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Stätte des Todes...

Stätte des Todes...

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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

Stätte des Todes...

... das Krematorium I im Stammlager Auschwitz...

Als uns die SS-Posten etwa hundert Meter weit geführt hatten, tauchte vor uns ein eigenartiges Gebäude mit einem flachen Dach auch. Dahinter ragte ein runder Schornstein aus roten Ziegeln in den Himmel. Zu diesem Gebäude führten uns die Posten durch ein hölzernes Tor. Wir befanden uns jetzt in einem Hof, der durch eine Mauer von der Außenwelt getrennt war. Rechts von uns lag das Gebäude, in dessen Mitte sich ein Eingang befand. Über der Tür hing eine eiserne, kunstgeschmiedete Laterne. Unter ihr stand ein noch junger, stattlicher, rotblonder SS-Mann mit den Rangabzeichen eines Unerscharführers. Später erfuhr ich, daß er Stark hieß. Drohend hielt er einen Ochsenziemer in der Hand. Mit den Worten: "Herein, ihr Schweinehunde!" empfing er uns und jagte uns mit Schlägen durch die Tür in einen Gang. Wir waren ganz verdutzt und wußten nicht, durch welche der hellblau gestrichenen Türen wir gehen sollten. "Geradeaus, ihr Drecksäcke!" schrie Stark und machte eine Tür auf. Wir kamen in eine Raum, in dem uns ein feuchter Geruch und stickiger, beißender Rauch entgegenschlug. Undeutlich konnte man die Umrisse mächtiger Öfen erkennen. Wir befanden uns im Verbrennungsraum des Auschwitzer Krematoriums. Ein paar Häftlinge liefen herum, den sechszackigen Judenstern auf ihren Monturen. Als der Schein der lodernden Flammen den Rauch und Qualm durchbrach, sah ich in dem aus roten Ziegelsteinen gemauerten Quader zwei große Öffnungen. Es waren gußeiserne Verbrennungsöfen, zu denen Häftlinge auf einer Lore Leichen hinschoben. Stark riß jetzt eine weitere Tür vor uns auf, schlug auf Maurice und auf mich ein und trieb uns in einen größeren Raum neben der Verbrennungsanlage. Vor uns lagen zwischen Koffern und Rucksäcken Haufen aufeinander- und durcheinanderliegender toter Männer und Frauen. Ich war starr vor Entsetzen. Ich wußte ja nicht, wo ich mich befand und was hier vor sich ging. Ein heftiger Schlag, begleitet von Starks Gebrüll: "Los, los! Leichen ausziehen!" veranlaßte mich das zu tun, was auch ein paar andere Häftlinge taten, die ich erst jetzt bemerkte. Vor mir lag die Leiche einer Frau. Zuerst zog ich ihre Schuhe aus. Meine Hände zitterten dabei, und ich bebte am ganzen Körper, als ich begann, ihr die Strümpfe auszuziehen. Zum ersten mal in meinem Leben kam ich mit einer Leiche in Berührung. Sie war noch nicht richtig erkaltet. Als ich den Strumpf vom Bein herunterzog, riß er ein wenig ein. Stark, der es bemerkt hatte, schlug wieder auf mich ein und ereiferte sich: "Was ist das für eine Arbeit! Paß auf und tummel dich! Die Sachen werden noch gebraucht!" Um zu zeigen, wie es richtig gemacht wird, ging er zu einer anderen Leiche und begann, ihr die Strümpfe auszuziehen. Aber auch bei ihm ging es nicht ohne Riß ab. Die Angst vor weiteren Schlägen, der grausige Anblick der gestapelten Leichen, der beißende Rauch, das Surren der Ventilatoren und das flackern der lodernden Flammen aus dem Verbrennungsraum, dieses ganze chaotische, infernale Tohuwabohu hatte meine Orientierung und mein Denkvermögen derart gelähmt, daß ich jeden Befehl wie hypnotisiert befolgte. Erst allmählich begann ich zu begreifen, daß da Leute vor mir lagen, die man vor kurzem umgebracht haben mußte. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, wie so viele Menschen auf einmal getötet worden waren. Als Stark wiederkam, beorderte er mich und Maurice in den Verbrennungsraum. Er drückte jedem ein langes Stemmeisen und einen schweren Hammer in die Hand und befahl uns, damit die Schlacken von den Rosten der Öfen, die gerade nicht in Betrieb waren, zu entfernen. Maurice und ich hatten so etwas noch niemals getan, deshalb wußten wir nicht, was wir eigentlich machen sollten. So kam es, daß wir die Stemmeisen nicht in die Schlackenschicht auf den Rosten, sondern in den Aschenraum stießen, wo die Schamottausmauerung beschädigt wurde. Als Stark das entdeckte, jagte er uns zurück in den Leichenraum und holte Fischl, der später unser Vorarbeiter werden sollte. Dieser begann nun, die Roste zu reinigen. Maurice und ich fuhren fort, die Leichen auszuziehen. Ich sah mich jetzt vorsichtig in dem Raum um, wo die Toten lagen. Hinten entdeckte ich auf dem Betonboden kleine, grünblaue Kristalle. Sie lagen verstreut unter einer Öffnung, die durch die Decke gebrochen war. Dort war auch ein großer Ventilator angebracht, dessen Propeller sich surrend drehte. Es fiel mir auf, daß sich an der Stelle, wo die Kristalle lagen, keine Leichen befanden, während sie weiter entfernt, vor allem in der Nähe der Tür, haufenweise herumlagen...
(Quelle: Sonderbehandlung von Filip Müller)



