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Klaus Tesching


Premium (World), hinter den sieben Bergen

Mord


In einer dunklen Ecke der Welt, wo die Sonne sich längst zurückgezogen hatte und nur das monotone Summen als Ankündigung des bevorstehenden Dramas diente, schwebte ein blutsaugendes Ungeheuer über der Haut seines nächsten Opfers. Es war ein Moment der Erhabenheit, 0,3792 Sekunden vor dem finalen Schlag, den das Schicksal für dieses geflügelte Monster bereithielt.

Dieser Vampir, so unscheinbar in seiner Existenz, hatte eine Mission: ein letztes Mal die süße Essenz des Lebens zu kosten, die tief in den Adern seines unwissenden Opfers floss. Mit der Präzision eines erfahrenen Jägers bohrte es seinen Saugrüssel in die Haut, spürte den warmen Blutstrom und erfüllte sein kleines, gefräßiges Herz mit Freude. Aber ah, wie vergänglich sind doch die Freuden des Lebens! Während es gierig schlürfte, bahnte sich eine unsichtbare Bedrohung seinen Weg.

Ein Schatten bewegte sich über den Horizont, die Hand eines Giganten erhob sich mit der Ruhe eines Zen-Meisters und der Entschlossenheit eines Richters. Der Vampir ahnte nichts, genoss jede Millisekunde seines Festmahls, bis - BÄM! - das Ende kam schneller, als er summen konnte. Die Hand schlug mit der Kraft eines entfesselten Donners herab, und der kleine Vampir, gefüllt bis zum Rand mit dem Blut seiner letzten Mahlzeit, verschwand in einer wolkenähnlichen Wolke aus Rot.

Ironischerweise hinterließ der Mord am Vampir eine winzige, juckende Erinnerung auf der Haut seines Opfers. So bleibt uns nur die bittersüße Erkenntnis: Während der Vampir starb, bleibt der Juckreiz bestehen – als letzter Gruß von einem blutdurstigen Seelchen, das nur ein wenig mehr vom Leben wollte.

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