Unglück 1. Dezember (2 von 3)
Innenminister Hermann ist nach dem Unglück am 1. Dezember nachmittags vor Ort und informiert sich
110 Kilogramm TNT explodieren am 1. Dezember 2021 mitten in München - Bahnverkehr lahmgelegt
Auf der Baustelle für die zweite S-Bahn-Stammstrecke detoniert an der Donnersbergerbrücke eine Weltkriegsbombe. Vier Menschen werden verletzt. Bayerns Innenminister Herrmann stellt noch am Ort des Geschehens kritische Fragen.
Der Knall war weithin zu hören und ließ viele Fenster wackeln. Am Mittwochmittag ist bei Tunnelarbeiten auf einer Baustelle der Deutschen Bahn für die zweite S-Bahn-Stammstrecke nahe der Donnersbergerbrücke in München eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg explodiert.
Ausgelöst wurde die Detonation nach Angaben der Feuerwehr und der Polizei in einer Tiefe von zwei bis drei Metern bei Bagger- beziehungsweise Bohrarbeiten zwischen der Brücke und der Richelstraße. Dabei seien vier Menschen verletzt worden; einer von ihnen, ein Bauarbeiter, erlitt nach Einschätzung der Feuerwehr schwerste Verletzungen. Zwei weitere, ein Bauarbeiter und ein Sicherheitsmitarbeiter, seien leicht verletzt worden, ebenso der Baggerführer, der in seinem Fahrzeug einigermaßen geschützt gewesen sei, sagte ein Polizeisprecher. Im Inneren der amerikanischen Bombe seien 110 Kilogramm TNT-Sprengstoff gewesen. Durch die Druckwelle wurden erhebliche Mengen Schutt herumgeschleudert, ein Bagger umgeworfen und mehrere Pkws beschädigt.
Der gesamte Bahnverkehr um den Münchner Hauptbahnhof wurde mehrere Stunden lang eingestellt. Das betraf sowohl Fern- und Nahverkehr als auch die S-Bahn-Stammstrecke, die zwischen Laim und Rosenheimer Platz gesperrt wurde. Vier Ferngleise waren am Nachmittag wieder freigegeben, der Verkehr auf der Stammstrecke noch nicht.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) war am Mittag am Unglücksort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Warum die Bombe nicht vorab entdeckt wurde, ist noch unklar. Normalerweise werde bei Bauarbeiten in der Münchner Innenstadt immer genau sondiert, wo Blindgänger liegen könnten.
Herrmann zeigte sich erleichtert, dass es sich nicht um einen Bombenanschlag handelte. Die Detonation auf der Baustelle sei "schlimm genug", und er wünsche alle Verletzten rasche Genesung. Er forderte rasche Aufklärung: "Es muss jetzt ermittelt werden: Warum hat man diese Bombe vorher nicht erkannt?" Ermittler und Experten begannen am Mittwoch zu überprüfen, ob eine Pflichtverletzung vorliege.
Die Fachleute sondierten am Mittwoch ebenso, ob sich noch weitere Blindgänger im Nahbereich der Explosionsstelle befinden könnten. Auch mussten Gleisanlagen auf eventuelle Schäden überprüft werden.
Funde von Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg sind in München keine Seltenheit. Erst am 11. Oktober war eine Bombe an der Anzinger Straße gefunden worden; zu ihrer Entschärfung wurde die Gegend weiträumig evakuiert. Auch im Stadtteil Freimann nahe dem Euro-Industriepark war unlängst eine Bombe erfolgreich entschärft worden.
Doch es gibt auch schlimme Erinnerungen: Am Abend des 28. August 2012 wurde, weil der Abtransport zu riskant gewesen wäre, eine 250-Kilogramm-Bombe gesprengt, die bei Bauarbeiten an der Feilitzschstraße in Schwabing gefunden worden war. Die Aktion missglückte. Die Explosion riss einen großen Krater, brennendes Stroh flog durch die Gegend, nahegelegene Läden wurden zerstört.
Über die Detonation am Mittwoch berichtete ein Augenzeuge: "Es hat einen riesigen Knall gegeben und alles hat komplett gewackelt wie bei einem kleinen Erdbeben." Anschließend sei eine Rauchsäule aufgestiegen. Am Arnulfbogen versammelten sich Passanten - kreidebleich und erschrocken. Helikopter kreisten über der Donnersbergerbrücke. Zunächst vermuteten Einsatzkräfte eine Verpuffung. Doch dann erhärtete sich der Verdacht, dass eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg detoniert sein könnte.
(Text-Copyright: Süddeutsche Zeitung / Mittwoch, 1. Dezember 2021 / Stand 18:15 Uhr)
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