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Franz Svoboda


Premium (Complete), Wien

Seifensiederhaus

In einem der ältesten Häuser der Leopoldstadt, dem malerischen „Seifensiederhaus“ befindet sich die umfangreiche Sammlung des Wiener Kriminalmuseum.

Das Seifensiederhaus befindet sich in 1020 Wien, Große Sperlgasse 24. Erbaut 1685 (bezeichnet am Keilstein des Portals) an jener Stelle, an der sich im Ghetto das Judengemeindehaus befunden hatte; es erhielt seinen Namen, als es 1794 der Seifensieder Adam Wolfinger erwarb (der es 1796 adaptieren ließ). Im ersten Stock gibt es eine barocke Stuckdecke. Auch der malerische Pawlatschenhof ein architektonisches Juwel aus dem 17. Jahrhundert - lässt den Gang durch die andere Geschichte Wiens abschließen.

Das Haus Nr. 24 ist schönbrunnergelb gestrichen, hat grüne Fensterläden und schmiedeeiserne Laternen über dem Sandsteinbogen des Eingangstores. Als eines der ältesten Häuser der Leopoldstadt ist es mit seinen zwei Stockwerken und den Dachgauben zugleich auch das niedrigste.

"Also, die Große Sperlgasse, wo das Haus liegt, hat ursprünglich mitten im jüdischen Getto gelegen - des zweiten Gettos in Wien, das erste wurde ja mit einem furchtbaren Massaker aufgelöst. Und diese Hauptgasse war also die wichtigste Straße im selbst verwalteten Getto, damals im 17. Jahrhundert, das war eine absolute Nobelgegend. Hier hat auch der Kantor seinen Sitz gehabt, an dieser Stelle, er konnte durchgehen in die alte Synagoge. Es war eine sehr interessante Gegend. 1670 ist das Getto wiederum aufgelöst worden. Auslösend war, neben anderem, ein Kriminalfall", er lacht, "und heute ist das Kriminalmuseum hier … es ist nämlich 1665 die zerstückelte Leiche eines jungen Mädchens in unmittelbarer Nähe dieses Hauses gefunden worden, und man hat zuerst versucht herauszufinden, wer ist die Unbekannte, um dann leichter den Täter zu finden - so wie heute auch. Denn bevor man nicht weiß, wer das Opfer ist, findet man auch kaum den Täter. Aber diese Sache konnte nicht geklärt werden, und dann ist das Gerücht gestreut worden, es handle sich um einen so genannten Ritualmord.

"Der Kaiser Leopold hat also angeordnet, das Getto aufzulösen. Aber nicht mehr so wie 200 Jahre zuvor, diesmal wurden die Juden nur zur Auswanderung bewegt. Und sie sind also, teils zu Fuß, teils mit Donauschiffen, nach Ungarn gebracht worden. Und das Vermögen wurde also einverleibt dem Staate, und das prosperierende Viertel wurde mit Handwerkern besiedelt und bekam den Namen Leopoldstadt. Und das alte jüdische Gemeindehaus, also unser Haus, in dem heute das Kriminalmuseum drin ist, das wurde zuerst mal eine Ölerei, dann eine Seifensiederei - den Namen hat es bis heute, immer noch wird es das ,Seifensiederhaus' genannt - dann kam eine Tischlerei im 18. Jahrhundert, und im frühen 19. Jahrhundert ist dann, wie aus einer Operette entstiegen, ein Fleischhauer namens Tschippan aus Ungarn gekommen und hat also hier das alles erworben. Der wollte das Haus so haben, wie es ist, weil er hat den Hof gebraucht und den tiefen Keller."

"Dieser Fleischhauer hat also die Rinderherden nach Wien getrieben - Direktimporte - hierher, in dieses Haus. Die wurden unten im Hof geschlachtet … ja, also unvorstellbar! Bis 1910 ist es immer wieder vorgekommen, dass irgendwelche Ochsen entwichen sind, durch die Straßen galoppiert sind … erst mit der Gründung des großen Zentralschlachthofs St. Marx - womit ja die Einzelschlachtung verboten wurde - war das dann vorbei, aber bis dahin …

Der Fleischhauer hat hier auch sein Geschäftslokal gehabt und seine Wohnung. Und eben den sehr tiefen Gewölbekeller, der mit Eis gefüllt war, mit riesigen, im Winter aus der Donau gesägten Eisblöcken, mit denen man also den ganzen Sommer lang so manche Waren kühlen konnte. Die Keller existieren noch und sind heute Teil des Museums. Die Fleischhauerei Tschippan war eine bodenständige Einrichtung, die eigentlich bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts geblieben ist, ja und dann ist diese Familie ausgestorben. Das Haus fing an zu verfallen, beim Dach hat's reingeregnet, die Terrasse ist eingestürzt, und in dieser Situation hat es dann ein Altwarenhändler gekauft und wollte den rückwärtigen Teil überhaupt abreißen. Meine Frau hat das Haus 1988 gekauft, wir hatten unglaublich viel Schutt und Müll zu beseitigen, es hat nicht nur überall hereingeregnet, es gab auch keine geordnete Stromversorgung, nichts. 1991 war es aber dann doch fertig, und es konnte auch das Kriminalmuseum eröffnet werden, was sehr erfreulich war, denn wir mussten ja in Scharnstein aufgrund der niedrigen Temperaturen das Museum im Winter geschlossen halten. In Wien haben wir mit dem Heizen kein Problem, wir halten das ganze Jahr lang offen. Ja, das ist also ein Haus mit Geschichte, ein Gettohaus, das übrig geblieben ist. Alle anderen Häuser sind im 19. Jahrhundert ausgebaut worden, sind Zinskasernen geworden. Und nun sind wir das offizielle Polizeimuseum Wien, aber privatwirtschaftlich geführt. Gestaltet und organisiert wurde das alles in enger Zusammenarbeit mit der Wiener Polizei. Aus den Beständen haben wir ein komplett neues Museum geschaffen, das war ja ein polizeiliches Novum, denn zum ersten Mal wurde das alles ohne jede Einschränkung jedermann zugänglich gemacht. Wir haben auch sehr engen Kontakt zu Deutschland", er zeigt auf seine Krawatte. Erst jetzt sehe ich, dass sie das Emblem des hässlichen Bundesadlers trägt und die Aufschrift "Bundeskriminalamt".

Österreichisches Kriminalmuseum vereinigt mit dem O.Ö. Gendarmeriemuseum in Schloß Scharnstein.

http://www.kriminalmuseum.at

Die dunkle Geschichte Wiens
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Franz Svoboda

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