Nachruf auf meinen Opa - Ernst Kohler

Nachruf auf meinen Opa - Ernst Kohler

Gestern Abend um 17:15 Uhr verstarb mein Opa Ernst Kohler im stolzen Alter von 93 Jahren. Geboren wurde er am 07.03.1915 in Worms, also mitten in den Wirren des ersten Weltkrieges.

Auch den zweiten Weltkrieg musste er leider durchleben, mit dem Unterschied, dass er einer derjenigen war, die ihn überlebten - und zwar unverletzt! Er kämpfte in Russland und geriet dort in Gefangenschaft. Einmal erzählte er mir, dass er bei einem Einsatz auf einen Russen traf... beide Auge in Auge, der Russe legte auf ihn an, ebenso mein Opa - aber seine Waffe hatte Ladehemmung... glücklicherweise war ein Kamerad zur Stelle und erschoss den russischen Soldaten, bevor der einen Schuss abgeben konnte - durch diese Fügung des Schicksals durfte mein Opa noch weitere 60 Jahre leben!

Nach dem Krieg wurde er von Russland nach Frankreich in ein Gefangenenlager transportiert. Während dieser Zeit war er über drei Jahre ununterbrochen weg von zu Hause, weg von seiner Heimat - er selbst bezeichnete diese Zeit als eine der schwersten seines Lebens!

Er meldete sich während seiner Kriegsgefangenschaft bei einer Truppe, die Bäume für den Wiederaufbau von zerstörten Brücken fällen sollte. Durch die schwere körperliche Tätigkeit bekamen sie wenigstens genug zu essen, was in diesen schlechten Zeiten wahrlich etwas besonderes war!

Eines Nachts entschloss er sich, mit zwei anderen Kriegsgefangenen (einem Norweger und einem Deutschen) zu flüchten.
Ihre Flucht nach Deutschland dauerte 14 Tage, in denen sie nur Nachts im Dunkeln reisen konnten. Glücklicherweise halfen ihnen diverse Einheimische und so konnten mein Opa und auch die beiden anderen wieder zurück in ihre Heimat - das zerstörte Deutschland.

Danach arbeitet mein Opa noch viele Jahre bis zu seiner Pensionierung als Polizist.

Er liebte das Reisen... unzählige Male war er auf Teneriffa, Mallorca, Spanien und Frankreich, aber auch auf Hawaii und in Kanada.

Eine meiner schönsten Erinnerungen ist die, als wir gemeinsam in Spanien Urlaub gemacht haben. Wir beide machten lange, ausgedehnte Spaziergänge durch die Wälder, warfen uns die Frisbeescheibe zu und hatten unseren Spaß. Wir brauchten gar nicht viel reden, wir verstanden uns auch so. Ich habe noch viele schöne Erinnerungen an solche Momente.

Mein Opa war das, was man einen Gentlemen der alten Schule bezeichnet - immer korrekt, hilfsbereit und ehrlich - eben das, was man heute leider immer seltener findet.

Ich habe ihm viel zu verdanken... der Verlust schmerzt sehr! Gestern ist ein Stück deutsche Geschichte von uns gegangen!

Nach 93 Jahren, 3 Monaten und 3 Tagen ist es nun vorbei - Opa Ernst... ich werde dich vermissen!

Dein Enkel Eric