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Klaus Tesching


Premium (World), hinter den sieben Bergen

Schwarzmaler


Es war einmal ein Mann namens Olaf, der in einer kleinen, trostlosen Stadt lebte. Olaf war ein Schwarzmaler – im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Kunst bestand ausschließlich aus schwarzen Leinwänden, die er mit schwarzer Farbe in verschiedenen Nuancen bemalte. Seine Nachbarn nannten ihn den "schwarzen Typ" und tuschelten hinter vorgehaltener Hand, dass Olaf wohl nie einen farbigen Tag in seinem Leben gesehen hatte.

Olaf war nicht nur ein Meister der schwarzen Kunst, sondern auch des schwarzen Humors. Seine Witze waren so düster, dass sie sogar einem Friedhof das Gruseln lehren konnten. Bei jeder Gelegenheit brachte er die Leute zum Lachen – oder zum Weinen, je nachdem, wie man es sah. Doch eins war sicher: Olaf hatte ein Talent dafür, das Leben aus der düstersten Perspektive zu betrachten.

An einem besonders grauen Tag saß Olaf in seinem Studio und betrachtete seine neueste Kreation – eine Leinwand, so schwarz, dass sie fast das Licht zu verschlucken schien. Er nannte es "Ultraschwarz". Olaf lächelte zufrieden und dachte bei sich: "Das ist meine düsterste Arbeit bisher. Die Leute werden begeistert sein – oder auch nicht. Aber wer versteht schon wahre Kunst?"

Neben seiner Liebe zur Malerei und zu schwarzem Humor war Olaf auch ein leidenschaftlicher Pessimist. Er sah die Zukunft so schwarz wie seine Leinwände und teilte seine düsteren Prophezeiungen gerne mit jedem, der bereit war zuzuhören. "Die Welt geht den Bach runter," pflegte er zu sagen. "Schwarzsehen ist das einzig Wahre."

Olaf war so gut im Schwarzsehen, dass er sich selbst zum Schwarzgürtel im Schwarzsehen ernannt hatte. Dieser imaginäre schwarze Gürtel war eine Auszeichnung, die er sich stolz selbst verlieh. Er war überzeugt, dass niemand besser darin war, das Schlimmste zu erwarten, als er.

Eines Tages, als Olaf in seinem Studio arbeitete, klopfte es an der Tür. Es war sein alter Freund Peter, der früher ein bekannter Farbfernsehmechaniker war, bevor das Fernsehen bunt wurde und er arbeitslos. "Olaf, ich hab dir was mitgebracht," sagte Peter und holte einen alten Schwarzweiß-Fernseher hervor. "Ich dachte, das passt zu deinem Stil."

Olaf betrachtete den Fernseher skeptisch. "Ein Relikt aus besseren Zeiten," sagte er mit einem Hauch von Nostalgie. Er stellte das Gerät auf einen Tisch und schaltete es ein. Die flimmernden Schwarzweiß-Bilder erinnerten ihn an seine Kindheit – eine Zeit, die ebenfalls nicht gerade farbenfroh war.

Peter setzte sich zu ihm und sie sahen sich eine alte Komödie an, deren Humor so platt war, dass er schon wieder genial war. Olaf konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. "Weißt du, Peter, manchmal denke ich, dass wir die Welt einfach nur schwarzweiß sehen sollten. Dann würden wir vielleicht weniger enttäuscht sein."

Peter nickte und grinste. "Vielleicht hast du recht, Olaf. Aber ich glaube, das Leben wäre ohne ein bisschen Farbe doch ziemlich langweilig."

Olaf lachte düster. "Möglich. Aber solange ich meine schwarze Farbe und meinen schwarzen Gürtel im Schwarzsehen habe, werde ich schon nicht untergehen."

Und so saßen die beiden Freunde da, den alten Schwarzweiß-Fernseher betrachtend, während draußen der Regen fiel und die Welt ein wenig weniger farbenfroh erschien. Für Olaf war das perfekt – schließlich konnte er sich keine bessere Leinwand vorstellen als eine Welt in Schwarzweiß.

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