Wilde Nandus im Norden Deutschlands – wie lange noch? (02)
Seit vielen Jahren besuche, beobachte und fotografiere ich die wild lebenden Nandus in Nordwestmecklenburg, dicht an der Grenze zu Schleswig Holstein. Im letzten Abendlicht sind sie besonders schön – aber wie lange noch?
Nun sollen in Schleswig Holstein in Abstimmung mit dem Bundesamt für Naturschutz und dem Land Mecklenburg-Vorpommern trotz bestehendem Artenschutzabkommen zehn Tiere geschossen werden dürfen. Begründung: Man will feststellen, was die Tiere fressen. Und dies, obwohl die Nandus seit langer Zeit mit Behördenauftrag aus Mecklenburg-Vorpommern von einem Fachmann beobachtet werden ....
Nandus fressen Raps, unbestritten. Die Behauptung, dass dabei ein Schaden von 30.000 Euro für einen Landwirt entstanden sein soll, erscheint absurd. Nach meinen Beobachtungen und denen von anderen zupfen Nandus hier und da ein Blatt und ziehen sodann auf den riesigen Ackerflächen weiter. Natürlich kommt im Bauch der schweren Tiere einiges zusammen – der Raps wächst jedoch nach und ist nicht die einzige Nahrungsquelle. Auf weitere Erläuterungen/Beweise zur These des Abfressens ganzer Vegetationsbestände in Mooren bin ich gespannt – ich jedenfalls habe Nandus bisher als ausgesprochene Liebhaber trockener und Vermeider nasser Untergründe erlebt.
Ebenfalls bedenklich ist die kursierende Behauptung, Nandus hätten Kraniche bei der Jungenaufzucht gestört. Häufig schon habe ich Nandus und Kraniche auf dem gleichen Acker beobachtet: man ignoriert sich und bevorzugt im Übrigen unterschiedliche, spezielle Örtlichkeiten zur Brut und Jungenaufzucht. Und selbst wenn es mal zu einer unfreundlichen Begegnung gekommen sein sollte: In anderen Gebieten beklagen Landwirte die Zunahme von Kranichen sowie ein vermehrtes Verweilen im Winter in dessen Folge die Vögel des Glücks ihnen die Erträge wegfressen – offensichtlich dreht man Sachverhalte, wie es gerade passt. Wer Kraniche wirklich schützen will, hätte zunächst ein ergiebiges Betätigungsfeld im Aufklärungs-, Hundehalter- und Spaziergängerbereich. Ehe man die Nandus verdächtigt, besonders geschützte Arten zu verdrängen, sollte man erst einmal die Auswirkungen menschlicher Flächenbeanspruchungen sehr genau unter die Lupe nehmen.
Nicht zu vergessen werden solle auch die Tatsache, dass den letzten beiden harten Wintern mit teils meterhohen Schneeverwehungen fast alle Jungvögel des jeweiligen Jahrgangs zum Opfer gefallen sind. Ein Prozess der wieder einmal zeigt, dass die Natur vieles „wie von selbst“ regeln kann und zumindest derzeit weiterer menschlicher Eingriff entbehrlich ist.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/203871.aus-der-pampa-auf-rapsfelder.html
http://www.jaegermagazin.de/aktuelles/detail.php?objectID=4555&class=62
Nordwestmecklenburg, 30.03.11
Nikon D300, Nikkor AF S 4/500 VR, 1.4er Konverter.
JoPucki 20/09/2012 12:07
Ich kann Dir da nur Recht geben. Wild lebendenTieren wird der Lebensraum immer weiter einge-
engt. Und wenn es dann zu Konflikten oder angeb-
lichen Konflikten kommt mit Landwirten, Fisch-
züchtern und was weiß ich noch alles für Egoisten,
wird gelogen, verbogen was das Zeug hält. Und da
kann man sich den Mund fusselig reden und die
tatsächlichen Sachverhalte auf den Tisch legen, es
ändert nichts. Die Herrschaften sitzen am längeren
Hebel und sch... auf alles, was ihnen nicht in den
Kram passt. Und von diesen Amtsheinis in den
Ämtern für Naturschutz kann man wohl traurigerwei-
se auch nichts anderes erwarten. Zehn Tiere schie-
ßen, um festzustellen was sie fressen? Das erinnert
mich an die Begründung der Japaner und Norweger
für das abschlachten der Wale. Da geht es zwar nicht
darum, was die Wale im Magen haben, aber das Prin-
zip der Abgebrühtheit ist das Gleiche. Da kann man
nur die kalte Wut kriegen. Und, wie Du schreibst, die
Natur regelt nicht nur vieles, sondern alles von selbst.
Wenn man sie denn lassen würde. Wo der Mensch
seine Nase reinsteckt, kommt sowieso überwiegend
nur Mist bei raus. Den Beweis dafür kann man an
allen Ecken und Enden sehen.
