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Robert Bauer


Premium (World), Bad Homburg (davor 45 Jahre Stuttgart)

SCHACHMATT

SCHACHMATT

Das Spiel ist uralt und fasziniert die Menschen bis heute. Großmeister treten hin und wieder gegen die Maschine an, wo ihnen meistens die Grenzen aufgezeigt werden. Denn gegen die gewaltige Rechenpower unserer heutigen Prozessoren in Verbindung mit einer Bibliothek, in der alle raffinierten Züge der letzten 100 Jahre abrufbar gespeichert sind, kann der Mensch kaum gewinnen. Solche Wettbewerbe machen daher wenig Sinn.

Schach wird – im übertragenen Sinne - auch im ganz normalen Leben gespielt, mehr oder weniger erfolgreich. Wir nennen dies LEBENSPLANUNG. Das Ziel heißt „Ankommen“ – dort wo der Mensch am Ende seines Weges und in der Rückschau gerne zu der Erkenntnis gelangen möchte: Es hat mich viel Kraft gekostet und oft habe ich auch die falsche Richtung eingeschlagen; aber letztlich habe ich immer einen Aus-Weg gefunden. Innere Zufriedenheit kehrt schließlich nur dann ein, wenn die grundlegenden Lebensentscheidungen einigermaßen richtig getroffen wurden und unsere Ansprüche an ein angemessenes Leben halbwegs befriedigt sind.

Doch wer kann das von sich behaupten? Geht es nicht vielen von uns so wie manchmal beim Schach, wenn einem außer Springerzügen und Rochaden nichts mehr in den Sinn kommt, was wirklich weiterhilft? Schach wird zudem auf Zeit gespielt. Wer sie einfach nur verstreichen lässt und von seinem Zugrecht keinen Gebrauch macht, hat die Partie auch schnell verloren. Denn alles im Leben hat seine Zeit. Aussitzen ist das scheinbare Allheilmittel der Politiker.

Schach wird nach relativ einfachen Regeln gespielt. Die eigentliche Spielkunst besteht darin, Strategien zu entwickeln und Zug für Zug umzusetzen, um die eigene Position zu verbessern. Eine wahrhaft intellektuelle Herausforderung, aber keine reine Hexerei. Man kann es lernen wie so vieles im Leben. Im übertragenen Sinne müssen wir hier den Hebel ansetzen. Es gilt, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere den Zugang zu unseren Bildungssystemen so zu gestalten, dass jeder zumindest eine Chance hat, seine Lebensplanung zu verwirklichen. Ein Gebot der Fairness und kein Almosen, um das wir gerade in diesen Tagen häufig angebettelt werden: „Haben Sie ein wenig Kleingeld übrig?“ Ja, echte Perspektiven tun sich nur dann auf, wenn im Spiel des Lebens nicht schon nach wenigen Zügen SCHACHMATT droht. Wir sollten daher diese Erkenntnis beherzigen und endlich aufhören, ständig am Regelwerk zu nörgeln. Denn das Leben hat seine eigenen Gesetze. Das war schon immer so und wird auch so bleiben.

Für die anstehenden Feiertage wünsche ich Euch eine harmonische Zeit im Kreise der Familie. Und für das neue Jahr 2010 viel Gesundheit sowie ein kleines bisschen von dieser Kunst, zur rechten Zeit am rechten Ort die richtigen Züge zu machen.

ROBERT BAUER

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