Meditation
Wolleball hiess ein kleiner Hund,
Über den ein jeder lachte,
Weil er k(l)eine Beine hatte und
So viel süsse Schweinereien machte.
Warum ist man überall geniert?
Warum darf man nicht die Wahrheit sagen?
Warum reden Menschen so geziert,
Wenn sie ein Bein übers andre schlagen?
Um dies überschätzte homo sum
Werd' ich täglich wirrer und bezechter.
Ach, die Schlechtigkeit ist gar zu dumm,
Doch die Dummheit ist noch zehnmal schlechter.
Hat der Wolleball von seinem Herrn
Nichts gewusst, nur Launen mitempfunden,
Hatte der ihn andrerseits sehr gern
Und verstand im Grunde nichts von Hunden.
Er ist tot, auf den ich solches dichte.
Mir ist Wurscht, wo sein Gebein jetzt ruht.
Aber die Pointe der Geschichte
Muss ich sagen: Er war herzensgut.
Und sein Wolleball war gut. Er grollte
Nie. Ein einzig Mal nur biss
Er nach mir, als ich verhindern wollte,
Dass er wieder in die Hausschuh schiss.
Joachim Ringelnatz aus: Gedichte Allerdings
Ralf Melchert 17/06/2021 12:41
KlasseThomas Tilker 17/06/2021 12:25
Schön mit den beiden Schatten.