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Wenn „Kyrill“ und „Ludmilla“ aufeinander treffen

Wenn „Kyrill“ und „Ludmilla“ aufeinander treffen

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Thom@s Jüngling


Free Account, Quedlinburg

Wenn „Kyrill“ und „Ludmilla“ aufeinander treffen

Am 20.01.2007 – kurz nach Orkan „Kyrill“ – drehen sich die Räder rund um Doberlug-Kirchhain wieder. Nach den stressigen Sturmnächten, mit über drei Stunden Stromausfall und klappernden Dachziegeln, suchte ich die Stille des Bahndammes, wo ich im eisigen Wind etwa zwei Stunden ausharrte, um eventuell auf interessante Motive zu stoßen. Der Standpunkt ist nicht unbedingt angenehm und könnte zu bösen Missverständnissen zwischen Fotograf und Lokführer führen. Der Bahndamm ist dort einige Meter hoch, man sitzt direkt auf Höhe der Oberleitungsmasten neben den Gleisen – der Wind weht einem dort oben in jede Ritze in der Kleidung. Die größere Gefahr besteht allerdings darin, dass Triebfahrzeugführer mit einem Suizidversuch rechnen und wenige Minuten später einige grüne Männer mit schwarzem Adler am Oberarm neben einem stehen. Diese Sorge verstärkte ein Lokführer, der panisch aufsprang, als er mich sah. Ich werde wohl diesen Standpunkt nicht mehr allzu oft aussuchen, der Stressfaktor ist für beide Seiten zu hoch.

Wie auch immer. Ich saß dort direkt an den Einfahrsignalen zum Bahnhof Doberlug-Kirchhain, als nach etwa einer dreiviertel Stunde die „Ludmilla“ 232 011-7 als erster Zug an diesem Tage, aus Richtung Elsterwerda kommend, die steile Rampe empor kroch. Das tiefe Wummern des Diesels war weithin zu hören, es schien der Lok alles abzuverlangen, die vierachsigen Kalkkübelwagen (oder lieg’ ich da falsch?) den Berg hinauf zu schleppen.

Diesmal befand sich in meinen Händen die Praktica L2 meines Onkels, zusammen mit einem Teleobjektiv mit 135 mm Brennweite und einem Film mit Lichtempfindlichkeit ISO 400. Das Gegenlicht an dieser Stelle machte es mir schwer, mit dem Belichtungsmesser einen exakten Wert zu ermitteln. Das Papierbild wirkte tatsächlich etwas dunkel, aber auf der Foto-CD einer bekannten Drogeriekette mit blauem Dekor werden die Bilder gleich einer automatischen Korrektur unterzogen. Im Normalfall versaut mir eben diese sämtliche Bilder – hier rettete sie mir die Lokfront. Nachteil: Die Oberleitung säuft ab. Ich habe dann selbst noch Kontrast und Helligkeit ein wenig erhöht, sowie einen Scharfzeichner eingesetzt.

Mein Gott, welch ein Aufsatz für solch ein unspektakuläres Bild...bin ich normal?!

Wenn der Bahn die Farbe ausgeht...
Wenn der Bahn die Farbe ausgeht...
Thom@s Jüngling
Ludmilla
Ludmilla
Thom@s Jüngling
Ein blaues Gewand
Ein blaues Gewand
Thom@s Jüngling

Comentarios 9

  • Thom@s Jüngling 12/08/2007 11:27

    Danke Christian! Na ja, seit dem Tag, an dem der Lokführer so panisch aufsprang, habe auch ich immer die Warnweste dabei.
    Am besten war immer noch der Sound einer der in Eisenhüttenstadt beheimateten Ludmillas, es war eine der sechs 4000-PS-Maschinen. Leider erlitt sie vor einer Weile einen Motorenschaden und blubbert seit dem auch nur noch mit 3000 Pferden vor sich hin...das Klappern der Schranktüren im Haus meines Vaters, direkt am Bahndamm in Eisenhüttenstadt, ist seit dem deutlich schwächer, auch der tiefe Bass fehlt :-(
  • Christian Kruse 11/08/2007 22:54

    Das Bild kannte ich schon aber das ich damals dazu nichts geschrieben habe, ich muss wohl abgelenkt gewesen sein.
    Ja dieses geile Wummern das über weite Flächen zu hören ist, ist beeindruckend. Gerade wenn einem Kalt ist, so wird einem doch vor Freude schnell wieder warm weil der Adrenalinspiegel steigt.
    So weit von unten wirkt sie richtig imposant.

    Ich gehe nie ohne Warnweste, und mit Weste wirst du sogar oft freundlich gegrüßt.

    LG chris
  • Andreas Berdan 23/02/2007 23:06

    @Thom@s Jüngling:
    Kann Dich beruhigen, wir sehen das so!

    LG, Andreas
  • Thom@s Jüngling 23/02/2007 21:12

    Vielen Dank an euch alle!

    Die Idee mit der Warnweste hatte ich auch schon, es wird wohl auch das Beste sein, in Zukunft von ihr Gebrauch zu machen. Ist ja auch irgendwie logisch - wer sich umbringen will, der wird wohl kaum davor warnen, dass er sich im Gleis befindet. Hoffentlich sehen das die Lokführer auch so...
  • Andreas Berdan 23/02/2007 16:41

    Stimme Thomas zu!

    Ziehe einfach eine handelsübliche warnbluse an, Problem erledigt!
    Ich habe schon einige Selbstmörder gesehen, eine Warnbluse hatte noch keiner an!

    LG, Andreas
  • Thomas Reitzel 20/02/2007 22:48

    Klar bist Du normal!
    Jeder, der sich schon mal am Bahndamm zum Fotografieren aufgehalten hat, kennt diese Situation. Du kannst sie höchstens entschärfen, indem Du eine Warnweste anziehst oder auffällige Kleidung.

    Das Problem mit den Labors kennen wir bestimmt auch alle noch. Da hilft nur noch Photoshop & Co!
    LG Tom
  • BRIEM-PHOTOGRAPHY 20/02/2007 22:39

    absolut klasse
    LG Frank
  • Katharina la Fleur 20/02/2007 22:20

    ..man könnte meinen, der zug bewegt sich gar nicht!
    Ist dir sehr gut gelungen, wie immer!

    LG
    Katharina
    :o)
  • Thomas Ködderitzsch 20/02/2007 20:41

    ist doch recht gut geworden und der text, klasse!!

    vg thomas