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August 1941 :
Adolf Eichmann, der das Konzentrationslager besichtigt, unterrichtet Rudolf Höss, dass die geplante Massenvernichtung nur mit Gas durchgeführt werden könne. Während Höss einige Tage später an einer Konferenz des Judenreferates in Berlin teilnimmt, vernichtet der Schutzhaftlagerführer ( SS Hauptsturmführer Karl Fritzsch ) in Eigeninitiative Russische Kriegsgefangene mit dem Gas Zyklon B.
03.09.1941 :
Die Lagerleitung beschloss den Versuch mit Zyklon B im Block 11 zu wiederholen. Dieses mal unter Aufsicht von Kommandant Rudolf Höss, etwa 600 russische Kriegsgefangene starben dabei.
19.07.1943
Stillegung
05.05.1944
Die Deutschen bemühen sich in aller Eile die Spuren ihrer Morde zu verwischen. Das alte Krematorium I (Stammlager Auschwitz) wurde zu einem Luftschutzbunker umgebaut.
(Quelle: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939-1945 von Danuta Czech)

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Stefan Schwetje


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http://www.fotocommunity.de/user_photos/1694560?sort=new&folder_id=671134

Comentarios 9

  • Karin.M 17/01/2017 15:03

    *****
    In stillem Gedenken!
    Karin
  • Brigitte Specht 16/01/2017 10:24

    ...besser kann man diese Orte des Grauens nicht in Fotos und Text zeigen, wie Du es hier immer ausführlich machst!
    Eine schöne Woche wünscht Dir Brigitte!
  • Urs V58 15/01/2017 21:35

    Das Grauen könnte nicht eindrücklicher dargestellt werden!
    Vielen Dank für die Zusatzinformationen!
    LG Urs
  • Mary.D. 15/01/2017 18:02

    ...immer wieder erschreckend,zu was Menschen fähig sind.
    Dein Foto vermittelt dieses Grauen sehr gut!
    LG Mary
  • Sichtweite 15/01/2017 15:44

    Mir fehlen die Worte über so viel Erbarmungslosigkeit, deine Aufnahme läßt mir kalte Schauer über den Rücken laufen.
    LG
    Jochen
  • Joachim Irelandeddie 15/01/2017 12:36

    Man kann es nicht verstehen und nachvollziehen wie grausam die Menschen damals waren.
    Für deine Aufnahme hast du eine sehr gute tiefe Perspektive gewählt und die richtige Bearbeitung angewendet

    lg eddie
  • Nebelhexe 15/01/2017 12:09

    Das kann man sich alles nicht vorstellen, aber es ist leider für andere schreckliche Realität gewesen.
    LG
  • Günter de Graph 15/01/2017 12:08

    Dein Bild erschließt sich erst durch deine Beschreibung und erinnert so
    an diese furchtbarsten Grausamkeiten.

    Dir noch einen schönen Sonntag und liebe Grüße
    von Günter

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Carpeta Auschwitz-Birkenau
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