Manifestation à Paris pour les retraites (1)
"Sie schuften hier, sie leben hier, sie bleiben hier. Eingliederung der Arbeiter mit ungeklärten Papieren." (oder so ähnlich)
Demonstration gegen die Verschiebung des Rentenalters auf 67 Jahre
Denfert-Rochereau, 23-09-2010
für mich ist's ein schönes bild, weil's zeigt, wie integration in france funktioniert. die franzosen stecken die jungs einfach in gewerkschafts-uniformen. sie wirken zwar noch ein wenig schüchtern, aber sehen doch schon recht französisch aus :-) ganz im sinne von jürgen, der jetzt wieder die tricolore überziehen muss :-p
Jürgen Hartlieb 07/11/2010 21:23
Hallo Martin,vielen Dank für Deine Ausführungen, das macht doch vieles verständlicher. Was Du am Ende sagst ist genau der Punkt, weshalb ich die Turbulenzen um Stutgart 21 so schätze. Es entwickelt sich eine Kultur des Austausches von Meinungen. Wenn ich abends nach Hause gehe versäume ich es nur selten den Bauzaun zu besuchen. Die Leute unterhalten sich , diskutieren, Fremde werden zu Bekannten. Es ist dabei weniger eine Frage, ob man gleicher Meinung ist, eher die Tatsache, dass man sich aus seinem Alltags- Panzer wagt und sich mit angreifbaren Positionen aufeinander einläßt. Was in diesem Zustand passiert hat für einen selbst immer Bedeutung, auch im Hinblick auf Begriffe wie Teilhabe, Mitbestimmung, oder gar Heimat.
Bis denn, Viele Güße !
Jürgen
Martinskij 06/11/2010 21:58
danke, jürgen :-)hab das des öfteren mit meinem chef diskutiert. es gibt hier in frankreich kein so ausgefeiltes demokratisches system wie bei uns. die föderalen kontrollen etwa fehlen ja komplett. bis bei uns ein gesetz gemacht ist, wird rumdiskutiert und rumgefeilt, da gibt jede gruppe ihren senf dazu und am ende fühlen sich alle irgendwie halbwegs eingebunden.
in frankreich hingegen ist es so, dass ein mächtiger präsident so ziemlich machen kann, was er will. und gerade so ein kraftmeier wie sarkozy gefällt sich natürlich darin, härte zu zeigen. ohne die möglichkeit, zu streiken, würde damit immer die mehrheit der gesellschaft die regeln machen, und könnte im prinzip 49% der bevölkerung unterdrücken. diese minderheit nutzt also das mittel des streiks, um der macht der mehrheit etwas entgegenzusetzen. eine konservative mehrheit bedingt hier also die stärke der öffentlichen meinungsäußerung der (momentanen) linken minderheit - sie haben einfach keine anderen mittel oder gremien, um zu verhandeln.
sarkozy hat gar nicht erst kompromisse angeboten wie etwa bei uns die riesterförderung einer privatrente im gegenzug für eine geringere staatliche rente. für solche ignoranz gibt's dann halt auf'n sack. so wie bei uns gerade ja auch, in stuttgart oder gorleben.
aus deutscher sicht wirkt's irgendwie etwas altmodisch (ich wollt's vorher nicht glauben, dass das möglich wäre, aber dann lag mein auto zwei wochen still, ohne sprit), aber dafür sorgt's für eine sehr menschliche atmosphäre, für solidarität und eine aktive diskussionskultur unter den menschen. ich würd mal sagen, in deutschland gibt's zwar unter experten bzw zuständigen ne professionelle verhandlungskultur, aber der bürger verliert die fähigkeit, politisch zu werden und zu diskutieren. und der bürger, der republikaner, das ist's natürlich in frankreich!
lg,
martin
Jürgen Hartlieb 06/11/2010 21:33
P.S.: Mein tricolore ist grad in der Wäsche :)Jürgen Hartlieb 06/11/2010 21:30
Warum wählen die Franzosen eigentlich meist konservativ? Bei den vielen Demonstranten könnte man meinen, dass die Parolen von links ihren Fundus finden.Die Wahlbeteiligung ist niedriger als in D, wenn ich mich nicht irre, was sicherlich auch eine Rolle spielt. Zudem scheint mir das linke Parteienspektrum etwas unübersichtlich zu sein - zumindest aus der Ferne gesehen. Das beschäftigt mich mehr in einem allgemeinen Sinne, nicht weil ich etwa von Links die Heilslehren erwarte.
Deine Serie gefällt mir übrigens ausgezeichnet, man ist irgendwie mittendrin.
Gruß, Jürgen