckel von der Deckenleuchte aufgeklappt und alles relativ hell erleuchtet. Aber das wird sich gleich alles ändern.
Michael PK 06/08/2010 14:59
Du versetzt einen wunderbar in den Alltag eines Lokführers...ganz grosses Kinocolorpixel 01/08/2010 19:28
tolle Aufnahme und sehr gut beschrieben das Leben eines Lokführers auf der Schiene!vG donnerblitz
Ralf Göhl 01/08/2010 17:44
@ Vir Tuell,Heinz es waren ja nicht allein die drei manchmal auch vier Nachtdienste hinter einander sondern die oft vielen Stunden dazu welche dich dann kaputt machten.
12 Stunden war da normal plus der Zeit die du zur und von der Arbeit brauchtest. So kam mitunter eine Ausbleibezeit pro Schicht von über 14 Stunden zusammen.
Ausgeschlafene Grüße von Ralf
Joachim Hund 01/08/2010 14:27
Angesichts der Lichtverhältnisse ist Dir da eine sehr gute Aufnahme gelungen, die durch den begleitenden Text vollends abgerundet wird.Gruß Joachim
Vir Tuell 01/08/2010 12:43
Das mit der Müdigkeit kennt der gemeine Museumsbahner kaum. Ganz selten hat man eine zweite oder gar dritte Nachtschicht hintereinander. Wer aber jemals im Schichtbetrieb etwas ähnliches mitgemacht hat, kann das natürlich nachvollziehen.Als ich das Foto wieder entdeckte, dachte ich mir: Eisenbahnromantik. Da heute gegen 16 Uhr wieder eine Sendung mit diesem Titel läuft (u.a. auch mit einem Beitrag zu uns), dachte ich mir, wie wenig Romantik doch in Wirklichkeit vorhanden ist. Das wollte ich einmal niederschreiben.
Ich will auch nicht verhehlen, daß man happy und froh ist, wenn man eine Strapaze gut hinter sich gebracht hat und daß man trotz allem weiter macht. Aber man muß auch mal die andere Seite sehen.
Ralf Göhl 01/08/2010 11:38
Bei deinen Foto hast du die Stimmung im Führerstand der Lok gut eingefangen den Rest beschreiben deine Worte denen ich nichts hinzufügen möchte.Außer das es für uns damals Normalität war. Wir einfach nichts anderes kannten somit das Beste daraus machten.
Nachdienst besteht nicht nur aus Dunkelheit dazu kommt noch das die Lokpersonale nach der zweiten oder dritten Nachtschicht auch noch stark mit der Müdigkeit zu kämpfen hatten.
LG Ralf