Ob wir entkommen konnten, ich weiß es nicht mehr..., Teil 3

Ob wir entkommen konnten, ich weiß es nicht mehr..., Teil 3

Das Transistorradio in unserem treuen R4 behauptete grölend,
aber standhaft und fest, so ein Tag, so wunderschön wie heute,
der dürfe nie vergehen. Doch die Finsternis um Mitternacht
bewies, das war glatt gelogen. Tag war es weiß Gott nicht mehr.
Dennoch stimmten wir fröhlich ein, zumal wir gerade der
knochigen Tante Käthe auf Korsika mit knapper Not entronnen
waren. Nun tuckerte unser kleiner Franzose hoffnungsfroh auf
der einsamen Landstraße von Alfara de Carles ins nahe Tortosa.
Die müden Scheinwerfer bahnten sich mühsam ihren Weg durch
die Schwärze der Nacht, und nur die Stille rauschte bedrohlich.
Ein sanftes Flirren senkte sich vom Himmel herab, füllte immer
dichter die Dunkelheit, bis es trotz aller Windstille zu einem
heftigen Orkan anschwoll. Da war er wieder, der schwarze Abt,
unser garstiger Freund. Von seinem fliegenden Teppich sah er
höhnisch auf uns herab, blutrotes Wasser tropfte aus seinen
Mundwinkeln und brannte tiefe Löcher in den Lack unseres
geliebten Gefährts. Und grinsend streckte er uns seinen fleischlosen
Mittelfinger entgegen. Doch das Glück war uns so hold wie einst
die Heidi dem Geißen-Peter. Rechtzeitig und noch unbehelligt
erreichten wir die Plaza des himmlischen Friedens in Tortosas
Zentrum, wo gerade 72 Jungfrauen ihrer natürlichen Bestimmung
nachgingen. Mit wachsendem Eifer kappten sie die stolzen
Krawatten der flanellierten grauen Herren, die zufällig gerade
des Wegs kamen. Und der schwarze Abt geriet sich selbst
außer Kontrolle. So rollig war er noch nie, und sabbernd
richtete er ein Stoßgebet an seinen Chef. Führe mich nicht
in Versuchung, jammerte er gottergeben, aber zu spät. Ebenso
neugierig wie vorsichtig lüpfte er seine Kutte, sah an sich herab,
und umgehend war ihm klar, es war Frühling. Und klar war auch,
die 72 Jungfrauen, er mußte sie haben. Die nahmen willenlos und
stolz sein Angebot an. Gemeinsam trugen sie ihn aus der Stadt,
wohin auch immer. Und direkt an unserem treuen R4 vorbei.
Noch einmal waren wir gerettet. Danke, Ihr Jungfrauen!