Deine Aufnahme ist jedenfalls Spitzenklasse. Aber
das braucht man bei Deinen Fotos eigentlich ja gar
nicht mehr zu betonen.
Gruß Joachim.
Sabine Streckies 01 04/11/2011 9:32
Hallo Robert,vielen Dank für Deinen sachlichen Beitrag.
Natürlich muß am "Verstehen" gearbeitet werden - ich bin gerade dabei. Das Problem dabei ist nur, daß man nicht sicher sein kann, ein Verstehen zu erreichen, sondern im Gegenteil gewiss sein muß, daß die meisten Menschen völlig andere Interessen haben, als die Natur, deren Bestandteil sie sind. Dies ist aktuell unverrüttelbar so und wird in absehbarer Zeit bestimmt nicht besser werden. Drum bleiben als erste und vielleicht auch letzte Adresse die dafür zuständigen Behörden mit ihren für ihre Arbeit - im Gegensatz zu ehrenamtlichen Naturfreunden - bezahlten Mitarbeitern. Denen kann und muß jeder Naturfreund auf die Finger schauen und notfalls gegen deren Tun (oder aus der Praxis: auch deren Nichttun) aktiv werden - mit Verständniserzeugung hat das nicht viel zu tun. Es ist bemerkenswert, daß man die "Nandugefahr" im Osten (MV) nicht nur seitens der Behörden unaufgeregt und fachlich beobachtend sieht, während man im Westen (SH) gleich zum Gewehr greift.
Und zum Schluß: Sollte ein Konsens darüber entstehen, daß die Nandus als Neozoen grundsätzlich nicht zu dulden sind (und zwar nur mit dieser Begründung und nicht mit der unbewiesenen Behauptung, sie würden einheimische Arten verdrängen und Fraßschäden im fünfstelligen Bereich anrichten), so könnte man so lange die Eier aus den Nestern entfernen, bis die übersichtliche Population erlischt.
Wenn dem so ist, muß man aber auch die Konsequenz haben, den zweiten Schritt zu gehen und alle anderen Tieren, vor allem aber auch pflanzliche Neubürger zu eleminieren.
Viele Grüße nach Bad Homburg
Sabine
Robert Bauer 04/11/2011 7:03
Ein schönes Tierportrait im warmen Licht, so wie ich es gerne mag. Dazu ein spannender Text, den man so stehen lassen kann. Mit einer Ergänzung: Die Nandus gehören nicht zum einheimischen Tierkreis, sondern sind das Resultat eines "Unfalls", mit dem die Menschen offensichtlich nicht angemessen umgehen können. Jedenfalls passiert auch hier das, was immer mehr passiert mit allen Dingen in allen Lebensbereichen, die uns prima vista fremd sind, die Ausdruck dessen sind, dass die Welt nicht stillsteht, sondern sich stetig verändert, egal wo wir hinschauen. Das gilt für die natürlichen Lebensverhältnisse auf diesem Planeten genauso wie für die gesellschaftlichen Veränderungen im Rahmen der Globalisierung. All das macht die Menschen ängstlich, sodass sie schnell zu den üblichen Verhaltensweisen tendieren. Ich kann's gut nachvollziehen.Ich denke, das ist das große Manko in der heutigen Zeit: die Orientierungslosigkeit in einer Medienlandschaft, in der die Nachricht nur noch eine Ware darstellt und die Politik Schlagzeilen produziert, anstatt den Menschen zu erklären, worauf es ankommt. So gesehen gibt es gar keinen Unterschied zwischen der Finanzkrise und den Nandus, die uns irgendwann mal ausgebüchst sind und vielleicht demnächst sogar kleine Kinder auffressen, so wie bei Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Dagegen Sturm zu laufen, hilft aber auch nicht weiter. Unsere zunehmende Kommunikationsstörung ist an den Ursachen zu bekämpfen, nicht an den Symptomen. Erst das Verstehen schafft das Verständnis, nicht umgekehrt.
LGR
Werner Bartsch 02/11/2011 22:58
ein objektiv, das wunderschön zeichnet.mit bestem bokeh :-)
lg. werner
Katrin Windszus 02/11/2011 17:18
Oh Mann, da wird mir echt kotzübel, wenn ich das mal so brutal ausdrücken darf. Was der Mensch sich so alles rausnimmt. Nee... *kopfschüttel*Ich könnte da echt böse werden...
Dein Foto ist wundervoll. Ich hoffe von dir noch viel mehr solcher Fotografien bewundern zu dürfen, erst Recht in der Zukunft.
LG Katrin
Willy Brüchle 02/11/2011 16:39
Nandus gelten als fettarm - da kann man nicht mal einen Ersatz- Treibstoff draus produzieren... MfG, w.b.ALLMOTIVS 02/11/2011 16:22
Klasse Aufnahme und gute InfosL.G. Tina
Yvonne S. 02/11/2011 16:07
Wunderschön abgelichtet!Ich finde es eine Frechheit, dass diese Tiere einfach so zum Abschuss freigegeben werden!
LG YVOnne