Wohngemeinschaftserinnerungen
Frühstücksfoto von 1990 mit Pentax LX - WG Erinnerungsfrühstückchenauslage ;)
Wohngemeinschaftserinnerungen
Robert, Christina und ich: aneinander zwischen Wänden schwitzen. Geräusche aus dem Nebenzimmer. Weibliche Geräusche. Parfümgeruch durch die Raufasertapete. Leise Musik aus Roberts Zimmer. Teegeruch und einer nach Essensresten aus der Küche. Robert und Christina beim Frühstück. Morgens um sieben. Das Schlüsselloch ist mein Partner. Freundschaft gibt Vertrauen. Robert trinkt Tee. Christina raucht Mintzigaretten. Robert spricht über mich. Leise. Robert verlässt die Wohnung. Christina geht in ihr Zimmer zurück.
Sie schließt ab, überlegt kurz und schließt dann doch wieder auf. Ich könnte ja merken, dass sie abschließt. Ich gehe ins Bad. Eine Pillenschachtel klebt am Spiegel. Mit der Hand drauf geschrieben steht: Gegen Babys! Daneben ein daumengroßer Stoffteddy mit Herzchenschürze. Wasser in mein Gesicht. Erst kalt, dann doch lieber warm. Leise Musik aus Christinas Zimmer. Ich höre trotzdem ihr Stöhnen. Danach ein kurzes Schluchzen und in sich verschlucktes Weinen. Neun Uhr. Ich trinke einen Becher Kaffee. Christina im Bademantel durch den Flur. Geschminkt.
„Guten Morgen!“, sagt sie freundlich. Ich brummle. Bin müde und es ist noch so früh. Hab die halbe Nacht an ihrer Wand gelauscht.
Christina setzt sich zu mir. Die Haare offen. Jeans, helles T-Shirt, tiefroter Lippenstift.
„Hast du was?“, frage ich sie. Und dabei habe ich immer nur die Bilder von gestern im Kopf: Robert verschwindet in Christinas Zimmer. Bisher waren Robert und ich Freunde und jetzt? Ich denke immer an die Musik: „Get down on it“ von Cool and the Gang. Ihre Tür einen Spalt offen. Sie kniet vor ihm. Kurzes heftiges Ereignis. Sie läuft davon.
„Nein ich hab nichts!“, antwortet sie mir. Ich gebe ihr einen Kuss auf die Wange und sage: „Das ist gut!“ Die Haustür arbeitet. Robert ist wieder da. Robert sieht uns an. Er schweigt und verschwindet dann in seinem Zimmer.
„Arschloch!“, rufe ich hinterher. Laute Musik aus Roberts Zimmer.
„Selber Arschloch!“ keift mich Christina an und verschwindet ebenfalls. Sie schließt ab. Laute Musik auch bei ihr.
„Schade!“, denke ich.
1. Februar 2006
Comentarios
5
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sortie | de | camions 14/11/2006 9:24
das angebissene Marmeladenbrot passt wunderbar zur Geschichte... :-)Doro E. 14/11/2006 8:47
da hast du mal wieder erinnerungen geweckt ...auch an cool and the gang ..:-))Frechdax . 14/11/2006 8:13
Der Text haut mich mal wieder um, ich überlege, ob du das wirklich erlebt hast...Die WG ist viel schlimmer als bei GötzAlsmann unterdessen. Da hätte ich es nicht lang ausgehalten ;-)
Ilona Duerkop 14/11/2006 7:57
Mir hat das Foto eine andere Geschichte erzählt als die die darunter steht. Ich behalte Meine sie gefällt mir besser.Ich finde das ist es was dieses Foto tut, es erzählt jedem der Innehalten will eine Geschichte, je nach Betrachter verschieden.
Man kann in dieses Bild viel hineinsehen, es ist ein Zeitdokument.
Ich wünsche mir mehr WG Fotos - Danke für dieses.
Herzliche Grüße aus Kambodscha
Britta T 14/11/2006 7:30
!